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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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diese Umwelt in irgendeiner Weise angepasst sind (das heißt, ihr gegenüber Kompetenzen besitzen), 3. eine Identität besitzen und sich 4. selbsterhalten wollen. Wie sich solche Systeme im Detail organisieren, ist nicht Gegenstand der Definition.
    49 In vielen Kontexten können verallgemeinernd auch einzelne Menschen als soziale Systeme aufgefasst werden. Günter Grass wäre dann als Künstler genauso ein soziales System wie etwa die Pop-Gruppe „Take That“, und der Mathematiker Grigori Perelman wäre als Wissenschaftler ein soziales System ähnlich einem Team aus Mathematikern oder gar einem ganzen mathematischen Institut. Auf diese Weise kann dann nicht nur manche Darstellung zur Evolution sozialer Systeme gestrafft werden, sondern es dürfte dabei auch deutlicher werden, worum es etwa Wissenschaftlern beim Selbsterhalt geht, nämlich vor allem um Prestige innerhalb der Wissenschaftsgemeinschaft und nur indirekt um die Erlangung lebensnotwendiger Ressourcen beziehungsweise ihre eigene Fortpflanzung.
    50 Selbstverständlich haben Menschen auch noch andere Interessen, zum Beispiel keine Folge von ‚Desperate Housewives’ zu verpassen. Allgemeiner könnte man deshalb von „Eigennutz“ sprechen. Trotzdem soll all dies hier unter dem Oberbegriff „Selbsterhaltungsinteresse“ subsumiert werden.
    51 Beispielsweise als Teil einer Organisation für Familieninteressen.
    52 Luhmann irrt hier meines Erachtens auch noch in einem ganz anderen Punkt: Es ist nicht sinnvoll, alle internen Kommunikationen eines Unternehmens der Gesellschaft zuzurechnen, denn es ist ja gerade ein Merkmal moderner, global operierender Konzerne wie etwa Microsoft, dass solche Organisationen zwar die Services von Gesellschaften nutzen, ansonsten aber vollständig unabhängig von ihnen operieren. Beide gehören also jeweils zur Umwelt des anderen.
    53 In seinem Hauptwerk „Der Wohlstand der Nationen“ rechnete Adam Smith vor, dass ein Nagelmacher, der alles selbst ausführt, pro Tag höchstens ein paar hundert Nägel herstellen kann, während er in einer Nagelfabrik, in der die Arbeiten gemäß dem Prinzip der Arbeitsteilung in kleine Einzelschritte zerlegt sind, umgerechnet mehr als 4.800 Nägel pro Tag produzieren kann (Sennett 2007:44).
    54 Häufig wird gesagt, dies alles geschehe in erster Linie aus Gründen der Profitmaximierung. Eine solche Vorstellung dürfte jedoch zu kurz greifen, zumal sie ganz wesentlich auf moralischen Kategorien wie Gut und Böse basiert.

4 Evolution
    Im wissenschaftlichen Diskurs wird der Begriff Evolution meist im Zusammenhang mit der Evolution des Lebens verwendet. Unter der Evolutionstheorie ist dann entsprechend die biologische Evolutionstheorie – basierend auf den Arbeiten Charles Darwins – gemeint.
    Im folgenden Kapitel wird der Begriff jedoch allgemeiner gefasst. Thematisiert werden unter anderem auch die Evolution der Technik, der Wissenschaften, der Kultur, von Gesellschaften und von Organisationen. Dabei wird versucht, die Gesamtheit der Entwicklungsprozesse durch eine gemeinsame Evolutionstheorie (siehe Abschnitt
Systemische Evolutionstheorie
auf Seite → ) zu beschreiben. Dies hat dann allerdings zur Konsequenz, dass die biologische Evolutionstheorie zunächst in entscheidenden Punkten – und zwar insbesondere beim Selektionsprinzip – modifiziert beziehungsweise anders interpretiert werden muss 55 .
    Falls Sie sich vorher noch nie ernsthaft mit der Evolutionstheorie befasst haben, werden Sie sich möglicherweise fragen: Was soll das? Warum ist es überhaupt wichtig, drei, vier oder vielleicht auch fünf Prinzipien benennen zu können, mit denen sich evolutionäre Entwicklungen beschreiben lassen?
    Grob vereinfacht könnte man sagen: Die Evolutionstheorie ist so etwas wie die Bibel des Atheismus. Sie erklärt nicht die Entstehung des Lebens selbst (also etwa das Aufkommen allererster Bakterienkulturen), sondern die Entwicklung aller komplexen Lebensformen auf der Erde aus ersten einfachen Urzellen heraus.
    Entscheidend dabei ist: Sie behauptet, dass die von ihr genannten Prinzipien den Eingriff eines Schöpfers oder einer höheren Intelligenz in die Evolution des Lebens nicht erforderlich machen. Anders gesagt: Alle Lebewesen auf der Erde sind gemäß ihr ohne externe Planung und Gestaltung (
Design
) eigendynamisch entstanden (siehe dazu die Diskussion im Abschnitt
Einwände gegen die Evolutionstheorie
auf Seite → ).
    Wenn also im Folgenden von Evolutionen – ganz gleich ob biologisch,

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