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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Knochenwerkzeuge,
Fleisch aus dem Landesinnern, Mark, Leder und exotische Delikatessen
wie Honig.
    Trotz der offensichtlichen Vorteile der neuen Beziehung hatten
viele von Kieselsteins Leuten Bedenken. Hände und Robbe hatten
die Möglichkeiten der neuen Werkzeuge erforscht. Staub, die
schnell alterte, schien in Apathie versunken. Doch Schrei stand den
neuen Leuten unverhohlen feindselig gegenüber, insbesondere
Harpune. So haben wir das noch nie gemacht. Wo kämen wir denn
da hin.
    Sie waren schließlich ausgesprochen konservative Leute,
Leute, die nur dann umzogen, wenn sie von einer Eiszeit oder einem
überlegenen Feind dazu gezwungen wurden. Dennoch handelten sie,
denn die Vorteile waren unbestreitbar.
    Harpune hatte Ko-Ko deshalb davon abzuhalten vermocht, Kieselstein
zu töten, weil für diese Leute ein Fremder nicht
notwendigerweise eine Bedrohung bedeutete. So musste man auch denken,
wenn man Handel treiben wollte.
    Für Hominiden war das eine revolutionäre Denkweise.
Allerdings war Harpunes Art auch erst fünftausend Jahre alt.
    Es hatte eine Gruppe von Leuten gegeben, Kieselsteins Leuten nicht
unähnlich, die an einem Strand, diesem nicht unähnlich, an
der Ostküste Südafrikas gelebt hatte. Der Strand war mit
gelbbraunen Felsbrocken aus Sedimentgestein übersät. Die
Vegetation war nur in jenem Teil der Welt heimisch – eine alte
Flora, die an Streuners Zeit erinnerte und vorwiegend aus
Büschen und Bäumen bestand, die mit großen stachligen
Blüten besetzt waren. Es war ein guter Ort zum Leben. Das Meer
bot Nahrung in Hülle und Fülle: Muscheln, Krebse, Fische
und Seevögel. Stellenweise erstreckte der Wald sich bis zur
Küste hinunter und hallte von den Schreien von Affen und
Vögeln wider. Und im Grasland gab es Wild in Hülle und
Fülle: Nashörner, Springböcke, Wildschweine, Elefanten
sowie langhornige Büffel und Riesenpferde.
    Hier hatten Harpunes Vorfahren ein Zuhause in der Nähe des
Meers gehabt. Wie Kieselsteins Leute hatten sie dort seit
unzähligen Generationen gelebt, deren Knochen sich in der Erde
stapelten. Von hier aus durchstreiften sie die Landschaft, wobei sie
sich aber höchstens ein paar Kilometer von zu Hause
entfernten.
    Dann war mit plötzlicher Wucht das Klima umgeschlagen. Der
Meeresspiegel war angestiegen, und die uralte Heimat war
überflutet worden. Wie Kieselsteins Gruppe hatten sie fliehen
müssen. Und wie Kieselsteins Gruppe waren sie in einem
überfüllten Land isoliert gewesen und wussten nicht, wo sie
hingehen sollten.
    Mit jedem Schritt, den sie sich von zu Hause entfernten, waren sie
ängstlicher und verwirrter geworden. Viele waren gestorben.
Viele Kinder, die in den Armen verhungernder
Flüchtlingsmütter lagen, überlebten nicht lang nach
der Geburt.
    Schließlich waren sie in ihrer Verzweiflung einem Fluss
gefolgt. Sie erreichten die Flussmündung, wo es dichte
Mangrovenwälder gab. Hier konnten sie bleiben, weil dieser Ort
von niemandem sonst beansprucht wurde. Der Erdboden war
großenteils mit brackigem braunem Wasser bedeckt, in dem
Krokodile schwammen. Im feuchten Fiebersumpf wimmelte es nur so von
Echsen, Schlangen und Insekten, von denen viele – sogar die
Wanderameisen – sich verschworen zu haben schienen, die Leute zu
vertreiben.
    Immerhin gab es Nahrung in Form von Wasserlilienwurzeln,
-schösslingen und -stielen. Sogar Mangroven-Früchte wurden
von den Hungernden verzehrt. Aber es gab fast kein Fleisch. Und es
gab auch nirgends Steine für die Werkzeugfertigung. Es war, als
ob sie auf einer großen, durchnässten Matte aus Vegetation
zu überleben versucht hätten.
    Die aus ihrer gewohnten Umgebung vertriebenen Leute wären
vielleicht innerhalb einer Generation ausgestorben, wenn sie sich
nicht angepasst hätten.
    Es hatte eigentlich ganz unspektakulär begonnen. Eine Frau,
Harpunes Urahnin, war im Flusstal weit stromaufwärts gegangen
und hatte schließlich trockeneres Land erreicht. Hier in den
Flutebenen und saisonalen Sümpfen unterstützte der gut
bewässerte, mineralreiche Boden das Wachstum vieler
einjähriger Pflanzen, Kräuter, Gemüse, Ranken,
Blüten und Pfeilwurzeln. Nach den Jahren im Sumpf hatte sie ein
Geschick dafür entwickelt, mit primitiven Holzwerkzeugen und den
bloßen Händen Nahrung in morastigem, schwierigem
Gelände zu suchen. Sie hatte sich schon den Bauch voll
geschlagen und sammelte Wurzeln, die sie ihren Kindern mitbringen
wollte.
    Und dann begegnete sie dem Fremden. Der Mann aus einer anderen
Gruppe weiter

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