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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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der Tendenz dessen Quelle aus.
    Marx prognostiziert, dass es in der Folge zur Diktatur des Proletariats beziehungsweise zum Sozialismus und schließlich zur klassenlosen Gesellschaft komme. Allerdings ist innerhalb des Marxismus umstritten, inwieweit sich aus dem
Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate
bereits ein zwangsläufiger Untergang des Kapitalismus ableiten lässt. Einige Marxisten betonen dagegen vor allem die Bedeutung subjektiver Faktoren, die sich aus der „wachsenden Verelendung der Massen“ und den Lernprozessen der Arbeiter im Zusammenhang mit den immer wiederkehrenden Krisen ergeben. Solche Vorstellungen gehen eher davon aus, dass der Kapitalismus durch Revolutionen und nicht durch den sich immer weiter verschärfenden Konkurrenzkampf unter den Unternehmenseignern zusammenbricht.
    Gemäß Karl Marx lässt sich eine Gesellschaft durch ihre spezifische Produktionsweise charakterisieren. Von Bedeutung sind hierbei einerseits die zur Verfügung stehenden Produktionsmittel und die daran bestehenden Eigentumsverhältnisse, andererseits aber auch die Formen der Arbeitsteilung und die Beziehungen der Menschen untereinander. Für Marx sind Arbeit und Produktion die Basis des Lebens, denn der Mensch müsse zuerst etwas zuessen und zu trinken, ein Dach über dem Kopf und ausreichende Kleidung haben, bevor irgendetwas anderes passieren könne 158 .
    Neben der Produktion existiere aber stets noch ein gesellschaftlicher Überbau, der sich in Staatsformen, Gesetzen, Verwaltung, Kunst, Wissenschaft und Religion gliedere. Allerdings spiegele der Überbau letztlich nur die jeweilige Produktionsweise wider, ein Gedanke, der genau der Marx’schen Kernthese „das Sein bestimmt das Bewusstsein“ entspricht.
    Anzumerken wäre hier zunächst, dass auch in der Urgesellschaft nicht alle Menschen gleich gestellt waren. Zwar gab es in dem Sinne noch keine unterschiedlichen gesellschaftlichen Klassen, sehr wohl aber Dominanzhierarchien. Ferner herrschte eine klare Aufgabentrennung zwischen den Geschlechtern vor.
    Wie die Ausführungen im Abschnitt
Leben und Energie
auf Seite → gezeigt haben, hängt die jeweilige Produktionsweise ganz entscheidend auch von dem der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Energieniveau ab. Beispielsweise kann in der Produktion sofort auf Sklaven und Leibeigene (aber auch auf Zugpferde und andere Tiere) verzichtet werden, wenn die entsprechenden Aufgaben ähnlich kostengünstig von mit fossilen Brennstoffen angetriebenen Maschinen erledigt werden können.
    Auch die
Systemische Evolutionstheorie
prognostiziert die Aufhebung aller Klassenstrukturen, da sie ja behauptet, im Rahmen des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses komme es zu einer immer weiteren Umstellung auf die Gefallen-wollen-Kommunikation auf Kosten dominanter Kommunikationsweisen, was aber mit dem Vorhandensein von Klassenstrukturen nicht verträglich ist.
    Eine weitere Übereinstimmung zwischen beiden theoretischen Ansätzen besteht in der Benennung charakteristischer Merkmale der Moderne, nämlich bei Marx das Aufkommen der Kapitalisten und ihrer großen Unternehmungen, und bei der Systemischen Evolutionstheorie das massenhafte Entstehen von Organisationssystemen. Bei Letzteren handelt es sich dann allerdings nicht mehr um personenorientierte Einheiten, wie sie noch in derVorstellung Karl Marx’ bestimmend waren (die also einigen wenigen namentlich benennbaren Kapitalisten gehören), sondern um Systeme mit einer eigenen Identität und einem eigenständigen Selbsterhaltungsinteresse. Die in ihnen tätig werdenden Menschen – egal auf welcher Hierarchieebene –, aber auch die Anteilseigner dieser Systeme, sind letztlich allesamt austauschbar, was ja dann auch regelmäßig geschieht.
    Eine ganz andere Auffassung vertritt die Systemische Evolutionstheorie bezüglich der von Karl Marx prognostizierten Selbstzerstörung der Kapitalisten aufgrund ständig sinkender Gewinnmargen (
Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate
). Marx verkennt hier, dass Konkurrenz – ähnlich wie in der Natur – nicht nur zu einem Preisverfall, sondern eben auch zu Innovation beziehungsweise Evolution führen kann. Eine Alternative zur Selbstzerstörung ist deshalb die Evolution, das heißt, die Innovation.
    Allerdings wurden in den Wirtschaftswissenschaften auch grundsätzliche Einwände gegen das
Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate
vorgebracht, zum Beispiel in Form des
Okishio-Theorems
(nach Nobuo Okishio). Dieses besagt: Wenn

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