Evolution, Zivilisation und Verschwendung
verdienen dafür Geld. Die Frau unterbricht ihre berufliche Tätigkeit für eine längere Familienphase und verdient in dieser Zeit kein Geld.
Konkret heißt das: Während der
Familienphase
kommt das
patriarchalische Ernährermodell
zur Anwendung. Die Frau verzichtet dann auf nennenswerte Rentenansprüche, vor allem aber auf ein eigenes nennenswertes Einkommen und damit auf eine Kernerrungenschaft der weiblichen Emanzipation, nämlich Berufstätigkeit und ökonomische Selbstständigkeit. Die Alternativen lauten jetzt: Ökonomische Abhängigkeit vom Ehemann oder von der Sozialhilfe. Daneben besitzt das Modell weitere Nachteile. Speziell für gut ausgebildete Frauen dürfte es wenig attraktiv sein.
Das klassische
Ernährermodell
inklusive seiner modernen Variante
Phasenmodell
hat in diesem Sinne also auch für größere Familien längst ausgedient. An die Stelle des Ehemanns als Ernährer der Familie tritt mehr und mehr der Staat (Bolz 2006: 35f.).
Dieser Tatbestand gilt in Deutschland längst für einen nennenswerten Anteil kinderreicher Familien. Ca. 60 Prozent aller Alleinerziehenden mit zwei oder mehr Kindern gelten als arm. Bei Paaren öffnet sich die Schere ab drei Kindern (Schirrmacher 2006: 71).
Man könnte auch sagen: Basierte im Patriarchat die Familie noch auf Vereinbarungen zwischen Privatpersonen, so wird sie unter der Rahmenbedingung der Gleichberechtigung der Geschlechter mehr und mehr zu einer öffentlichen Angelegenheit, bei der der Staat zunehmend in die Rolle des vormals männlichen Ernährers schlüpft.
Dies ist auch aus anderen Gründen naheliegend: Individualisierungsprozesse – wie sie im Rahmen der weiblichen Emanzipation auf Seiten der Frauen stattgefunden haben – gehen üblicherweise mit einer Auslagerung von Kollektivaufgaben, die ja einen Teil der vormaligen gesellschaftlichen Rolle ausgemacht haben, an Dritte, häufig an den Wohlfahrtsstaat, einher (Beck 2006: 109f.; Lange/Braun 2000: 20). Es ist also nur folgerichtig, wenn der Wohlfahrtsstaat nun die Finanzierung größerer Familien in seine Verantwortung übernimmt: Frauen und Männer als Individuen sind unter den heutigen Verhältnissen dazu offenkundig nicht mehr in der Lage. Das
Prinzip der ökonomisch autarken Familie
war eine Eigenart des Patriarchats, welches unter der Gleichberechtigung der Geschlechter in der bisherigen Form nicht mehr bestehen bleiben kann.
In meinen Büchern „
Land ohne Kinder
“, „
Die Familienmanagerin
“, „
Hurra, wir werden Unterschicht!
“ und „
Familie als Beruf
“ (Mersch 2006b; Mersch 2006a; Mersch 2007a; Mersch 2008) wurde deshalb eine alternative Familienfinanzierung vorgeschlagen: Jeder Bürger müsste für ein Kind Unterhalt zahlen. Allerdings könnte er sich von dieser Verpflichtung durch das Aufziehen eines eigenen Kindes befreien. Additiv oder alternativ zu den Unterhaltszahlungen könnte auch eine (Teil-)Finanzierung über die Renten- und Pensionsansprüche von Kinderlosen mit entsprechend hohen Leistungsbezügen erfolgen.
Der eingenommene Unterhalt könnte wie folgt verwendet werden: Wenn viele Menschen kinderlos bleiben, kommen insgesamt zu wenig Kinder auf die Welt. Die Differenz zu einer bestandserhaltenden Geburtenrate könnte dann von staatlich beschäftigten
Familienmanagerinnen
abgedeckt werden, die in aller Regel größere Familien mit drei oder mehr Kindern gründen. Da die Familienarbeit dabei zum Fulltimejob generiert, würden solche Familienfrauen (oder auch -männer) vom Staat bezahlt. Allerdings benötigten sie entsprechende Qualifikationen, da sie einen Beruf mit sehr hoher Verantwortung ausüben. Auch müssten sie sich regelmäßig fortbilden 153 .
Dabei würde das folgende ergänzende Familienmodell zum Einsatz kommen:
Der Mann geht arbeiten und verdient Geld, die Frau zieht die Kinder auf und verdient dafür ebenfalls Geld.
Dieses Familienmodell trägt den Namen
Familienmanagermodell
. Es dürfte das einzige Familienmodell sein, welches einen nennenswerten Anteil gut ausgebildeter Frauen unter der Rahmenbedingung der Gleichberechtigung der Geschlechter zur Gründung einer Mehrkindfamilie bewegen könnte.
Natürlich würde auch die umgekehrte Variante (
Die Frau geht arbeiten und verdient Geld, der Mann zieht die Kinder auf und verdient dafür ebenfallsGeld
) funktionieren, allerdings dürften solche Konstellationen eher selten sein. Ferner würde das Modell Alleinerziehung (
Die Frau zieht die Kinder auf und verdient dafür Geld
) – gegebenenfalls im
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