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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Kinderzahl steigen die Ausgaben für die Familie, während gleichzeitig ihre Einkünfte sinken
156 157 .
    Ich möchte das an einem – allerdings stark vereinfachenden – Beispiel deutlich machen:
    Ehepaar Müller ist beruflich qualifiziert und erfolgreich. Die beiden Ehepartner verdienen monatlich jeweils 3.000 Euro nach Steuern. Mit jedem Kind würden ihnen 500 Euro an zusätzlichen Kosten entstehen, bei vier Kindern also 2.000 Euro. Gleichzeitig entstünde dann soviel Familienarbeit, dass beide nur noch halbtags arbeiten gehen könnten. In der Folge reduzierten sich ihre Einkünfte auf jeweils 1.500 Euro pro Monat, das heißt, auf insgesamt 3.000 Euro. Verdienten sie also vorher zusammen 6.000 Euro im Monat, die ihnen allein zur Verfügung standen, hätten sie mit ihren vier Kindern noch 3.000 Euro, während ihre Kosten gleichzeitig um 2.000 Euro angestiegen wären. Im Endeffekt würden sich ihre persönlichen Einkünfte durch die Familiengründung von 6.000 Euro auf 1.000 Euro pro Monat reduzieren.
    Das gerade geschilderte Dilemma ist mit den bislang öffentlich diskutierten familienpolitischen Maßnahmen auch nicht einmal ansatzweise behebbar. In der Folge verschwinden die größeren Familien, oder sie werden systematisch in die Sozialhilfe abgedrängt, wo das Selbsternährerdogma nicht mehr gilt, denn dort versorgt ja der Staat.
    Dies wäre alles noch hinnehmbar, wenn die gesellschaftliche Reproduktion auch ohne größere Familien funktionieren könnte. Diverse Analysen konnten jedoch zeigen: Dies ist nicht möglich. Und so wies denn auch der 7. Familienbericht der Bundesregierung erneut darauf hin, dass der Geburtenrückgang in Deutschland, aber auch in vielen anderen entwickelten Ländern, in erster Linie auf das Verschwinden der Mehrkindfamilie zurückzuführen ist (Bertram/Rösler/Ehlert 2005: 10).
    Eine Konsequenz aus den obigen Ausführungen ist:
Die Familie, wie wir sie kennen, ist mit der Gleichberechtigung der Geschlechter nicht kompatibel. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen muss das System Familie neu überdacht werden.
5.7 Vereinbarkeit von Familie und Beruf
    Zum Abschluss des Kapitels möchte ich noch einmal ein Thema aufgreifen, welches im Laufe der bisherigen Ausführungen schon häufiger angesprochen wurde, da es in einem unmittelbaren Zusammenhang zur Systemischen Evolutionstheorie steht: die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
.
    Wie wir gesehen haben, sind die beiden zentralen Lebensaufgaben der eigene
Selbsterhalt
und die
Fortpflanzung
. In modernen menschlichen Gesellschaften erfolgt die Sicherung des Selbsterhalts im Allgemeinen durch eine berufliche Tätigkeit, während die Fortpflanzung primär eine Sache der Familie ist. Man könnte deshalb auch sagen: Die zentralen menschlichen Lebensaufgaben sind
Beruf
und
Familie
.
    Gemäß dem
Prinzip der natürlichen Reproduktionsinteressen
der Systemischen Evolutionstheorie sollten die Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteressen innerhalb einer Population nicht negativ mit der relativen Fitness der Individuen in Bezug auf den Lebensraum korrelieren (siehe Abschnitt
Systemische Evolutionstheorie
auf Seite → ). In unserem konkreten Fall bedeutet das: Das Fortpflanzungsinteresse (der Kinderwunsch) sollte nicht systematisch und statistisch signifikant mit dem sozialen Erfolg (Karriere, Einkommen etc.) der Bürger zurückgehen. Im Abschnitt
Gültigkeit der Darwinschen Evolutionsprinzipien
auf Seite → konnte gezeigt werden, dass sich dann auch das
Prinzip der natürlichen Auslese
einstellen würde.
    Tatsächlich sind die Verhältnisse in modernen menschlichen Gesellschaften aber genau umgekehrt (siehe Abschnitt
Demographischer Wandel
auf Seite → ), denn dort besteht im Allgemeinen ein negativer Zusammenhang zwischen Kinderzahl und sozialer Position beziehungsweise Bildungsniveau (Kopp 2002: 89). Der Grund für dieses Dilemma ist das in modernen menschlichen Gesellschaften mit zunehmendem beruflichen Erfolg zurückgehende Reproduktionsinteresse, wie der Abschnitt
Central theoretical problem of human sociobiology
auf Seite → aufzeigen konnte. Empirische Untersuchungen bestätigen diesen Zusammenhang (siehe Abschnitt
Reproduktionsinteresse
auf Seite → ).
    In der öffentlichen Debatte zum demographischen Wandel und zur Familiensituation wird meist behauptet, die genannten Probleme resultierten aus der noch immer nicht gegebenen
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
. Allerdings verkennt eine solche Argumentation die enorme Wirkmacht der

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