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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie Schritte macht. Ich
spüre ihre Füße.«
    »Wenn Sie eine behaarte Brust hätten, würde sie
sich wahrscheinlich daran festhalten und auf Ihnen umher kriechen.
Und wenn Sie eine ruckartige Bewegung machten, würde sie umso
fester zupacken.«
    »Für den Fall, dass ich durch den Wald rennte…
Schauen Sie, sie beruhigt sich.«
    »Warten Sie noch zwanzig Minuten, und sie wird Ihnen die
Zunge rausstrecken.«
    Joan hatte das Gefühl zu schweben, als ob nichts mehr real
wäre außer dem verletzlichen warmen Bündel in ihren
Armen. »Ich weiß, dass das alles angeboren ist. Ich
weiß, dass ich umprogrammiert wurde, damit ich diesen feuchten
kleinen Parasiten nicht abschüttle. Und doch…«
    Alyce legte Joan die Hand auf die Schulter. »Und doch hat Ihr
ganzes Leben sich darum gedreht, nur dass Sie es nicht gewusst
haben.«
    »Ja.«
    Ein Piepen ertönte. Alyce zog ein Mobiltelefon aus der
Tasche. Auf dem Display erschienen helle Bilder und schemenhafte
Bewegung.
    »Wir haben das Krankenhaus gleich erreicht«, sagte ein
Raumanzug zu Joan. »Sie brauchen keine Angst zu haben. Es gibt
dort einen sicheren, geschützten Eingang.«
    Joan wiegte das Baby. »Dann ist Lucy gerade durch einen
langen dunklen Tunnel gegangen, nur um gleich wieder den
nächsten zu betreten.«
    Der Raumanzug hielt inne. »Lucy?«
    »Welcher Name wäre passender für ein
Primaten-Mädchen?«
    Alyce rang sich ein Lächeln ab. »Joan, Sie sind nicht
die einzige neue Mutter.«
    »Wie?«
    »Ian Maughans Robot-Arbeiter auf dem Mars ist es gelungen,
eine voll funktionsfähige Kopie von sich selbst zu bauen…
Er hat es geschafft, sich zu reproduzieren. Dem Tenor des Texts nach
zu urteilen ist er sehr glücklich.«
    »Er hat Ihnen das getextet?«
    »Sie wissen doch, wie diese Leute sind. Der Rest der Welt
kann zum Teufel gehen, solang ihre neusten Gimmicks nur
planmäßig funktionieren… Oh. Die Viert-Weltler haben
Alison Scotts Schimäre getötet. Ich kann mir vorstellen,
dass sie sie für eine Entartung gehalten haben. Aber ich frage
mich, wofür sie sich gehalten hat.«
    »Ich glaube, sie wollte nur Sicherheit, wie wir
alle.«
    Joan schaute auf ihr Baby. Vor ein paar Herzschlägen war eine
neue Welt entstanden – während eine andere unterging.
    »Wir waren dicht dran, oder, Alyce? Die Konferenz und das
Manifest. Es hätte funktionieren können, nicht
wahr?«
    »Ja, das glaube ich auch.«
    »Wir hatten nur zuwenig Zeit, das war alles.«
    »Ja. Und wir hatten obendrein Pech. Aber wir dürfen die
Hoffnung nicht aufgeben, Joan.«
    »Nein. Die dürfen wir nie aufgeben.«
    Der Krankenwagen hielt an. Die Türen wurden aufgerissen und
kühle Luft strömte herein. Noch mehr Raumanzüge
erschienen, schoben Alyce beiseite und legten Joan auf eine Trage.
Sie wollten ihr das Baby abnehmen, aber sie gab es nicht her.
     
    Die Geologen hatten schon lange gewusst, dass die Erde für
einen großen Vulkanausbruch überfällig war.
    Der Ausbruch von Rabaul im Jahr 2031 war nicht die stärkste
bekannte Eruption und nicht einmal die schlimmste seit dem Beginn der
Aufzeichnungen. Dennoch war Rabaul viel stärker gewesen als der
Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991, wodurch die
Erde sich um ein halbes Grad abgekühlt hatte. Er war auch
schlimmer als die Explosion des Tambora in Indonesien im Jahr 1815,
das in Amerika und Europa als das ›Jahr ohne Sommer‹
gegolten hatte. Rabaul war das größte vulkanische Ereignis
seit dem sechsten Jahrhundert nach Christi und eins der
größten der letzten fünfzigtausend Jahre. Rabaul war
respektabel.
    Klimaänderungen verliefen nicht immer gleitend und verhielten
sich auch nicht immer proportional zur Ursache. Die Erde neigte zu
plötzlichen und drastischen Änderungen des Klimas und der
Ökologie und zum abrupten Wechsel von einem stabilen Zustand in
den anderen, sodass selbst kleine Störungen unter Umständen
gravierende Auswirkungen hatten.
    Rabaul war eine solche Störung. Und es sollte keine kleine
Störung werden.
    Es war allerdings nicht Rabauls Schuld. Der Vulkan brachte das
Fass nur zum Überlaufen. Durch das enorme
Bevölkerungswachstum waren alle Ökosysteme ohnehin schon
bis zur Bruchgrenze beansprucht. Es war nicht einmal Pech. Wenn es
nicht Rabaul gewesen wäre, dann eben ein anderer Vulkan, ein
Erdbeben, ein Asteroid oder sonst etwas.
    Und als die natürlichen Grundlagen des Planeten
zusammenbrachen, mussten die Menschen feststellen, dass sie noch
immer nur in ein Ökosystem eingebettete Tiere

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