Evolution, Zivilisation und Verschwendung
selbsterhalten und fortpflanzen wollen, dann wird es bei hohen Bevölkerungszuwachsraten und einer dadurch bedingten deutlichen Zunahme der Bevölkerungsdichte zwangsläufig zu einer verstärkten Konkurrenz der Individuen um die knapper werdenden Ressourcen kommen. Charles Darwin nannte dies den Kampf ums Dasein, der sich in extremen Fällen natürlich auch in Kriegen, Rassismus, Völkermord und Völkerwanderung (Auswanderung) ausdrücken kann. All dies unterstreicht, dass es der Menschheit endlich gelingen muss, die eigene Bevölkerungsentwicklung zu beherrschen. Ich persönlich halte dies – trotz aller Tabuisierungen des Themas – für das wichtigste globale Problem der Menschheit überhaupt.
149 Allerdings lässt sich Richard Dawkins’ Gen-Theorie nicht wirklich plausibilisieren.
150 Es sind dann Fragen möglich wie: Berufliche Karriere, Auslandsaufenthalt, neues Auto, Urlaubsreise oder Kind?
151 Letztlich ist dies ja auch die Kernaussage des empirisch gut belegten demographisch-ökonomischen Paradoxons.
152 Für die Unterteilung in deutsche und nicht deutsche Familien wurde die Staatsangehörigkeit der Bezugsperson herangezogen. Diese Person ist bei Ehepaaren grundsätzlich der Ehemann und bei Alleinerziehenden die Person selbst.
153 Das Familienmanager-Konzept kann im vorliegenden Buch nur kurz angerissen werden. Die Grundidee ist: Kinderlose zahlen Unterhalt, mit dem dann staatlich beschäftigte Familienmanagerinnen ihre eigenen Kinder aufziehen. Alles andere ist dagegen diskutabel.
154 Beruflich erfolgreiche und gutverdienende Paare sind auf keine öffentlichen Vereinbarkeitsinfrastrukturen angewiesen, da sie sich entsprechende Betreuungsleistungen privat kaufen könnten (Studentinnen, Aupairmädchen, Kindermädchen, Haushälterin etc.). Trotzdem haben gerade solche Paare sehr wenige Kinder. Dies allein demonstriert in aller Deutlichkeit, dass die Vereinbarkeitsthese („Paare bekommen deshalb so wenige Kinder, weil die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch nicht gegeben ist.“) nicht korrekt sein kann.
155 In der Tat ist in den meisten entwickelten Ländern seit Ende der 1990er Jahre ein Absinken des durchschnittlichen IQs der Bevölkerung feststellbar ( wissenschaft.de 2005). Gleichzeitig steigt in Deutschland seit Jahren der Anteil der Studierenden mit mindestens einem akademischen Elternteil kontinuierlich an, und zwar von 29 Prozent in 1985 auf 44 Prozent in 2000 (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 119). Meist wird behauptet, dies sei ein deutliches Anzeichen dafür, dass es in Deutschland noch immer keine gleichen Bildungschancen für Kinder aus bildungsfernen und sozial schwachen Schichten gebe. Dies übersieht allerdings, dass sich dieser Effekt erst recht herausstellen würde, wenn absolute Chancengleichheit bei der Bildung bestehen würde, weil dann der hohe erbliche Anteil bei der Intelligenz zwangsläufig zum Ausdruck kommen müsste. Eltern mit hoher Intelligenz würden dann nämlich mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Hochschulabschluss erreichen und gleichfalls mit höherer Wahrscheinlichkeit Kinder mit hoher Intelligenz haben, die nun wiederum mit einer höheren Wahrscheinlichkeit studieren werden.
156 Man könnte diese Aussage auch als die Brasilianisierungsformel bezeichnen, denn aus genau diesen Gründen wird in den entwickelten Ländern zunehmend Armut „produziert“ (Mersch 2007a).
157 Auf die Unternehmenswelt übertragen könnte das Dilemma wie folgt lauten: „Mit zunehmenden Investitionen in die Zukunft des Unternehmens sinken die Umsätze.“ Unternehmen würden unter solchen Gegebenheiten ihre Investitionen in die Forschung einstellen. Offenbar handeln moderne Paare ganz entsprechend.
6 Zivilisation
Ein wesentliches Thema der Soziologie ist der soziale Wandel:
Wie lassen sich die Veränderungen von Gesellschaften im historischen Kontext erklären?
Wie kam es zur Entstehung der Moderne?
Was bewirkt den Prozess der Zivilisation?
Wie sind die historischen gesellschaftlichen Veränderungen im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen einzuschätzen?
Bevor ich zu einer eigenen Beantwortung dieser Fragen komme, möchte ich zunächst einige wesentliche soziologische Theorien und deren Erklärungsansätze vorstellen.
6.1 Soziologische Theorien
Die folgenden Kurzdarstellungen verschiedener soziologischer Theorien erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Auch sind sie bewusst knapp gehalten. Ein Einstieg in eine tiefergehende Analyse könnten etwa (Korte 2004;
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