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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Nachkommen zur Verfügung, was ihn automatisch weniger attraktiv für andere Fortpflanzungspartner macht, denn deren Gene würden durch ihn weniger stark verbreitet. Sein Fitnessindikator würde sich folglich eher negativ auf seinen Fortpflanzungserfolg auswirken. Also kämen vor allem Fitnessindikatoren in Betracht, die nach der Befruchtung entweder wieder abgelegt oder idealerweise sogar für die Nachwuchsarbeit genutzt werden können (zum Beispiel ein besonders hoher Körperfettanteil). Die beiderseitige Fitness wäre auf diese Weise zwar durch die Fortpflanzungspartner testbar, jedoch nur auf eine sehr limitierte Weise. Das eigentlich Charakteristische der Gefallen-wollen-Kommunikation, nämlich das einseitige Sich-Anbieten und Gefallen-wollen (Altruismus; Bauen einladender, luxuriöser Nester; Schenken von Blumen und Brillanten), das sich aus der unterschiedlichen potenziellen Fruchtbarkeit und den unterschiedlichen Reproduktionsaufwänden der beiden Geschlechter speist, könnte sich in einer solchen Konstellation nicht ausbilden.
    Altruistische Verhaltensweisen
können sich in getrenntgeschlechtlichen Populationen viel leichter als in sich auf andere Weise fortpflanzende Populationen durchsetzen, da sie sich bei den Individuen, die die deutlich geringeren Reproduktionsaufwände haben, nicht notwendigerweise nachteilig auf den Reproduktionserfolg auswirken müssen, und zwar selbst dann nicht, wenn die einseitig erbrachten Leistungen überhaupt nicht erwidert werden. Beim Menschen gilt das für die Männer, bei den sozialen Insekten entsprechend für die unfruchtbaren Weibchen.
    Im Abschnitt
Kooperation und Altruismus
auf Seite → konnte darüberhinaus gezeigt werden, dass in getrenntgeschlechtlichen Populationen altruistische Verhaltensweisen auf Seiten der Männchen sogar eine Erhöhung des Reproduktionserfolges bewirken können, da sie einem mit Fitness assoziiertem Handicap (siehe Abschnitt
Fitnessindikatoren
auf Seite → ) gleichkommen.
    Für fortpflanzungsfähige und -willige Weibchen sieht die Situation dagegen ganz anders aus. Ein Weibchen, welches einem anderen Weibchen bei der Aufzucht derer Jungen hilft, dabei aber keine vergleichbaren Leistungen zurückerhält, beeinträchtigt möglicherweise seinen eigenen Reproduktionserfolg, da ihm nun weniger Ressourcen für die eigenen Jungen zur Verfügung stehen.
    Ganz ähnlich sieht die Situation bei der asexuellen Fortpflanzung oder in Hermaphroditenpopulationen aus. In allen diesen Fällen müssen kooperative oder altruistische Handlungen vom Empfänger zeitnah und in vergleichbarer Stärke erwidert werden, sonst sind sie für den Geber von Nachteil. Dies wurde in der Soziobiologie anhand des Gefangenendilemmas aufgezeigt, welches nur unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen mittels Strategien wie TIT FOR TAT („wie du mir, so ich dir“,
Fairnessprinzip
) aufgelöst werden kann (Axelrod 1984: 18 f.).
    Ein entscheidender evolutionärer Vorteil getrenntgeschlechtlicher Populationen scheint also zu sein, dass in ihnen eine Vielfalt an komplexen Interaktionsmustern zwischen den Individuen entstehen kann, allen voran die
Gefallen-wollen-Kommunikation
, aber auch der
Altruismus
.
    Kooperation könnte sich allerdings auch bei asexueller Fortpflanzung und in Hermaphroditenpopulationen ausbilden, und zwar insbesondere dann, wenn eine Gruppe auf diese Weise Aufgaben bewältigen kann, denen ein einzelnes Individuum nicht gewachsen ist (etwa das Erlegen eines sehr großen Beutetiers). Ein Beleg für die Möglichkeit solcher Interaktionen wäre die Existenzkooperativen Verhaltens bei weiblichen Tieren. Für gewöhnlich ist so etwas aber fast nur unter Verwandten zu beobachten, wo eine Kooperation die Verbreitung der eigenen Gene fördert. So betreuen bei Affen weibliche Familienangehörige die Nachkommen gemeinsam, und Löwinnen eines Rudels – überwiegend Schwestern oder Mütter und Töchter – unterstützen sich bei der Jagd.
    Simone de Beauvoir meinte in ihrem Buch „
Das andere Geschlecht
“ noch, „
dass der eigentliche Sinn der Unterteilung der Arten in zwei Geschlechter nicht klar ist.
" (De Beauvoir 2000: 28) Und weiter (De Beauvoir 2000: 33):
    Die Phänomene der ungeschlechtlichen Vermehrung und der Parthenogenese sind ebenso ursprünglich wie die geschlechtliche Fortpflanzung. Diese ist, wie gesagt, nicht a priori bevorzugt, doch weist keine Tatsache darauf hin, dass sie auf einen elementareren Mechanismus zurückzuführen ist.
    Das

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