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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
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chemischen
›Hexenküche‹, wobei in den toten Meeren komplexe
organische Moleküle synthetisiert wurden. Es war ein langes
Vorspiel zum Leben, das ohne die Kometen niemals stattgefunden
hätte. Im neuen Sonnensystem liefen die übrigen Planeten
und Monde auf fast kreisförmigen Bahnen wie ein großes
Uhrwerk. Die meisten anderen Objekte, die erratischen Pfaden folgten,
waren ausgesondert worden.
    Wie gesagt, die meisten.
    Das Ding, das aus dem Dunkel kam und dessen Oberfläche aus
schmutziger Schlacke in der Sonnenhitze blubberte, war wie eine
Erinnerung an die traumatische Entstehung der Erde.
    Oder wie ein Albtraum.
    In menschlichen Zeiten war die Halbinsel Yucatan eine Landzunge,
die im Norden Mexikos in den Golf ragte. An der Nordküste der
Halbinsel gab es ein kleines Fischerdorf namens Chicxulub (Tschik-schu-lub ausgesprochen). Es war ein öder Ort,
eine Kalksteinebene, die mit Abflüssen und Quellen durchsetzt
und mit Agavenplantagen und Büschen bewachsen war.
    Vor fünfundsechzig Millionen Jahren – im feucht-warmen
Dinosaurier-Zeitalter – hatte sich hier ein Meer ausgebreitet.
Die Küstenebenen des Golfs von Mexiko waren bis zum Vorgebirge
der Sierra Madre Orientale überflutet gewesen. Die flache
Halbinsel Yucatan hatte fast hundert Meter unter Wasser gestanden.
Die Sedimente, die später Kuba und Haiti bilden würden,
waren Teil des Tiefseebodens und sollten erst noch durch Auffaltungen
an die Oberfläche gehoben werden.
    In einem Zeitalter, das von warmen Meeren beherrscht wurde, war
das überflutete Chicxulub ein beliebiger Punkt auf der
Landkarte. Doch genau an dieser Stelle sollte eine Welt
untergehen.
    Chicxulub ist ein Wort aus der Maya-Sprache, ein uraltes Wort, das
von einem untergegangenen Volk geprägt wurde. Nach dem
Verschwinden der Mayas vermochte niemand seine Bedeutung
wiederzugeben. Örtlichen Legenden zufolge bedeutete es ›der
Teufelsschweif‹.
    In der Endphase flog der Komet aus südwestlicher Richtung an
und überflog den Atlantik und Südamerika.

 
II
     
     
    Im klaren, flachen Wasser kreuzten die Ammoniten. Dieser
Meeresboden-Jäger sah aus wie eine Schnecke mit einem
gekammerten Spiralgehäuse von der Größe eines
Traktorreifens, aus dem Fangarme und ein Kopf hervorlugten. Der
heranwachsende Ammonit hatte immer mehr Kammern ›angebaut‹,
die dem Auftrieb und der Steuerung dienten.
    Der Ammonit bewegte sich mit erstaunlicher Eleganz und schraubte
sich mit der aufrechten Spirale durchs Wasser. Und er nahm seine
Umwelt mit großen intelligenten Augen wahr.
    Das von der Sonne beschienene Meer war voller Leben und mit
Plankton gesättigt. Zahlreiche der hiesigen Lebewesen -Austern,
Muscheln und viele Fischarten – wären den Menschen bekannt
vorgekommen. Andere hingegen nicht: Es gab viele alte
Tintenfisch-Spezies und besagte Ammoniten. Und nicht zuletzt riesige
Wasserreptilien, Mosasaurier und Plesiosaurier – die Delphine
und Wale jenes Erdzeitalters –, die als verschwommene Schemen in
den blauen Tiefen des Meers kreuzten.
    Als es hell wurde, stiegen immer mehr Ammoniten auf und hingen wie
Glocken im klaren Wasser.
    Dann machte der Ammonit eine Bewegung im Meeresboden aus. Er
stieß schnell hinab und fuhr tastende Tentakel aus dem
Gehäuse. Anhand der visuellen und haptischen Eindrücke
ermittelte er, dass es sich bei dem Ding, das unter dem
grobkörnigen Sand umherhuschte, um eine Krabbe handelte. Weitere
Arme schoben sich aus dem Gehäuse und umschlangen das
Krustentier, wobei winzige Haken an den Armen für einen festen
Griff sorgten. Die Krabbe wurde mühelos aus dem weichen
Meeresboden gezogen. Der Ammonit fuhr einen massiven vogelartigen
Schnabel aus und biss der Krabbe zwischen den Augen in die Schale.
Dann injizierte er Verdauungssäfte in die Schale und saugte die
sich rasch bildende Suppe aus.
    Die Fleischpartikel, die sich im Wasser verteilten, lockten
weitere Ammoniten an.
    Doch dann sah der Ammonit mit der Krabbe einen Schatten über
sich – einen Schatten mit einer Schnauze und Flossen, der
schnell Gestalt annahm. Es handelte sich um einen Elasmosaurier, ein
Meeresreptil mit einem schlauchartigen Hals, das ein Verwandter des
Plesiosaurus war. Der Ammonit ließ die Beute fahren und verzog
sich ins Gehäuse. Die Öffnung im Gehäuse wurde mit
einem massiven Pfropf aus schnell aushärtendem Gewebe
verschlossen.
    Der Elasmosaurus stürzte sich auf den Ammoniten, drehte das
Gehäuse um und spannte es an der ›Nabe‹ der Spirale
zwischen den starken Kiefern

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