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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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in seinen theoretischen Ansätzen bereits erkennbar vorhanden.
    Gemäß Durkheim hat in der Gesellschaft eine Entwicklung von der mechanischen hin zu einer organischen Solidarität stattgefunden. Bei der mechanischen Solidarität handelt es sich um eine gesellschaftliche Kooperation auf Basis der Ähnlichkeit von Individuen, bei der entgegengesetzten Form, der organischen, resultiert der Konsens aus der Differenzierung.
    Durkheim beschreibt also ganz ähnlich wie Marx eine gesellschaftliche Entwicklung von der Urgesellschaft (überwiegend mechanische Solidarität, Ähnlichkeit) hin zur modernen Gesellschaft (überwiegend organische Solidarität, Verschiedenheit), nur dass er dafür andere Mechanismen als Marx in den Vordergrund rückt. Für ihn sind die wichtigsten Kriterien bei der Beurteilung des Status einer Gesellschaftsformation der Grad der Ähnlichkeit beziehungsweise Verschiedenheit der Individuen.
    Ähnlichkeit heißt in diesem Zusammenhang, dass die Menschen ein Kollektiv bilden und die Welt in gleicher Weise deuten. Im Zustand der Verschiedenheit steht dagegen die Arbeitsteilung im Vordergrund. In solchen Gesellschaften sind die Individuen allesamt verschieden, ergänzen sich aber in der Arbeitsteilung untereinander. Ähnliche Interessen müssen dann anderweitiggebündelt werden, zum Beispiel über Intermediäre (Interessengruppen) wie Gewerkschaften, Parteien oder Vereinigungen. Im Zustand der Ähnlichkeit tritt das Individuum der Gesellschaft also stets direkt gegenüber, im Zustand der Verschiedenheit dagegen primär über Intermediäre (Korte 2004: 42).
    Aufgrund des Bevölkerungswachstums der Neuzeit und der hierdurch verursachten höheren Bevölkerungsdichte kommt es nun gemäß Durkheim zu einer zunehmenden gesellschaftlichen Ausdifferenzierung und Arbeitsteilung, die aber insbesondere auch der Vermeidung von Konflikten dient, zumal die Erhöhung von Bevölkerungszahlen und -dichten den individuellen Überlebenskampf verschärfen wird, konkurriert doch dabei eine steigende Zahl an Individuen mit ähnlichen Bedürfnissen um den Zugang zu den Ressourcen. Die Arbeitsteilung – im Sinne einer Spezialisierung – ermöglicht dann die Abschwächung oder gar Vermeidung des härteren Überlebenskampfes 160 und gleichzeitig – mittels organischer Solidarität – die Integration der Gesellschaft (Schmidt-Wellenburg 2005: 35) 161 .
    Marx war der Auffassung, die Arbeitsteilung würde die Menschen vom Produkt ihrer Arbeit zunehmend entfremden. Durkheim wendet den gleichen gesellschaftlichen Prozess dagegen ins Positive: Aufgrund der Arbeitsteilung könne jeder gemäß seinen Möglichkeiten am Arbeitsprozess teilnehmen 162 . Auch führe die Arbeitsteilung zu einer verstärkten menschlichen Kooperation. Gerade weil man in einer individualistischen und arbeitsteiligen Welt gegenseitig aufeinander angewiesen sei, müsse man vermehrt kooperieren. Allerdings bedürfe es für eine solch universelle Kooperation zusätzlicher Regelungen und Vorkehrungen, zum Beispiel Verträge und Kontrakte (siehe dazu die Ausführungen im Abschnitt
Systembindungen
auf Seite 65 ).
    Gemäß Durkheim entsteht soziale Solidarität durch die Anerkennung einer gemeinsamen Moral, die darin mündet, dass jeder auf jeden angewiesen ist. Folglich habe auch umgekehrt jeder Einzelne die eigenen Fähigkeiten zur Förderung des Ganzen einzusetzen (Korte 2004: 46f.). Die Moral derArbeitsteilung stellt somit das Kollektivbewusstsein moderner Gesellschaften dar, bei welchem es sich letztlich um etwas eigenständig Soziales handelt, was sich folglich auch nicht auf andere Ursachen zurückführen lässt. Für Durkheim ist die Arbeitsteilung gleichfalls die Grundlage der Demokratie (Korte 2004: 46).
    Ähnlich wie schon bei Marx ist auch hier zunächst anzumerken, dass die Menschen in Urgesellschaften alles andere als gleich und ähnlich waren, denn es existierten damals ausgeprägte Dominanzhierarchien. Auch entwickelte sich bereits sehr frühzeitig die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern (sexuelle Arbeitsteilung), die die Grundlage für alle dann noch folgenden Arbeitsteilungen war.
    Im soziologischen Diskurs werden die durch Frauen erbrachten reproduktiven Leistungen meist völlig ignoriert, obwohl sie viele gesellschaftliche Veränderungen überhaupt erst möglich gemacht haben. Durkheim unterscheidet sich in diesem Punkt nicht von anderen gesellschaftswissenschaftlichen Theoretikern. So spricht er beispielsweise von der Ähnlichkeit aller

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