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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Weile reglos da und betrachtete sie. Es war
niemand zu sehen. Vorsichtig näherte er sich ihr.
    Die oberhalb der Hochwasserlinie errichtete Hütte stand auf
einem Gerüst aus schlanken Baumstämmen, die in den Boden
gerammt waren. Die Stämme waren an der Spitze verflochten…
nein, sie waren zusammengebunden und nicht etwa verflochten,
wie er nun sah – zusammengebunden mit dünnen Sehnen. Auf
diesem Rahmen waren Äste und Palmwedel ausgebreitet worden.
Werkzeuge und Abfälle, die aus der Ferne nicht zu identifizieren
waren, lagen vor der runden Öffnung der Hütte herum.
    Die Hütte war nichts Besonderes. Sie war etwas
größer als seine und bot vielleicht Platz für zwanzig
Leute, aber das schien auch der einzige Unterschied zu sein.
    Der Schutt auf dem festgestampften Boden um den Eingang der
Hütte knirschte unter den Füßen. Mit großen
Augen betrat er das Innere der Hütte. Es roch stark nach
Asche.
    Die Hütte war nicht dunkel, sondern sie wurde von einem
warmen braunen Licht erfüllt. Er sah, dass ein Loch in eine Wand
gebrochen war. Eine dünn geschabte Tierhaut war vor das Loch
gespannt, sodass der Wind draußen gehalten wurde, nicht aber
das Licht. Er unterzog die Haut einer kurzen Musterung und suchte
nach den Eindrücken und Kratzern von Zähnen, sah aber
keine. Wie sollte man Leder ohne Zuhilfenahme der Zähne
gerben?
    Er schaute sich um. Es lag Kot auf dem Boden: von Kindern und
anscheinend auch von Wölfen oder Hyänen. Und es lagen
Essensabfälle herum, hauptsächlich Muschelschalen und
Fischgräten. Aber er sah auch Tierknochen, an denen zum Teil
noch Fleischfetzen hafteten. Sie stammten vor allem von kleinen
Tieren, vielleicht vom Schwein oder vom Hirsch, doch selbst das
erweckte in ihm einen Anflug von Neid. Soweit er wusste, teilten die
wilden Leute im Landesinnern die Erzeugnisse des Waldes und des
Graslands mit niemandem.
    Er setzte sich im Schneidersitz hin und ließ den Blick
schweifen, während die Augen sich langsam ans Dämmerlicht
anpassten.
    Er sah die Überreste einer Feuerstelle, nur einen schwarzen
Kreis auf dem Boden. Die Asche war noch heiß und schwelte
stellenweise noch. Vorsichtig fuhr er mit dem Finger am Umfang der
Feuerstelle entlang. Der Finger versank in Ascheschichten. Nun sah
er, dass eine Grube im Boden ausgehoben worden war, wie die Gruben,
in die man eine tote Person senkte. Aber diese Grube war gegraben
worden, um das Feuer zu beherbergen. Die Asche war dicht, und er sah,
dass das Feuer vieler Tage und Nächte diese dichte
Anhäufung bewirkt hatte. Und auf der dem Eingang zugewandten
Seite der Grube, wo der Abzug am stärksten war, hatte man einen
niedrigen Wall aus Kieselsteinen errichtet.
    Das war ein Herd, einer der ersten richtigen Herde, die auf der
Welt gebaut wurden. So etwas hatte Kieselstein noch nie gesehen.
    Er sah, dass Schichten einer braunen Substanz den Boden bedeckten.
Zaghaft berührte er eine dieser Schichten. Sie erwies sich als
Rinde. Aber die Rinde war sorgfältig vom Baum abgezogen und
irgendwie behandelt, geflochten und geformt worden, sodass diese
weiche Decke herausgekommen war. Er lüftete die Rindendecke und
sah ein Loch im Boden. Das Loch war mit Nahrung gefüllt, mit
einer ganzen Menge Maniokknollen.
    Dann stieß er auf Werkzeug. Ein Haufen Splitter sagte ihm,
dass an diesem Ort gewohnheitsmäßig Steinwerkzeuge
gefertigt wurden. Er durchwühlte die Werkzeuge. Ein paar waren
erst halbfertig. Aber es gab Werkzeug in einer verwirrenden Vielfalt:
Er sah Äxte, Hacken, Spitzhacken, Hammer-Steine, Messer,
Schaber, Bohrer – und andere Ausführungen, deren Zweck er
nicht erraten konnte.
    Nun fiel sein Blick auf etwas, das wie eine gewöhnliche Axt
aussah: eine Steinklinge, die an einem hölzernen Stiel befestigt
war. Aber die Schneide war mit einer Liane so fest umwickelt, dass er
sie nicht zu lösen vermochte. Er hatte schon gesehen, dass
Lianen andere Pflanzen förmlich strangulierten. Es war, als ob
jemand diese Axtschneide und den Stiel einer lebenden Liane
überantwortet und dann gewartet hätte, bis die Pflanze sich
der Artefakte bemächtigt und sie fester zusammengebunden hatte,
als eine Hand das je vermocht hätte.
    Und hier war ein Geflecht wie dasjenige, das Harpune am Strand
getragen hatte. Es war ein Beutel, der Stein- und Knochenwerkzeuge
enthielt. Versuchsweise hob er den Beutel auf und legte ihn sich
über die Schulter, wie er es bei Harpune gesehen hatte.
Kieselsteins Leute fertigten keine Beutel. Sie trugen nur das bei
sich,

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