Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
Vom Netzwerk:
Individuen einer Population unterscheiden sich durch erbliche Zufallsveränderungen in ihrem genetischen Code (
Variation
), die durch Mutationen und genetische Rekombinationen (bei sexueller Reproduktion) im Rahmen der Fortpflanzung entstehen. Durch die natürliche
Selektion
werden diejenigen genetischen Veränderungen, die ihren Träger besser an eine gegebene Umwelt anpassen, häufiger an die nächste Generation weitergegeben (
Vererbung
). Eine Vererbung erworbener Eigenschaften ist dabei ausgeschlossen. Kleinere Veränderungen (
Mikroevolution
) können sich über Jahrmillionen so sehr akkumulieren, dass sie die Entstehung neuer Baupläne des Lebens (Gattungen, Ordnungen, Klassen von Organismen) bewirken. Die
Makroevolution
lässt sich folglich auf mikroevolutive Transformationen zurückführen (Kutschera 2008: 66).
    Die Darwinsche Evolutionstheorie ohne die Annahme einer Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften, doch zuzüglich einiger einfacher genetischer Zusammenhänge, wird
Neodarwinismus
genannt (Kutschera 2008: 61).
    Man könnte das Evolutionsprinzip auch als einen Optimierungsalgorithmus verstehen, der die fortlaufende Anpassung von Populationen an sich gleichfalls verändernde Umgebungen sicherstellt, ein von jeder Absichtlichkeit oder höheren Zweckmäßigkeit freies Verfahren (Wuketits 2005b: 25). Erst die natürliche Selektion verleiht der Evolution so etwas wie eine Richtung (Wuketits 2005b: 58).
    Die Natur implementiert über die Prinzipien der biologischen Evolutionstheorie einige Aspekte der Generationengerechtigkeit. Generationengerechtigkeit bedeutet, dass die heutige Generation der nächsten Generation die Möglichkeit gibt, sich ihre Bedürfnisse mindestens im gleichen Ausmaß wie die heutige Generation zu erfüllen (Tremmel 2005: 98). Anders gesagt: Wenn Individuen gemäß der natürlichen Selektion all das an ihre Nachkommen weiterreichen, was ihnen beim Überleben behilflich war, dann müssen diese Nachkommen im Schnitt gleich gut oder besser als ihre Eltern an diejenige Umwelt angepasst sein, in der die Selektion stattfand (Blackmore 2006: 50). Hat sich diese Umwelt in der Zwischenzeit kaum verändert, dann kann sich die Folgegeneration ihre Bedürfnisse gleich gut oder besser erfüllen als die vorangegangene. Das Prinzip der Generationengerechtigkeit wäre also gewahrt.
    Für Ernst Mayr ist der Gegenstand der Evolutionstheorie die Population 61 inklusive deren reproduktives Verhalten (Mayr 2005: 147 ff.), was ihre unmittelbare Relevanz für demographische Fragestellungen begründet. Für Richard Dawkins (Dawkins 2007: 50f.) ist die Einheit der Selektion hingegen das Gen. Allerdings beschränkt sich die Fortpflanzung von Spezies auf Mitglieder der gleichen Art beziehungsweise sogar der gleichen Population (letzteres erklärt die Artenbildung), so dass eine Evolutionstheorie ohne Populationsgedanken auf Schwierigkeiten stoßen dürfte. Für die moderne Evolutionsbiologie setzt die Selektion am Phänotyp an, die Einheit der Evolution ist aber die Population. (Kutschera 2008: 66).
    Die Ursache dieser unterschiedlichen Auffassungen liegt in den Eigenschaften von Populationen begründet: Bei vielen biologischen Populationen handelt es sich nämlich keineswegs um selbsterhaltende Systeme. Sie besitzen weder eine eigene Identität noch ein eigenständiges Selbsterhaltungsinteresse, und damit auch keine Fortpflanzungshomöostase. Folglich muss deren Evolution von den Individuen ganz allein erbracht werden, weswegen es nahe lag, ein Fortbestandsinteresse (Fortpflanzungsinteresse,Eigennutz) primär bei den Individuen oder gar Teilen von ihnen (in diesem Falle: deren Gene) zu suchen.
    Strenggenommen ist die natürliche Selektion kein Auswahlverfahren, sondern ein Eliminierungsverfahren in Hinblick auf die Fortpflanzung (Mayr 2005: 150), denn es scheiden dabei die am wenigsten gut angepassten Individuen aus, während besser angepasste (tauglichere) Individuen eine größere reproduktive Überlebenschance besitzen. Tauglichkeit sollte aber nicht mit Stärke oder Egoismus verwechselt werden. Auch andere Strategien wie Kooperation oder gar Altruismus können zum Erfolg führen (Wuketits 2005b: 24).
4.2 Fitness
    In der modernen Evolutionsbiologie (
Erweiterte Synthetische Theorie der biologischen Evolution
) wird ein Begriff der Fitness verwendet, der leicht zu Missverständnissen führen kann. So wird als
Darwin-Fitness
,
relative Fitness
oder auch einfach nur
Fitness
eines Individuums der relative

Weitere Kostenlose Bücher