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Evolution der Leere: Roman

Evolution der Leere: Roman

Titel: Evolution der Leere: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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lachen sehen? Kannst du?«
    Edeard verhärtete den Schild, den seine dritte Hand schuf, und sperrte das boshafte Gebrüll hinter ihm aus, während er davonschritt.
    Eigentlich hatte Edeard vorgehabt, allein weiterzureisen, aber Dinlay wollte nichts davon hören. Er ließ sich auf keine Diskussion ein, schwieg einfach, während Edeard ihn hitzig anschrie, und bewahrte sein ruhiges, starrköpfiges Selbst. Und so warf, wie sie beide schon vorher gewusst hatten, Edeard am Ende das Handtuch und befahl dem Regimentsstallmeister, zwei Pferde zu satteln. Wenig später ritten beide Seite an Seite Richtung Ashwell.
    Die Gegend selbst hatte sich nicht viel verändert, nur der Gebrauch, der einst von ihr gemacht worden war. Einen halben Tagesritt vor seinem Ziel begann Edeard die Landschaftsmerkmale wiederzuerkennen, die seine Kindheit bestimmt hatten. Umrisse am Horizont rasteten in seiner Erinnerung ein. Jetzt, nachdem die Vegetation sich gewandelt hatte, waren sie allerdings von anderen Farben bedeckt. Nutzpflanzen waren einer Flut von Wildgewächsen gewichen. Die Straße war komplett überwuchert, kaum zu erkennen, ihre nun von Unkraut bedeckte, steinerne Decke für Fernsicht aber immer noch wahrnehmbar. Die Felder um das Dorf herum, einst üppig und satt, waren schon lange wieder zu Wiesen und Büschen geworden, ihre alten Hecken aufgeschossen zu halbhohen Baumreihen. Entwässerungsgräben voller Schlamm und Blätter stauten sich manchenorts zu einem seltsam in die Länge gezogenen Pfuhl.
    Es war ein warmer Tag, kaum eine Wolke stand am strahlend azurblauen Himmel. Hoch in seinem Sattel sitzend konnte Edeard meilenweit in alle Richtungen sehen. Das hatte sich überhaupt nicht geändert. Und es löste ein eigenartiges Gefühl von Beklommenheit in ihm aus. An dem Tag nach dem Überfall war er mit dem Schutztrupp von Thorpe-by-Water von hier aufgebrochen und hatte sich nur ein einziges Mal umgedreht, hatte geschwärzte Ruinen gesehen, von denen dünner Rauch in den freien Himmel aufstieg, und selbst das Bild war verwaschen von Tränen und Leid. Es war zu schmerzvoll gewesen, um einen weiteren Blick zu wagen; gemeinsam waren er und Salrana davongeritten, hatten sich bei den Händen gehalten und tapfer nach vorne geschaut.
    Jetzt hatte die Natur vollendet, was Owain und der Gilmorn begonnen hatten. Jahre des Regens und Windes, Generationen von Insekten und beharrlichen Kriechtieren hatten den Verfall beschleunigt, der mit den Feuern seinen Anfang genommen hatte. Alle halbherzigen Versuche des Dorfrates, den Schutzwall wieder zu flicken, waren schließlich nach und nach aufgegeben worden und hatten die breite Einfriedung mit der Zeit in sich zusammensacken lassen. Die Außentore waren verschwunden, ihre verkohlten Überreste verrottet zu spärlichem Mulch, in den zählebiges Unkraut seine Wurzeln vergrub. Die klaffende Lücke entblößte den kurzen Tunnel unter der Umwallung, ein nasskalter, wenig verlockender Verbindungsgang aus tristem, von Schwamm überzogenem Stein. Über ihnen neigten sich trauernd die Wachtürme; ihre dicken Gemäuer standen noch, doch ihre Dächer aus Schiefer und Holz, unter denen über Jahrzehnte hinweg so viele Wachen Schutz vor den Unbilden des Wetters gesucht hatten, waren fort.
    Edeard saß ab und band sein ängstliches Pferd an die Eisenringe direkt außerhalb der gewölbten Einfassung der Pforte. Zumindest das robuste Metall war noch unberührt.
    »Alles klar mit dir?«, fragte Dinlay vorsichtig.
    »Ja«, versicherte ihm Edeard und ging, den Vorhang aus hängenden Kletterpflanzen beiseiteschiebend, in den tropfenden Tunnel. Sowie er das Dorf betrat, ergriffen Vögel die Flucht, stoben in großen Schwärmen kreischend davon in den Himmel. Kleines Getier huschte aufgescheucht über die unwegsamen Trümmerhaufen.
    Edeard war auf Ruinen vorbereitet, aber die Winzigkeit des Dorfs machte ihn sprachlos. Ashwell war so klein. Früher war ihm dies nie bewusst gewesen. Aber der ganze Bereich zwischen dem Felsabhang und dem Schutzwall hätte wirklich mühelos nach Myco oder Neph hineingepasst, die kleinsten Distrikte der Stadt Makkathran.
    Der grobe Grundriss des Dorfs war im Wesentlichen erhalten. Die meisten Steinwände hatten in der ein oder anderen Form überlebt, obwohl einstürzende Dächer viele von ihnen in Mitleidenschaft gezogen hatten. Die Straßen waren noch leicht auszumachen, und wo immer Schuttlawinen die Wegführung verwischten, ergänzte seine Erinnerung ihren Verlauf. Die großen

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