Evolution, Zivilisation und Verschwendung
Sexualpartnerinnen und setzten auch mehr Kinder in die Welt, als Männer mit einem niedrigeren Sozialstatus (Betzig 1986). Diese Aussage konnte in zahlreichen Untersuchungen mit unterschiedlichen Gesellschaftsformen bestätigt werden (Voland 2000: 89f.; Hopcroft 2006: 105). Selbst heute gilt noch: Frauen bevorzugen bei der Partnerwahl eher sozial erfolgreiche, gebildete und wohlhabende Männer (Weber 2003: 77).
In modernen menschlichen Gesellschaften führt dies nun aber dazu, dass erfolgreiche Männer zwar immer noch häufiger sexuellen Kontakt zu mehr Partnerinnen haben und somit erhöhte Paarungserfolge aufweisen, jedoch nicht, dass sie auch mehr Kinder zeugen (Voland 2000: 97f.; Kanazawa 2003). Seit dem Aufkommen der Pille ist Paarungserfolg nicht mehr unmittelbar gleichzusetzen mit Reproduktionserfolg.
Eine Umfrage in den USA zeigte, dass bei amerikanischen Männern möglicherweise noch immer ein leichter positiver Zusammenhang zwischen Einkommen und Kinderzahl besteht, allerdings ist der Zusammenhang zwischen Kinderzahl und Bildungsniveau negativ, jedoch nicht so negativ wie bei den Frauen (Hopcroft 2006). Unter Umständen wirkt sich hier die Tatsache aus, dass gebildete Männer häufig mit gebildeten Frauen zusammen sind (Wirth 2000), beziehungsweise dass die meisten Paare einen Partner auf gleicher oder der nächst höheren/niedrigeren Bildungsstufe wählen (Wirth 1996; Eggen/Rupp 2006: 56f.).
Individuen geht es in sozialen Systemen in erster Linie um die Durchsetzung ihrer Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteressen, beziehungsweise um ihre Paarungsinteressen, wie man heute abschwächend sagen müsste. Speziell Männern gelingt das umso besser, je höher ihre soziale Position (ihr Rang in der gesellschaftlichen Dominanzhierarchie) beziehungsweise ihr gesellschaftliches Prestige ist (siehe dazu auch den Abschnitt
Dominanzhierarchien
auf Seite → ).
Ein und die gleiche Person kann gleichzeitig mehreren sozialen Systemen angehören. In der Regel geschieht dies mittels Zeitallokation (Zeitscheiben), so dass beispielsweise jemand tagsüber als Angestellter in einem Unternehmen beschäftigt ist und abends noch für eine politische Partei tätig wird. In beiden Fällen bringt er sich als autonomes, selbsterhaltendes System mit seinen spezifischen Interessen und Kompetenzen ein, jedoch jeweils nur mit zeitlich und sonstwie eingeschränkten Ressourcen.
In aller Regel können höhere Dominanzpositionen nur durch einen größeren persönlichen Einsatz erreicht werden, insbesondere was den zeitlichen Aufwand angeht 131 . Eine Halbtagskraft etwa dürfte in den meisten Unternehmen kaum jemals für eine leitende Stellung in Frage kommen. Das hat dann aber zwangsläufig zur Konsequenz, dass ein Aufstieg in einem sozialen System einem hohen Engagement bei anderen sozialen Aufgaben eher im Wege stehen dürfte, was natürlich auch für die Familienarbeit gilt. Ich werde auf die sich im Rahmen der Gleichberechtigung der Geschlechter daraus ergebenden problematischen Folgerungen für das generative Verhalten einerBevölkerung noch zu sprechen kommen 132 . Ich möchte an dieser Stelle aber festhalten: Die Organisation einer Gesellschaft hat erhebliche Auswirkungen auf ihre Reproduktionsfähigkeit (auf die gesellschaftliche Reproduktion).
In einer Dominanzhierarchie kommt zwischen den einzelnen Hierarchieebenen häufig die dominante Kommunikationsform zum Tragen. Beispielsweise sind Vorgesetze in Unternehmen ihren Untergebenen gegenüber weisungsbefugt, was üblicherweise dann auch im Arbeitsvertrag entsprechend festgeschrieben wird.
Unabhängig davon spielt aber in modernen sozialen Systemen (zum Beispiel Unternehmen) auch die Gefallen-wollen-Kommunikation eine entscheidende Rolle. Eine Karriere wird heute weniger durch den Einsatz der Ellenbogen, sondern mehr durch Kommunikation, Kompetenz, Kreativität, Zusammenarbeit, Ehrgeiz, Einsatzwillen, Belastbarkeit, Flexibilität etc. begründet, das heißt, durch den unbedingten Willen, gefallen zu wollen. Im Prinzip herrscht die Gefallen-wollen-Kommunikation bei allen Interaktionen auf gleicher Hierarchieebene vor. Durch den allgemeinen, ganz wesentlich durch Errungenschaften der Informationstechnologie bewirkten Trend zur Verflachung von Unternehmenshierarchien, gewinnt die Gefallen-wollen-Kommunikation auch innerhalb von Unternehmen immer mehr an Bedeutung (siehe Abschnitt
Systemflexibilität
auf Seite → ).
Wie ich im Abschnitt
Dominanzhierarchien
auf Seite → zeigen
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