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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Dieser wächst aber mit zunehmender Kinderzahl nicht schnell genug, um oberhalb der gleichzeitig linear ansteigendenFamilienkosten zu bleiben, weswegen sich moderne Familien in der Regel auf kleine Familiengrößen beschränken. Ihr Reproduktionsinteresse ist folglich gering, und zwar im Durchschnitt geringer, als es für eine bestandserhaltende gesellschaftliche Reproduktion erforderlich wäre.
Sind beide Elternteile berufstätig (was in unserer Gesellschaft allgemein angestrebt wird), ergeben sich für Kinder nennenswerte Opportunitätskosten, und zwar für beide Elternteile. Kinder werden dann potenziell umso teurer, je mehr die Eltern verdienen, beziehungsweise je qualifizierter und verantwortungsvoller ihre berufliche Tätigkeit ist.
Ferner gilt: Je höher die beruflichen Qualifikationen sind, desto größer ist meist auch der zeitliche Arbeitseinsatz, weswegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dann selbst bei optimaler Vereinbarkeitsinfrastruktur besonders schwer zu realisieren ist 154 .
In der Folge sinkt das Reproduktionsinteresse mit steigenden Qualifikationen beziehungsweise mit dem sozialen Erfolg. Es bildet sich dann ein Dilemma heraus, welches der Kernaussage des „
Central Theoretical Problems of Human Sociobiology
“ (siehe Abschnitt
Central theoretical problem of human sociobiology
auf Seite → ) entspricht. Anders gesagt: Die gesellschaftliche Reproduktion verletzt das
Prinzip Reproduktionsinteresse
der Systemischen Evolutionstheorie. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich moderne Gesellschaften mit solchen Eigenschaften nicht weiterentwickeln können 155 .
    Separat zu analysieren und zu diskutieren ist in diesem Zusammenhang aber auch das männliche Reproduktionsinteresse, welches gemäß Untersuchungsergebnissen speziell in der Bundesrepublik Deutschland unterhalb dem weiblichen liegt, was aus biologischen Gründen nicht sein dürfte (siehe Abschnitt
Wozu gibt es Sexualität?
auf Seite → ). Dies deutet darauf hin, dass insbesondere für Männer nun gesellschaftliche Verhältnisse in Kraft sind, die mit ihrem natürlichen Reproduktionsinteresse nicht mehr in Einklang zu bringen sind.
    Ich möchte das Thema an dieser Stelle nicht weiter vertiefen, lediglich auf zwei Punkte hinweisen:
Die öffentliche Debatte zur prekären Nachwuchssituation in den Industrienationen analysiert die Problematik vorwiegend aus weiblicher Sicht, dabei scheint die Situation bei den Männern noch verfahrener zu sein.
Das in meinen Büchern „
Land ohne Kinder
“, „
Die Familienmanagerin
“, „
Hurra, wir werden Unterschicht!
“ und „
Familie als Beruf
“ (Mersch 2006b; Mersch 2006a; Mersch 2007a; Mersch 2008) vorgestellte Familienmanager-Konzept würde ganz wesentlich auch den natürlichen männlichen Interessen entgegenkommen, nämlich durchschnittlich weiterhin die deutlich geringeren Fortpflanzungsaufwände zu haben.
5.6.2 Selbstfinanzierte Familie
    Familien sind in unserer Gesellschaft ökonomisch autarke Einheiten, die sich vom Grundsatz her selbst zu ernähren haben. Anders gesagt: Familien besitzen eine Wirtschaftsfunktion. Eine solche gesellschaftliche Vorgabe ist aber alles andere als selbstverständlich, denn viele Naturvölker kennen etwas Vergleichbares nicht.
    Im Patriarchat galt unter dem Paradigma der familialen Wirtschaftsfunktion noch die einfache Regel: Familien, die mehr Ressourcen (Geld) erlangten, konnten sich mehr Kinder „leisten“, sofern sie nur wollten. Eine solche Regelung steht noch nicht im Widerspruch zu den Prinzipien der Darwinschen Lehre.
    Im Rahmen der Gleichberechtigung der Geschlechter wurde die Wirtschaftsfunktion der Familie unbesehen beibehalten. Nun sollen also im Rahmen des gesellschaftlich präferierten Vereinbarkeitsmodells beide Elternteile gleichermaßen die erforderlichen Ressourcen beschaffen, während sie sich gleichzeitig die Familienarbeit paritätisch teilen.
    Allerdings ist ein solches Modell – wenn überhaupt – nur für kleinere Familien sinnvoll. Denn spätestens ab dem dritten oder vierten Kind nimmt die Familienarbeit ein solches Ausmaß an, dass entweder ein Elternteil oder gar beide ihre Arbeitszeiten signifikant reduzieren müssen, und zwar selbst dann, wenn sie auf eine optimale Vereinbarkeitsinfrastruktur zurückgreifen können.
    Mit jedem weiteren Kind dürfte sich die Situation weiter verschärfen. Dies führt dann zu dem folgenden bemerkenswerten – in patriarchalischen Gesellschaften nicht bekannten – Dilemma:
Mit zunehmender

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