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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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Acta
steht ihr noch immer zur Seite, auch wenn er gern einen über den
Durst trinkt. Und Tori weiß nicht einmal, dass mein Kind von
ihm ist. Wenn ihr Baby schon in ein Loch geschoben wird, was
werden sie dann erst mit meinem machen?«
    Sion schüttelte in der staubigen Dunkelheit den Kopf.
»So darfst du nicht reden. Sheb hatte Recht. Es war keine
Person; nicht, solang es keinen Namen hatte.«
    »Sie haben ihn getötet.«
    »Nein. Sie konnten es nicht leben lassen. Wenn nämlich
alle Babys leben dürften, gäbe es nicht mehr genug zu
essen, und dann müssten wir alle sterben. Du weist, dass das
wahr ist. Da kann man nichts machen.«
    Das war eine uralte Weisheit, die ihnen seit der Geburt
eingehämmert wurde: ein Nachhall der Jahrzehntausende
menschlicher Subsistenzwirtschaft. Jo’on und Leda waren auch
schon damit konfrontiert worden. Genauso wie Roods Leute. Das war der
Preis, den man zahlte. Aber in jeder Generation gab es welche,
für die dieser Preis zu hoch war.
    »Das ist mir egal«, sagte Juna.
    Sion ergriff die Hand ihrer Schwester. »Du kannst nicht
gehen. Du musst hier gebären. Lass dir von den Frauen helfen.
Und wenn sie beschließen, dass es nicht der rechte Zeitpunkt
sei…«
    »Aber ich bin nicht wie Pepule«, sagte Juna
betrübt. »Es wird mir nicht gelingen, darauf zu
verzichten. Das weiß ich jetzt schon.« Sie schaute
ihrer Schwester ins Gesicht. »Stimmt vielleicht etwas nicht mit
mir? Wieso bin ich nicht so stark wie unsere Mutter? Ich habe das
Gefühl, dass ich mein Baby jetzt schon so sehr liebe, wie Pepule
dich und mich je geliebt hat. Ich weiß, wenn sie es mir
wegnehmen, dann könnte ich mich gleich auch ins Loch legen, weil
ich ohne…«
    »Sag doch nicht so was«, sagte Sion.
    »Ich werde morgen früh gehen«, sagte Juna mit
bemüht fester Stimme. »Ich werde einen Speer mitnehmen. Das
ist alles, was ich brauche.«
    »Wohin willst du überhaupt gehen? Du kannst doch nicht
allein leben – und schon gar nicht mit einem Baby an der Brust.
Und wo auch immer du hinkommst, werden die Leute dich mit Steinen
vertreiben. Das weißt du. Wir würden das Gleiche
tun.«
    Einen Ort gibt es aber, sagte Juna sich, wo die Leute zumindest
anders sind, wo sie ihre Babys – vielleicht – nicht
ermorden und von wo die Leute mich vielleicht nicht vertreiben
werden.
    »Komm mit mir, Sion. Bitte.«
    Sion, deren Tränen schon wieder trockneten, zog sich
zurück. »Nein. Wenn du dich umbringen willst, dann…
dann respektiere ich deine Entscheidung. Aber ich will nicht mit dir
sterben.«
    »Dann wäre also alles gesagt.«
     
    Sie hatte nichts bei sich außer einem Speer und einer
Speerschleuder und war mit einem einfachen Leibchen aus gegerbtem
Ziegenleder bekleidet, sodass sie kaum Ballast hatte und trotz der
ungewohnten Bürde im Bauch schnell vorankam.
    Das Land war so trocken, dass Cahls Fußspuren noch gut
erhalten waren. Hier und da stieß sie auch auf andere Spuren
von ihm – halb eingetrocknete Urinpfützen, Kothaufen. Die
Verfolgung von Bier-Männern schien eine leichte Übung zu
sein.
    Sogar weit außerhalb des Dorfes, außerhalb des
Bereichs, in dem die Jäger normalerweise ausschwärmten, war
das Land leer.
    Nach Jahnas Zeit hatte das Eis sich wieder in arktische Breiten
zurückgezogen. Die Wälder hatten sich nordwärts
ausgebreitet und die alte Tundra begrünt. Und in der ganzen
Alten Welt schwärmten die Leute aus den Refugien aus, in denen
sie den großen Winter verbracht hatten, von Inseln relativer
Wärme wie dem Balkan, der Ukraine und der Iberischen Halbinsel.
Schnell füllten ihre Kinder die riesigen entvölkerten
Ebenen Europas und Asiens.
    Aber es war nicht mehr so wie beim letzten Mal, als die Eismassen
sich zurückgezogen hatte.
    In Australien hatte es nach Ejans Ankunft gerade einmal
fünftausend Jahre gedauert, um die Megafauna zu vernichten
– die Riesenkängurus, Reptilien und Vögel.
Überall, wohin die Menschen nun gingen, hinterließen sie
eine ähnliche Spur der Verwüstung.
    In Nordamerika hatte es Bodenfaultiere mit der Größe
von Rhinozerossen gegeben, Riesenkamele und Bisons mit spitzen
Hörnern, deren Abstand von Spitze zu Spitze mehr als die
Armspanne eines ausgewachsenen Manns betrug. Diese großen Tiere
waren die Beute von muskulösen Jaguaren, Säbelzahntigern,
Wölfen mit Zähnen, die Knochen zu knacken vermochten und
den schrecklichen kleingesichtigen Bären. Die amerikanischen
Prärien mochten wie die afrikanische Serengeti in späteren
Zeiten angemutet

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