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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Resultate zum
Central Theoretical Problem of Human Sociobiology
legen indirekt den folgenden Schluss nahe: Möchte eine moderne Gesellschaft dem Trend zu Kinderlosigkeit und sehr kleinen Familien entgegenwirken, dann dürfte eine
Lasten
reduzierung bei der Familienarbeit (zum Beispiel durch Vereinbarkeitsmaßnahmen oder einem verbesserten Familien
lasten
ausgleich) für sich allein nicht ausreichen. Stattdessen sollten die Maßnahmen am Fortpflanzungsinteresse ansetzen, indem das Aufziehen von Kindern wieder so attraktiv gemacht wird, dass sich eine ausreichende Zahl an Menschen eigene Kinder wünscht. Eine tiefergehende Diskussion dazu findet sich in meinen Büchern „
Land ohne Kinder
“, „
Die Familienmanagerin
“, „
Hurra, wir werden Unterschicht!
“ und „
Familie als Beruf
“ (Mersch 2006b; Mersch 2006a; Mersch 2007a; Mersch 2008) und zum Teil auch im Kapitel
Demographischer Wandel
auf Seite → .
4.30 Wozu gibt es Sexualität?
    Mit der Bedeutung der Sexualität für die Evolution des Lebens beschäftigten sich bereits verschiedene Abschnitte des vorliegenden Buches. Dabei konnten einige Vorteile der sexuellen Fortpflanzung gegenüber asexuellen Vermehrungsweisen herausgearbeitet werden. Trotzdem gilt die Frage, warum es überhaupt Sexualität gibt, in der Evolutionsbiologie auch heute noch als unbeantwortet. Graham Bell (Bell 1982) bezeichnete sie gar als
the Queen of Problems in Evolutionary Biology
. Eine recht ausführliche Diskussion des Themas findet sich unter anderem in (Stearns/Hoekstra 2005). Darin äußern die beiden Autoren die Vermutung, Sex habe nicht unmittelbar etwas mit Reproduktion zu tun, da er zu keiner
quantitativen
Erhöhung des Fortpflanzungserfolges führe (Stearns/Hoekstra 2005: 179):
    In its essence sex – where two genomes merge, recombine and segregate – has nothing to do with reproduction, for it does not increase the number of individuals.
    Der vorliegende Abschnitt stellt zunächst die – zum Teil bereits in anderen Abschnitten herausgearbeiteten – Vor- und Nachteile der Sexualität im Vergleich zu alternativen Fortpflanzungsmethoden dar. Auf dieser Basis wird dann gefolgert, dass der eigentliche evolutionäre Vorteil der Sexualität vor allem in
qualitativen
und
kommunikativen
Aspekten liegt. Bei der Sexualität geht es ganz wesentlich um Kommunikation.
    Im Rahmen der sexuellen Fortpflanzung sind insbesondere zwei Populationstypen zu unterscheiden:
Getrenntgeschlechtliche Populationen mit separaten Männchen und Weibchen, bei denen nur die Weibchen Nachwuchs in die Welt setzen können.
Hermaphroditenpopulationen, bei denen sich alle geschlechtsreifen Individuen miteinander paaren können. Anschließend können beide Fortpflanzungspartner Nachwuchs zur Welt bringen.
Hermaphroditismus ist im Pflanzenreich weit verbreitet. Beispiele aus der Tierwelt sind: Regenwürmer, Nesseltiere, manche Schnecken- und Fischarten.
    Bei Säugetieren und vielen anderen höheren Tierarten hat sich die getrenntgeschlechtliche Fortpflanzung durchgesetzt. Jede Begründung für die Vorteilhaftigkeit der Sexualität muss deshalb unter anderem auch erklären können, worin der Vorteil getrenntgeschlechtlicher Populationen gegenüber Hermaphroditenpopulationen besteht.
4.30.1 Die Nachteile der Sexualität
Sexualität ist komplex, ineffizient und teuer
    Die sexuelle Fortpflanzung ist erheblich komplexer als die asexuelle Reproduktion, und zwar unter anderem durch die folgenden Umstände, die zwar nicht für alle sich sexuell fortpflanzenden Lebewesen zutreffen, jedoch für die meisten höheren Tierarten:
Frühzeitige Aufteilung der Zellen in Geschlechtszellen (Keimzellen, Gameten) und Körperzellen.
Aufteilung der Gameten in zwei unterschiedliche Typen, die sich bereits von der Größe her ganz erheblich unterscheiden (Anisogamie). Bei allen höheren tierischen Lebewesen einschließlich des Menschen werden dieGameten der Weibchen Eizellen (Eier) genannt, die der Männchen Spermatozoen oder Spermien.
Die Anisogamie (Eier sind teuer, Spermien dagegen billig) ist die Basis für die unterschiedlichen Elterninvestments der beiden Geschlechter und damit letztlich auch für die sexuelle Selektion (siehe Abschnitt
Sexuelle Selektion
auf Seit 143).
Bei sogenannten diploiden Arten (zu denen auch der Mensch zählt) enthalten die Gameten jeweils nur einen Satz Chromosomen, das heißt, sie sind haploid, während die Körperzellen jeweils zwei Chromosomensätze beinhalten, die folglich diploid sind. Bei

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