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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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und auf den Boden drücken würde. Obwohl sie sich
innerlich für diese Begegnung gewappnet hatte und in ihrer
Vorstellung Herrin der Lage war, kam es nun doch ganz anders als
gedacht.
    »Keine Antwort?«, sagte er. »Dann sag ich’s
dir. Du willst etwas von mir.« Er kam auf sie zu und ließ
den Blick über ihren Körper schweifen. »So verdiene
ich meinen Lebensunterhalt. Jeder will irgendetwas. Und wenn ich erst
einmal herausgefunden habe, was das ist, bringe ich jeden dazu, das
zu tun, was ich will.«
    »Wie Acta Bier will«, brachte sie mühsam
hervor.
    Er grinste. »Du hast es kapiert. Gut. Wie Acta willst du also
etwas von mir. Aber du wirst es nicht kriegen, kleines Mädchen,
solange du nicht weißt, was ich von dir will.« Er ging um
sie herum und fuhr ihr mit den Fingern übers Hinterteil.
»Du bist zu dürr für meinen Geschmack. Mager. Kommt
wohl daher, dass du immer den wilden Ziegen hinterher jagst.« Er
gähnte, streckte sich und ließ den Blick in die Ferne
schweifen. »Ehrlich gesagt, Kind, ich bin noch ganz fertig
davon, es deiner fetten Mutter zu besorgen…«
    Impulsiv zog sie ihr Hemd hoch und zeigte ihm den Bauch.
    Verblüfft strich er ihr mit der Hand über den Leib und
spürte die Wölbung. Er hatte eine eigentümlich weiche
Hand ohne Schwielen. »Wusste ich’s doch«, sagte er
schwer atmend, »dass irgendetwas mit dir los war. Ich muss gute
Instinkte haben. Nun weißt du Bescheid. Meine seltsame Vorliebe
für schwangere Säue, das ist meine einzige
Schwäche…« Er strich sich übers Kinn. »Aber
ich weiß immer noch nicht, was du willst. Ich glaube
nicht, dass es der verlockende Gedanke meines dicken Bauchs auf
deinem Rücken ist…«
    »Das Baby«, platzte sie heraus. »Sie haben es
getötet.«
    »Welches Baby?… Ach so. Das deiner Mutter. Sie durfte
ihr Kalb nicht behalten, eh? Ich weiß, dass ihr Tiere das
macht, eure Jungen zu töten. Man sagt sogar, ihr würdet die
zarten kleinen Körper auffressen.« Er musterte sie
berechnend. »Ich glaube, ich verstehe. Wenn du dein Kind
bekommst, werden sie es dir auch wegnehmen. Deshalb bist du also
einem gierigen Sack wie mir nachgelaufen – um dein ungeborenes
Kind zu retten.« Es erschien ein flüchtiger Ausdruck in
seinem Gesicht, den sie als Sympathie deutete.
    »Man sagt…«, murmelte sie.
    »Ja?«
    »Man sagt, bei euch würden keine Babys
getötet.«
    Er zuckte die Achseln. »Wir haben reichlich Nahrung. Wir
müssen nicht den ganzen Tag damit zubringen, Kaninchen hinterher
zu jagen, wie ihr Leute das tut. Deshalb müssen wir unsre
Kinder nicht ermorden.«
    Sie fragte sich, wie dieses Wunder wohl zustande kam: Cahls Leute
mussten wirklich einen mächtigen Schamanen haben.
    Doch diese kurze Aufhellung in Cahls Gesicht war schon wieder
verschwunden und einer Art verzweifelter Gier gewichen. Er ging zu
ihr hin, fasste ihr an die Brust und kniff sie so fest, dass sie
aufschrie. »Wenn du mit mir kommst, wird es hart für dich
werden. Unsre Art zu leben« – er wies mit ausladender Geste
auf die offene Ebene – »ist anders als das hier.
Mehr, als du dir vorzustellen vermagst. Und du wirst tun müssen,
was ich sage. So läuft das bei uns.«
    Sie roch seinen Atem, schloss die Augen und blendete sein
pockennarbiges Mondgesicht aus. Sie wusste, dass das der
entscheidende Punkt war. Sie vermochte sich noch immer umzudrehen und
nach Hause zurückzulaufen. Aber das wäre dann das
Todesurteil für ihr Baby. Wenn Acta und Pepule es herausfanden,
würden sie vielleicht sogar versuchen, es aus ihr
herauszuprügeln.
    »Ich will tun, was du sagst«, beeilte sie sich zu sagen.
Was konnte es Schlimmeres geben?
    »Gut«, sagte er. Sein Atem ging in kurzen heißen
Stößen. »Und nun lass uns zur Sache kommen. Knie
dich hin!«
    So begann es, hier im Dreck. Sie war nur froh, dass niemand, der
ihr etwas bedeutete, sie so sah.

 
II
     
     
    Er lud ihr das Fleisch auf, den Beutel mit den Wurzeln und den
leeren Biersack. Er sagte, so sei das üblich, bei ihm zu Hause.
Die Last war nicht schwer – das Fleisch war nicht mehr als die
mickrige Beute, die die Männer gestern mitgebracht hatten
–, aber es mutete Juna doch seltsam an, dass sie mit dem Fleisch
über der Schulter hinter Cahl hertrotten sollte, während er
voranging und linkisch ihren Speer schwenkte.
    Bald hatten sie ihr vertrautes Territorium hinter sich gelassen.
Es wurde ihr mulmig bei der Vorstellung, dass sie nun ein Land
betrat, in das wahrscheinlich keiner ihrer Vorfahren je den

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