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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Funktion der Adaption aus ( A ).
Das
Persönlichkeitssystem
, welches Motivation und adäquates Wissen der Handelnden gewährleistet, dient der Zielerreichung ( G ).
Das
soziale System
, welches Interaktion in Rollen stabilisiert, dient der Integration ( I ).
Das
kulturelle System
, welches dem Erhalt von Traditionen und Werten dient, erfüllt die Funktion des Strukturerhalts ( L ).
    Damit ein System auch in Zukunft fortbestehen und alle Funktionen erfüllen kann, muss es zwei verschiedene Formen von Störungen (Perturbationen) und Veränderungen kontrollieren können: endogene Störungen aus seinen eigenen Subsystemen und exogene aus seiner primären selektiven Umwelt.
    Endogene Veränderungen werden durch Integrationsmaßnahmen in Bahnen gelenkt, die mit der Hauptstruktur des Systems verträglich sind, exogene Störungen dagegen durch adaptive Mechanismen.
    Für Parsons ergeben sich nun zwei Arten des sozialen Wandels:
Veränderungen, die nach Anwendung integrativer und adaptiver Mechanismen keine Änderung des ursprünglichen internen Gleichgewichtszustands zur Folge haben.
Veränderungen, die einen strukturellen Wandel herbeiführen.
    Struktureller Wandel kann also als eine Abfolge von systeminternen Gleichgewichtszuständen verstanden werden, deren jeweilige Übergänge durch endogene oder exogene Störungen hervorgerufen werden, die die Leistungsfähigkeit der integrativen und adaptiven Mechanismen des Systems übersteigen (Schmidt-Wellenburg 2005: 44).
    Folgt man der obigen Darstellung, dann ist für die Parsons’sche Systemtheorie die Stabilität eines Systems der Normalfall, die Veränderung dagegen eine Abweichung von der Norm. Norbert Elias (siehe Abschnitt
Norbert Elias
auf Seite → ) sieht das dagegen genau anders herum: für ihn sind gesellschaftliche Veränderungen die Regel. Die
Systemische Evolutionstheorie
folgt in diesem Punkt eher Elias, denn als evolutive Theorie kennt sie keinen Stillstand.
    Aber sie unterscheidet sich noch in einem weiteren Punkt von Parsons: In der Parsons’schen Systemtheorie werden Veränderungen durch Störungen bewirkt, die das System durch Anwendung entsprechender Mechanismen entweder in den bisherigen Gleichgewichtszustand zurückkehren lassen, oder in einen neuen. Für die Systemische Evolutionstheorie sind dagegen die Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteressen der Akteure von entscheidender Bedeutung. Und zum Selbsterhalt gehört nun einmal auch der Erhalt der Kompetenzen in Bezug auf die primäre selektive Umwelt und in Relation zu anderen Akteuren.
    In einer kompetitiven Situation ist nun aber davon auszugehen 163 , dass andere Akteure ihre Kompetenzen und Adaptionen verbessern werden, weswegen das Individuum (der Akteur) dies von vornherein ebenfalls tun muss, und zwar ganz unabhängig davon, ob die anderen Akteure ihre Kompetenzen tatsächlich verbessern werden oder nicht. Der Antrieb zur Veränderung entsteht also schon ganz allein aus dem eigenen Selbsterhaltungsinteresse heraus. Er bedarf dazu weder endogener noch exogener Perturbationen (Störungen). Selbsterhaltende Systeme verändern sich inkompetitiven Umgebungen allein schon deshalb, weil sie sich selbsterhalten wollen.
    Auf der anderen Seite weist die Systemische Evolutionstheorie auch einige Ähnlichkeiten mit der Lehre Parsons auf. So wurde bereits erwähnt, dass die eigene Selbsterhaltung immer in zwei Komponenten zerfällt: Die Reproduktion der inneren Struktur (zum Beispiel durch Zellerneuerung bei Lebewesen) und die Reproduktion der Kompetenzen in Bezug auf die primäre selektive Umwelt. Diese Untergliederung entspricht genau der Parsons’schen Aufteilung in die beiden A -und- L -Funktionen.
Luhmann
    Talcott Parsons Systemtheorie kann als eine strukturfunktionale Theorie bezeichnet werden, denn gemäß ihr ist ein System eine sich in Elemente untergliedernde und eine bestimmte Struktur aufweisende Einheit. Die Funktionen sind der Struktur nachgelagert, da sie primär den Bestand der Struktur sichern sollen.
    Niklas Luhmann ging es umgekehrt um die Fragestellung, wie soziale Systeme entstehen und wie sie entsprechende Funktionen ausbilden (Korte 2004: 75). Seine Antwort darauf war: Ein soziales System entsteht erst in der Abgrenzung gegenüber seiner Umwelt, und zwar durch die Wahrnehmung bestimmter Funktionen, die sich aus sinnhaftem menschlichen Handeln zusammensetzen. Für ihn ist nicht die Systemstruktur entscheidend, sondern das Verhältnis zwischen einzelnen Systemen und deren Funktionen.

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