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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Jäger/Meyer 2003; Jäger/Weinzierl 2007; Schmidt-Wellenburg 2005; Joas/Knöbl 2006; Kaesler 2006; Kaesler 2003) sein.
    Im vorliegenden Buch wird ein eigenständiger systemtheoretischer Ansatz zur Erklärung des sozialen Wandels und des Zivilisationsprozesses – im weiteren Text stets
Systemische Evolutionstheorie
genannt – vorgestellt. In Vorbereitung auf die dann noch folgenden detaillierteren Ausführungen werden die verschiedenen soziologischen Theorien diesem Ansatz jeweils kurz gegenübergestellt.
6.1.1 Karl Marx
    Grundlage der Marxschen Theorie zum sozialen Wandel ist der
Historische Materialismus
, der den Ablauf der Geschichte als eine durch ökonomische Prozesse gesetzmäßig bestimmte Entwicklung von menschlichen Gesellschaften sieht. Als materielle Triebkräfte der gesellschaftlichen Entwicklungwerden die sozioökonomischen Widersprüche aufgefasst, die die Gesellschaftsformationen auf den unterschiedlichen Entwicklungsstufen kennzeichnen (Dialektik). Die Lösung der dem jeweiligen Gesellschaftssystem innewohnenden, antagonistischen Widersprüche führe gesetzmäßig zu gesellschaftlichen Veränderungen und zur Herausbildung neuer Gesellschaftsformationen. Die dem Historischen Materialismus zugrundeliegende materialistische Geschichtsanschauung geht vom Gedanken aus, dass die Produktion und der Austausch von Produkten die Grundlage aller Gesellschaftsordnungen sind.
    Gemäß der Vorstellung Karl Marx’ lebten die Menschen zunächst in einer klassenlosen Urgesellschaft zusammen, in der sie gemeinsam arbeiteten und über die Produktionsmittel verfügten. Einen politischen Apparat gab es noch nicht.
    Aufgrund verschiedener Erfindungen und Entdeckungen – insbesondere ab dem Neolithikum – gelang es den Menschen, mehr zu produzieren, als sie für ihren eigenen Konsum benötigten, weswegen sie den Überschuss anderen anbieten konnten. Die Gesellschaft spaltete sich daraufhin in zwei Klassen auf, und zwar einerseits in die Eigentümer an Produktionsmitteln und andererseits in Sklaven, die die notwendigen Arbeiten zu verrichten hatten. Auf diese Weise entstand eine Sklavenhaltergesellschaft.
    Im Feudalismus wurden aus den Sklavenhaltern Feudalherren, die nun über große Ländereien verfügten. Den Sklaven musste deshalb ein größerer Freiheitsraum zugestanden werden, was sie zu Leibeigenen ihrer Herren machte.
    Dank weiterer Innovationen und Erfindungen wie Bankwesen, Geldverkehr, Schießpulver, Buchdruck, Dampfmaschine etc. gelang die Entwicklung zahlreicher neuer Produktionsmittel zur Herstellung von Gütern aller Art. Die Produktionsmittel gerieten hierdurch in die Hände einiger weniger und es entstand die bürgerliche Gesellschaft beziehungsweise der Kapitalismus. In dieser Gesellschaftsform stehen sich schließlich nur noch zwei Klassen gegenüber, und zwar einerseits die Kapitalisten, denen die Produktionsmittel gehören, und andererseits die Lohnarbeiter (Proletarier), die einzig und allein über die Produktivkraft Arbeit verfügen. Marx prognostizierte, der Konkurrenzkampf zwischen den Kapitalisten führe zu immer weiter sinkenden Profitraten (
Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate
), wodurch sich die Unternehmenseigner selbst zerstörten.
    Der ausschlaggebende Grund für den
tendenziellen Fall der Profitrate
besteht gemäß Marx darin, dass die Versuche, die Mehrwertproduktion zu erhöhen, mit einer tendenziellen Abnahme des variablen Kapitals – das heißt, des Kapitalanteils, der in Arbeitskraft investiert wird – gegenüber dem konstanten Kapital einhergehen. Da aber die Lohnarbeit nach Marx die einzige Quelle des
Mehrwerts
darstellt – die Lohnarbeiter verkaufen ihre Arbeitskraft zu ihrem Wert, werden aber gezwungen, im Arbeitsprozess mehr als es diesem Wert entspricht zu arbeiten –, wird sich die Profitrate für die Unternehmen auf Dauer verringern. Gemäß Marx ist es die Logik des Kapitals selbst – und nicht eine etwaige Ressourcenverknappung –, die das
Gesetz des tendenziellen Falls
bewirkt, und dies nicht trotz, sondern aufgrund des technischen Fortschritts. Denn durch die technische Entwicklung gewinnen einerseits Maschinen und Anlagen, andererseits jene Arbeit wie Planung, Überwachung, Steuerung, die sich nicht eindeutig den Endprodukten zuordnen lässt, an Gewicht und verdrängen zunehmend die einzig Mehrwert-schaffende Lohnarbeit aus den Produktionsprozessen. Anders gesagt: Die Modernisierung der Produktionsprozesse zur weiteren Erzielung von Mehrwert trocknet in

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