Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
Vom Netzwerk:
zwar den verschiedenen Bundesligamannschaften (
Variation
).
    Am Ende einer Fußballsaison bleiben die erfolgreicheren Mannschaften der Fußball-Bundesliga erhalten, während die drei Mannschaften mit den schwächsten Ergebnissen absteigen müssen, was in der Regel mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden ist. Die besten Mannschaften können zusätzlich noch am UEFA-Pokal-Wettbewerb teilnehmen oder gar in der Champions League mitspielen. In beiden Fällen dürfen sie dann mit erheblichen zusätzlichen Einnahmen rechnen.
    Die zusätzlichen Anreize für das Erreichen von Top-Positionen am Ende einer Saison, die Gefahren eines Abstiegs, das ständige Bemühen um hohe Zuschauerzahlen und Fernsehquoten und die Glücksgefühle nach den Siegen („für Ehre, Selbstbewusstsein und Geld“) sorgen nun dafür, dass sich die einzelnen Mannschaften in ihrem Status (Tabellenrang) nicht verschlechtern wollen. Mehr noch: Die meisten werden bemüht sein, sich in der nächstenSaison um einige Plätze zu verbessern, um nicht sogar den Meistertitel zu erringen.
    Im Normalfall werden die verschiedenen Mannschaften ein ähnlich starkes und damit nicht negativ mit ihrem aktuellen Tabellenplatz korrelierendes Selbsterhaltungs- beziehungsweise Reproduktionsinteresse besitzen. Das Kriterium
Reproduktionsinteresse
der Systemischen Evolutionstheorie wäre somit erfüllt.
    Dies hat unter anderem die folgenden Konsequenzen: Besonders erfolgreiche Mannschaften erzielen meist besonders hohe Einnahmen, können deshalb teurere und bessere Spieler beziehungsweise Trainer verpflichten und aufwendigere Trainingsprogramme durchführen als ihre direkten Widersacher und damit eventuell ihren Vorsprung gegenüber ihrer Konkurrenz sichern oder sogar ausbauen (Prinzip
Reproduktion
). Natürlich könnte eine andere Mannschaft mehr Glück haben und sich ein außergewöhnliches, aber bislang noch nicht entdecktes Talent sichern. Auch könnten sich einzelne neue Spieler in der Praxis als Fehleinkäufe erweisen. Eine Garantie für die Richtigkeit von Investitionsentscheidungen gibt es jedenfalls weder in der Unternehmenswelt noch im Profisport. Um entsprechende Risiken zu minimieren, werden deshalb häufig die qualifiziertesten und erfahrensten Personen mit den kritischen reproduktiven Aufgaben betraut 128 (Beck 2005: 109):
    Beckenbauer muss – sagen wir es ruhig: wie eine „Heuschrecke“ – die ganze Welt bereisen, „abgrasen“, um Bayern-München zu BayernMünchen zu machen 129 .
    Alle drei Prinzipien der Systemischen Evolutionstheorie –
Variation
,
Reproduktionsinteresse
und
Reproduktion
– sind also erfüllt. Evolution ist dann unvermeidlich die Folge.
    Bei den Prinzipien Variation, Reproduktionsinteresse und Reproduktion handelt es sich um die zentralen Mechanismen, die für die Spielentwicklung im Fußball verantwortlich zeichnen. Beispielsweise hat sich das Fußballspiel im Laufe der Zeit sowohl in Bezug auf Tempo, Taktik als auch Professionalität deutlich verändert. Diese Veränderungen geschahen aber nicht absichtsvoll oder waren gar von langer Hand geplant, sondern sind Ergebnis einer fortlaufenden Optimierung auf Basis der Evolutionsprinzipien im Zusammenwirken mit gleichzeitigen Änderungen der äußeren Rahmenbedingungen. Es muss sich dabei auch nicht zwingend um „Verbesserungen“ handeln, die das Fußballspiel „schöner“ oder „attraktiver“ als noch vor 50 Jahren machen, allerdings um Optimierungen in Bezug auf die jeweils aktuellen Rahmenbedingungen inklusive der Leistungsfähigkeit der Konkurrenten.
4.25 Soziale Evolution (Sozialer Wandel)
    Soziale Systeme sind mit ihren jeweiligen Umwelten strukturell gekoppelt. Auf der einen Seite greifen sie verändernd in ihren Lebensraum ein, auf der anderen Seite streben sie danach, sich selbst und damit ihre Kompetenzen (Adaptionen) in Bezug auf ihr sich gegebenenfalls unabhängig von ihnen veränderndes Milieu zu erhalten, das heißt, sie unterliegen dem Wandel ihrer Umwelt.
    Im Abschnitt
Technische Evolution
auf Seite → konnte gezeigt werden, dass im gleichen Lebensraum (Markt) um die gleichen Ressourcen (Geld) konkurrierende und mit ähnlichen Kompetenzen (technische Produkte) ausgestattete soziale Systeme (Unternehmen) sogar so etwas Erstaunliches wie die technische Evolution als Folge ihrer eigenen Evolution hervorbringen können.
    Im Rahmen der Globalisierung kommt es nun zu einer verstärkten Standortkonkurrenz unter Territorialstaaten, und dabei ganz besonders um die

Weitere Kostenlose Bücher