Evolution, Zivilisation und Verschwendung
intraspezifischen Wettbewerb.
Die Evolutionsbiologie nimmt heute mehrheitlich an, dass die natürliche Auslese das Resultat der Konkurrenz zwischen den Individuen einer Population um begrenzte Ressourcen ist, dass sie also das Resultat einer intraspezifischen Selektion ist (Kutschera 2008: 252).
In modernen Gesellschaften konkurrieren weniger die Menschen untereinander, um sich gegenseitig zu überflügeln, sondern in erster Linie die Organisationssysteme (Unternehmen, Konzerne etc.), bei denen es sich um neuartige biologische Phänomene und Systeme einer bislang unbekannten Größenordnung handelt, und in denen Menschen praktisch nur noch die Rolle einzelner Zellen wahrnehmen. Wie ich noch zeigen werde, hat der Mensch auf den intraspezifischen Wettbewerb der Organisationen nur einen sehr begrenzten Einfluss. Konrad Lorenz verkennt, dass für viele ungünstige Entwicklungen auf diesem Planeten längst nicht mehr der Mensch an sich verantwortlich ist, sondern die Organisationssysteme, die sich seiner bedienen.
In den folgenden Kapiteln sollen nun die Grundlagen dieser Aussagen erarbeitet werden. Dabei stehen zunächst Konzepte der Systemtheorie im Vordergrund. Darauf aufbauend wird dann ein „
Systemische Evolutionstheorie
“ genannter Mechanismus beschrieben, der die
Selbsterhaltungs-
und
Reproduktionsinteressen
von Individuen zur eigentlichen Triebfeder evolutiver Prozesse erklärt, und der vollständig ohne die bekannten Darwinschen Konzepte des
Kampfs ums Dasein
, des
Überlebens der Tauglichsten
und der
natürlichen Auslese
(
Survival of the Fittest
) auskommt. Eine Kernaussage wird sein: Evolution findet statt, weil biologische Phänomene existieren, die sich selbsterhalten und reproduzieren
„wollen“
.
----
22 Im Falle der biologischen Evolution.
23 Bei Alter und Ego handelt es sich um zwei soziale Positionen während einer Kommunikation. Kommunikation verläuft stets von Alter zu Ego. Antwortet Ego auf eine Mittelung Alters, dann werden die Positionen getauscht, das heißt, Alter wird zu Ego und Ego zu Alter.
24 Interessanterweise spielt dieser Selektionsvorgang in der Luhmannschen Systemtheorie – anders als etwa in der Diskurs-Theorie Foucaults – keine Rolle.
25 Speziell unter Verwandten, Freunden, Bekannten, Geschäftspartnern etc. sind sehr viele unterschiedliche Kommunikations- und Interaktionsweisen denkbar und üblich. Im Folgenden geht es aber in erster Linie um Kommunikationsaufnahmen zwischen gegenseitig fremden Personen beziehungsweise Lebewesen.
26 Dies allein zeigt schon die Problematik des Begriffs der „natürlichen Auslese“. Die Natur an sich agiert niemals aktiv.
27 Alice Walker: „Die Farbe Lila“ (Walker 1984: 141).
28 Reklame-Spruch der Marke DUPLO.
29 Dem entspricht in der Informationstechnologie die Service-orientierte Architektur (SOA), bei der sich Kompetenzen sichtbar machen, um von denen genutzt werden zu können, die an ihnen interessiert sind (Josuttis 2008: 24).
30 In diesem Zusammenhang wird dann auch von einer „intraspezifischen Selektion“ gesprochen, da es nun vorrangig um den Wettbewerb innerhalb einer Population (allgemein: zwischen verschiedenen Anbietern, in der Natur meist: unter den Männchen) geht.
31 Es ist durchaus denkbar, dass in der Natur längst weitere Kommunikationsweisen existieren, die wir aber weder wahrnehmen noch uns mit unseren Gehirnen vorstellen können. Auch könnten sich solche Interaktionsmuster erst noch in einer viel späteren erdgeschichtlichen Ära herausbilden.
32 Simone de Beauvoir behauptet in „Das andere Geschlecht“ (De Beauvoir 2000: 28), „dass der eigentliche Sinn der Unterteilung der Arten in zwei Geschlechter nicht klar ist." Der Sinn der Getrenntgeschlechtlichkeit ergibt sich aber erst, wenn man Sexualität unter kommunikativen Gesichtspunkten betrachtet.
33 Strenggenommen ist sie sogar eine direkte Folge der Ausbildung von Intelligenzfunktionen in der Natur, denn damit werden Individuen lernfähig und könnten dann gegebenenfalls – im Wettbewerb um die Fortpflanzung – eine bisherige Unterlegenheit anderen gegenüber in eine Überlegenheit wandeln.
3 Systeme
Im vorliegenden Kapitel sollen die systemtheoretischen Grundlagen erarbeitet werden, auf denen ein Großteil der späteren Theorien und Ergebnisse fußt. Ich möchte den Ausführungen jedoch ein paar Worte der Warnung voranstellen.
Viele der folgenden Überlegungen sind recht theoretisch und oftmals auch komplex. Wer den Begriff
Weitere Kostenlose Bücher