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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schaffung
neuer Symbole mit jeder Generation intelligenter.
    Die ganze Landschaft wurde von solchen Clans bewohnt, die mehr
oder weniger die gleiche Größe hatten. Sie waren alle
sesshaft und blieben am Ort ihrer Geburt, wo schon ihre Eltern und
Großeltern gelebt hatten. Sie vermochten sich untereinander
nicht zu verständigen – wobei viele dieser Gemeinschaften
durch die lange Isolation nicht einmal mehr imstande waren, sich zu
vermischen. Und dort blieben sie, bis sie entweder von
Naturkatastrophen wie Klimaänderungen oder Überschwemmungen
vertrieben wurden – oder von anderen Leuten.
    Das war natürlich auch der eigentliche Grund für das
Entstehen der Clans: um Flüchtlinge fernzuhalten.
    Es war eine harte Zeit für sie gewesen. Nach elf Jahren waren
sie schließlich an diesen Ort gelangt, an diesen Strand und
hatten halt machen müssen, denn hier war das Land zu Ende.
    Plötzlich hörte Kieselstein einen Ruf vom Strand.
»Hey, hey! Hilf, hilf!«
    Kieselstein stand auf und schaute in die Richtung, aus der der Ruf
gekommen war. Er sah zwei bullige Gestalten auf die Hütte
zuwanken. Das waren Hände und Hyäne, wobei der eine durch
seine großen, starken Hände charakterisiert wurde und der
andere durch die Angewohnheit, auf der Jagd wie eine Hyäne zu
lachen. Diese beiden Männer hatten sich Kieselsteins Gruppe auf
der Odyssee angeschlossen. Sie waren am Ende ihrer Kräfte.
Hyäne lehnte sich schwer an die mächtige Schulter seines
Kameraden, und sogar von hier aus hörte Kieselstein Hyänes
pfeifenden Atem.
    Staub kam aus der Hütte. Kieselsteins Mutter war nun in den
späten Dreißigern. Durch die Entbehrungen des langen
Marsches war sie hager und gebeugt, und ihr Haar war weiß und
strähnig. Aber sie klammerte sich zäh ans Leben. Sie
humpelte den Strand entlang zu Hyäne und Hände und rief:
»Stechen, stechen!«
    Hyäne brach auf dem Strand zusammen, und Kieselstein sah eine
Steinaxt in seinem Rücken stecken. Sie halfen ihm wieder auf die
Beine.
    Kieselstein murmelte etwas vor sich hin und folgte seiner Mutter
den Strand entlang.
     
    Als sie Hyäne zur Hütte zurückgebracht hatten,
dämmerte es schon.
    Die Leute gingen in der Hütte umher und bereiteten sich auf
die nächtlichen Aufgaben vor. Die Männer und Frauen
gleichermaßen hatten mächtige Schultermuskeln, die unter
den ledernen Umhängen sich wie Buckel abzeichneten. Sie hatten
bratpfannengroße Hände mit breiten, spateiförmigen
Fingerspitzen. Die dickwandigen Knochen hielten große
Belastungen aus, und die Gelenke waren schwer und massig. Das waren
massive Leute, als ob sie aus der Erde selbst geformt worden
wären.
    Sie mussten stark sein. In einer rauen Umgebung mussten sie ihr
Lebtag hart arbeiten und mit schierer Kraft und emsigem Fleiß
ausgleichen, was ihnen an Gehirnschmalz fehlte.
    Nur wenige erreichten das Lebensende ohne den Schmerz alter Wunden
und Probleme wie Knochenschwund. Es wurde auch kaum jemand älter
als vierzig.
    Hyänes Wunde war unbeachtlich. Nicht einmal der Umstand, dass
er offensichtlich einen Schlag in den Rücken erhalten hatte, und
zwar von einer rivalisierenden Gruppe Hominiden jenseits der Klippen,
sorgte für Aufsehen. Das Leben war hart. Verletzungen waren an
der Tagesordnung.
    In der niedrigen, kleinen Hütte gab es kein Licht außer
dem Feuer und Tageslicht, das durch Ritzen im Flechtwerk der
Wände drang. Es gab auch keine ›Hausordnung‹. An der
Rückwand der Hütte häuften sich Knochen,
Muschelschalen und Essensreste. Werkzeuge, zum Teil zerbrochen oder
erst halbfertig, waren achtlos weggeworfen worden, genauso wie Reste
von Essen, Leder, Holz, Stein und Tierhäuten. Der Boden gab auch
Aufschluss über die Essgewohnheiten der Gruppe: Bananen,
Datteln, Wurzeln und Knollen – vor allem Maniok. Die Erwachsenen
verrichteten ihr Geschäft draußen, um die Fliegen
fernzuhalten. Aber die Kinder mussten erst noch stubenrein werden,
sodass der Boden mit getrocknetem und platt getretenem Kinderkot
übersät war.
    Es gab nicht einmal feste Feuerstellen. Die Spuren alter Feuer
waren als schwarze Kreise aus aufgeschütteten Kieselsteinen und
Sand auf dem Hüttenboden und vor der Hütte zu sehen. Wenn
der Wind drehte oder ein Teil der Hütte einstürzte,
transportierten sie die Glut einfach zu einer anderen Stelle und
bauten eine neue Feuerstelle.
    Ein Mensch hätte sich in der Hütte den Kopf
gestoßen und klaustrophobische Anwandlungen verspürt. Sie
war ein infernalischer Saustall und von einem

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