Evolution, Zivilisation und Verschwendung
solchen Arten kommt es während der Produktion der Gameten zum komplexen Vorgang der Reduktionsteilung (Meiose), weshalb die Gameten dann auch Meiogameten genannt werden.
Bei der Befruchtung kommt es zu einer komplexen Vereinigung von zwei haploiden Gameten unterschiedlicher Paarungstypen zu einer diploiden Zygote, aus der sich dann durch weitere Zellteilungen (Mitose) und die nachfolgende Spezialisierung der aus ihr hervorgegangenen diploiden Zellen zunächst ein Embryo und später das ausgewachsene Individuum entwickeln.
Daneben besteht in sich sexuell reproduzierenden Populationen noch ein logistisches Problem (Stearns/Hoekstra 2005: 179), denn die verschiedenen Individuen müssen – bevor sie sich fortpflanzen können – zunächst einen geeigneten Sexualpartner finden. Das kann sich aber insbesondere bei vergleichsweise kurzlebigen Spezies oder geringer Populationsdichte als ausgesprochen schwierig erweisen. Die ausschließlich asexuelle Reproduktion dominiert deshalb vor allem bei Spezies, die die Evolution erst vor noch nicht allzu langer Zeit hervorgebracht hat (Stearns/Hoekstra 2005: 179).
Und schließlich ist getrenntgeschlechtliche Sexualität teuer, da die Männchen keinen eigenen Nachwuchs zur Welt bringen können, mit den Weibchen jedoch um die Ressourcen des Lebensraums konkurrieren (siehe dazu den nächsten Punkt und die Ausführungen im Abschnitt
Sexualität
auf Seite → ).
Sexualität erzeugt eine geringere Zahl an Nachkommen
Würden in einer getrenntgeschlechtlichen Population weibliche, sich asexuell fortpflanzende Mutanten zur Welt kommen, die lauter Nachkommen des gleichen Typs hätten (weiblich; fähig zur asexuellen Fortpflanzung; Nachkommen ebenfalls weiblich), dann könnten sich diese sukzessive in der Population durchsetzen, da sie doppelt so viele fortpflanzungsfähige Nachkommen produzieren könnten wie die restlichen getrenntgeschlechtlichen Individuen (Stearns/Hoekstra 2005: 187). Das gleiche würde für Hermaphroditen-Mutanten gelten.
Die getrenntgeschlechtlichen Individuen der Population benötigten zur eigenen Bestandserhaltung mindestens eine Fertilitätsrate von 2,0 (mindestens zwei Nachkommen pro Weibchen), die Mutanten (asexuell, Hermaphroditen) dagegen nur eine von 1,0 (mindestens ein Nachkomme pro Individuum).
Getrenntgeschlechtliche Populationen sind folglich – gemessen an der Zahl ihrer potenziellen Nachkommen – reproduktiv weniger leistungsfähig als Hermaphroditen oder sich asexuell vermehrende Populationen.
Allerdings wird bei einer solchen Aussage implizit angenommen, dass männliche Individuen nur ihre Gene zum Nachwuchs beisteuern. Das ist zwar bei vielen Arten tatsächlich der Fall, bei anderen (insbesondere beim Menschen) jedoch nicht. Der reproduktive Nachteil getrenntgeschlechtlicher Populationen gegenüber Hermaphroditen oder sich asexuell fortpflanzenden Populationen könnte sich deshalb in der Praxis auch als geringer erweisen, als es gemäß der obigen Rechnung den Anschein hat.
Sexualität begünstigt egoistische Gen-Kombinationen
Da bei der genetischen Rekombination nicht alle Gene weitergegeben werden, ist ein Aufkommen von Mutanten vorstellbar, die sich auf die Verbreitung ihrer eigenen Gene auf Kosten alternativer Allele spezialisiert haben (zum Beispiel durch Beeinflussung der Meiose). Solche GenKombinationen werden „egoistisch“ genannt (Stearns/Hoekstra 2005: 187f.).
Rekombination kann günstige Gen-Kombinationen zerstören
Bei der genetischen Rekombination werden die Gene beider Elternteile durchmischt, wodurch besonders günstige Gen-Kombinationen auch wieder zerstört werden können. Etwas Vergleichbares ist bei der asexuellen Fortpflanzung nicht möglich, denn dort kann es höchstens durch Mutationen zu einer „Verschlechterung“ des Genoms kommen.
4.30.2 Die Vorteile der Sexualität
Rekombination erzeugt eine enorme genetische Vielfalt
Auf diesen Punkt wurde bereits im Abschnitt
Sexualität
auf Seite → eingegangen: Sexualität erzeugt aufgrund der genetischen Rekombination eine ungeheure genetische Vielfalt, die ihrerseits das „Grundmaterial“ für die natürliche Auslese liefert. Es sind die genetischen Unterschiede, die die Evolution in Gang setzen. Bei genetischer Gleichförmigkeit aller Individuen einer Art wäre Evolution durch natürliche Auslese nicht möglich (Wuketits 2005b: 55 ff.). Daneben bringt die Durchmischung der Gene eine höhere Flexibilität mit sich, wodurch die Anpassung an neue Umweltbedingungen,
Weitere Kostenlose Bücher