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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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deutlich höher als bei Frauen (Deary et al. 2007; Zechner et al. 2001). Beispielsweise ergab ein Test unter 2.500 Geschwistern, dass sich unter den „klügsten“ und „dümmsten“ zwei Prozent einer Bevölkerung doppelt so viele Männer wie Frauen befinden (Deary et al. 2007).
Beispiel:
    Stellen wir uns nun in einem Gedankenexperiment vor, ein Mensch habe durch eine genetische Mutation die Gabe erhalten, durch zehnminütiges Handauflegen Krebs zu heilen.
    Wir können drei Fälle unterscheiden:
Die Person ist eine Frau.
Vermutlich würde die Frau ihre Bestimmung darin sehen, möglichst viele Krebskranke zu heilen. Sie würde zwar viel Geld verdienen, aber kaum Zeit für eigene Kinder haben. Gegebenenfalls würde sie kinderlos bleiben. In der nächsten Generation wäre die genetische Mutation wahrscheinlich bereits wieder verschwunden.
Die Person ist ein Mann in einer patriarchalischen Gesellschaft.
Der Mann würde ebenfalls seine Bestimmung darin sehen, möglichst viele Krebskranke zu heilen. Er würde viel Geld verdienen, eine Ehefrau, viele Freundinnen und viele Kinder haben. In der nächsten Generation gäbe es wahrscheinlich bereits fünf oder mehr Menschen mit der gleichen genetischen Mutation.
Die Person ist ein Mann in einer Gesellschaft mit geschlechtsneutralen Lebensentwürfen.
Der Mann würde gleichfalls seine Bestimmung darin sehen, möglichst viele Krebskranke zu heilen. Er würde zwar viel Geld verdienen, aber kaum Zeit für eigene Kinder haben, da er für jedes Kind die Hälfte der Familienarbeit leisten müsste. Gegebenenfalls würde er kinderlos bleiben. In der nächsten Generation wäre die genetische Mutation wahrscheinlich bereits wieder verschwunden.
    Während die Natur also dem weiblichen Geschlecht den Hauptteil der Fortpflanzungsarbeit zugewiesen hat, kommt es dem männlichen Geschlecht zu, die Evolution zu beschleunigen und für eine möglichst rasche Anpassung an den Lebensraum zu sorgen (Zechner et al. 2001), das heißt, die Evolutionsfähigkeit zu verbessern (Malsburg 1987). Es ist folglich von Vorteil, wenn das männliche Geschlecht stärker von Mutationen betroffen ist, denn dann können ungünstige Mutationen leichter „eliminiert“ und günstige gefördert werden, und zwar alles auf ganz natürliche Weise. Vermutlich ist ein Großteil des menschlichen Intellekts auf genau diese Weise entstanden (Miller 2001).
    Leider verkennen selbst ausgewiesene Experten mitunter die wahre Dynamik der Fortpflanzung in getrenntgeschlechtlichen Populationen (Blech 2000):
    Nach einer schmerzvollen Geburt müsse [die Frau] ihr Kind stillen und sich viele Jahre mit ihm plagen – Frauen haben also allen Grund, anspruchsvoll zu sein, und bevorzugen Männer, die ihnen bei der Aufzucht der Kinder zur Seite stehen.
    Deshalb, erklärt der Psychologe Geoffrey Miller, gelte unter den Menschen Damenwahl. Schon am steinzeitlichen Lagerfeuer sei das nicht anders gewesen: Mal mit großem Protzgehabe, mal mit einschmeichelnder Zärtlichkeit strichen die Hominiden-Männchen um die Weibchen herum, stets darauf aus, zum Geschlechtsverkehr zu gelangen.
    Dabei, so Miller, müsse es irgendwann zu einem weiblichen Sinneswandel gekommen sein, der das weitere Geschick der ganzen Spezies bestimmte: Die Frau entdeckte Witz und Kreativität als neues Auswahlkriterium.
    Ehedem, so ungefähr malt es sich Miller aus, tänzelte ein Kobold, den Körper kunstvoll mit Farben bemalt, um das Feuer herum und machte komische Mätzchen. Die meisten Frauen reagierten irritiert – eine jedoch ließ sich bezaubern.
    Das Paar muss Miller zufolge fruchtbar gewesen sein und setzte lauter gewitzte Töchter in die Welt. Sie hatten, ganz die Mutter, eine Schwächefür aufgeweckte Männer. Den kreativen Söhnen wiederum erging es wie dem Vater: Sie wurden von den ungeschlachten Frauen ignoriert, hatten aber Erfolg bei feinsinnigen Damen. Nach wenigen Generationen war eine Horde entstanden, die sich in puncto Intelligenz weit über die anderer Primaten in der Savanne erhob: die Vorfahren des Homo sapiens.
    Wie die bisherigen Ausführungen jedoch zeigen konnten, dürfte der weibliche Sinneswandel nur dann zu einem durchschlagenden evolutionären Erfolg geführt haben, wenn der „gewitzte“ Mann im Laufe seines Lebens mehr als eine Sexualpartnerin bezaubern konnte. Dazu bedurfte es aber vermutlich vor allem des Statusgewinns in der Gruppe.
    Eng in Verbindung mit der spezifischen evolutiven Funktion des männlichen Geschlechts steht auch

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