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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Netz fest. Schließlich haftete er fest am
Stock, und Robbe vermochte ihn leicht aus dem Wasser zu ziehen. Mit
einem triumphierenden Grinsen steckte er sich den Fisch in den Mund.
Dann rührte er mit dem Stock im Klebstoffbeutel der toten Spinne
und tauchte ihn wieder ins Wasser.
    Robbe, der in den Armen von Staub aus der überfallenen
Siedlung gerettet worden war, war nun zwölf Jahre alt –
sieben Jahre jünger als Kieselstein. Seine frühe Kindheit
hatte sich wesentlich von der Kieselsteins unterschieden: Er war die
ganze Zeit auf Wanderschaft gewesen. Jedoch schien Robbe nicht
darunter gelitten zu haben. Vielleicht hatte er sich ans Wandern
gewöhnt wie die Pflanzenfresser, die dem Lauf der Jahreszeiten
folgten. Und er hatte das Meer erreicht. Er war zu schwer zum
Schwimmen – wie sie alle –, doch wann immer Kieselstein ihn
im seichten Wasser in Küstennähe sah, wurde er an einen
verspielten Meeressäuger erinnert.
    Auch elf Jahre nach dem traumatischen Angriff, bei dem sein Vater
ums Leben gekommen war, hatte Kieselstein nichts von Robbes
phantasievoller Verspieltheit.
    Mit neunzehn war Kieselstein voll ausgewachsen und hatte eine so
kompakte und kräftige Statur, wie sein Vater sie besessen hatte.
Aber er war angeschlagen. Sein Körper trug alte Narben von
wilden, verzweifelten Jagdepisoden. Beim Zusammenprall mit einem
Wildpferd hatte er sich einen Rippenbruch zugezogen, der nie richtig
verheilt war. Zeit seines Lebens würde er bei jedem Atemzug
einen diffusen Schmerz verspüren. Und er trug Male von Wunden,
die ihm in vielen Kämpfen von Leuten beigebracht worden
waren.
    Durch den Zwang, schnell erwachsen zu werden, hatte er sich nach
innen gekehrt. Er verbarg seine Gedanken hinter einem zotteligen
Bart, der von Jahr zu Jahr dichter und verfilzter wurde, und die
Augen schienen unter dem dicken Brauenwulst zu verschwinden.
    Und wie bei seinem Vater waren beide Arme von langen,
zerklüfteten Narben gezeichnet.
    Mit einem Seufzer widmete Kieselstein sich wieder der
Überprüfung der Netze und Köder, die er im tiefen
Wasser ausgelegt hatte. Dieser Kieselstrand wurde durch eine lange
Landzunge vorm Meer geschützt, und ein Süßwasser-Bach
tröpfelte über den Felsvorsprung auf den Strand. Das Meer
war das Mittelmeer, und die Küste war die nördliche
Küste Afrikas. Hinter ihm, im Süden, stieg das Land
terrassenförmig an. An diesem Ort hatten Kieselsteins Leute eine
neue Heimat gefunden, auf den grasigen Dünen oberhalb der
Hochwasserlinie in einer Hütte, die sie aus Treibholz und jungen
Baumstämmen errichtet hatten.
    Soweit er wusste, hatte Robbe, der mit Spinnen und ihren Netzen
spielte, eine eigene Technik des Fischens entwickelt. Doch an dieser
tristen Küste hatten sie alle schnell lernen müssen, vom
Meer zu leben. Anfangs hatten sie, der Gewohnheit als
Antilopen-Jäger folgend, versucht, im flachen Wasser Fische und
Delphine zu fangen, die ihnen aber leicht entwischten. Sie waren dem
Verhungern und der Verzweiflung nahe gewesen.
    Bis sie schließlich durch die Beobachtung der Spinnen,
Vögel und Kleintiere auf die richtige Idee gekommen waren.
Dieses Getier verfing sich nämlich hin und wieder in
Büschen oder Röhricht mit klebrigen Blättern oder in
den Ranken von Dickicht.
    Allmählich hatten sie den Gebrauch von Netzen, Fallen und
Schlingen gelernt, die sie aus Rinde und Lederstreifen flochten. Mit
den ersten Versuchen hatten sie mehr Pech als Glück gehabt. Doch
dann hatten sie die Fertigkeit entwickelt, natürliche
Schnüre und Ranken zu verwenden und gelernt, Naturfasern zu
flechten, auszubessern und zu verknüpfen. Und es funktionierte.
Mit etwas Glück gingen ihnen Fische, Tintenfische und
Schildkröten ins Netz. Je weiter sie ins Wasser hinausgingen,
desto ertragreicher wurde der Fang.
    Und es hatte auch funktionieren müssen, sonst wären sie
verhungert.
    Ironischerweise war das Land im Süden, jenseits dieser
Küstenklippen, ein üppiger Flickenteppich aus Wald- und
Grasland, aus Süß- und Salzwassertümpeln. Und es gab
viele Tiere jenseits der Marschen und in den höheren Lagen:
Rothirsche, Pferde und Nashörner und viele kleinere
Körnerfresser. Manchmal kamen die Tiere auf der Suche nach Salz
sogar an den Strand herunter.
    Wenn das Land menschenleer gewesen wäre, dann hätte
Kieselsteins Gruppe sich vielleicht im Paradies gewähnt. Aber
das Land war nun einmal nicht leer, und das war das ganze
Problem.
    Am Horizont war eine Insel, auf die sein Blick sich nun heftete.
Obwohl sie

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