Evolution
war
noch eins der jüngsten Weibchen. Er befingerte seinen schnell
anschwellenden Penis und schickte sich an, sie zu nehmen.
Und plötzlich fiel Noth – jung, kraftvoll und geil
– aus der Luft und landete vor Solos Füßen. Solo
drehte sich wie ein Geschützturm zum neuen Herausforderer
um.
Noth hatte nicht gewusst, dass Solo hier war. Aber er erinnerte
sich an ihn. Er hatte weder eine Vorstellung von gestern und morgen
noch eine zusammenhängende Erinnerung; sie war eher wie eine
Galerie lebendiger Bilder auf der Grundlage visueller und
Geruchs-Eindrücke. Jedoch löste Solos intensiver Gestank
eine Bilderflut in ihm aus – bruchstückhafte und
streiflichtartige Impressionen jenes schrecklichen Tages in einem
anderen Teil des Waldes, des verzweifelten Geheuls seiner Mutter, als
sie in eine Grube aus Zähnen stürzte.
Widerstreitende Impulse wallten in ihm auf. Er sollte sich in
Positur werfen und kräftig stinken – oder er sollte dieser
starken Kreatur eine Demutsgeste zeigen, wie Rivale sich ihm
unterworfen hatte.
Doch keine der Alternativen schien auf Solo anwendbar zu
sein. Er befolgte keine der ungeschriebenen Regeln, die die
Gesellschaft der Notharctus zusammenhielt. Soeben hatte er das
dominierende Männchen der Sippe verstümmelt. Solo
würde sich mit einem symbolischen Sieg sicher nicht zufrieden
geben. Solo würde ihn verwunden, wenn nicht gar töten
wollen.
Und hier war Rechts, Noths einzige Verwandte, die im Laub zu Solos
Füßen kauerte. Hier waren die Weibchen, mit denen er ein
halbes Jahr zusammengelebt hatte und deren angeschwollene Vaginas ihn
seit Tagen und Wochen voller Vorfreude mit Lust erfüllt hatten
– und hier war dieses Ungeheuer, Solo, der alles zerstört
hatte, mit dem er aufgewachsen war.
Er richtete sich auf und stieß ein Heulen aus.
Solo hielt erschrocken inne.
Noths Handgelenke und Genitalien juckten vor Moschus. Er warf sich
für eine Sekunde in Positur, eine verkürzte Demonstration
seiner Kraft und Jugend. Dann senkte er blindlings und ohne zu
wissen, was er tat, den Kopf und stieß ihn Solo in den Bauch.
Mit einem erstickten Schrei wurde Solo zurückgeworfen und fiel
rücklings auf einen Blätterhaufen.
Wenn er sofort nachgesetzt hätte, dann hätte Noth mit
diesem Überraschungsangriff vielleicht Erfolg gehabt. Aber er
hatte noch nie in seinem Leben einen körperlichen Kampf
ausgetragen. Und dann warf Solo sich mit den Instinkten eines
erfahrenen Kämpfers herum und stieß Noth das Knie gegen
die Schläfe. Noth fiel um und suchte instinktiv nach einem Halt.
Eine schwere Masse krachte ihm auf den Rücken und drückte
ihn gegen die Rinde. Und dann spürte North, wie Solos
Schneidezähne sich ins weiche Fleisch im Nacken gruben. Er
schrie auf vor Schmerz, krümmte sich und schlug um sich. Er
vermochte Solo nicht abzuschütteln – aber durch die
heftigen Bewegungen fielen beide vom Ast.
Schreiend brach Noth durch Schichten aus Blättern und
Zweigen, während Solo ihm noch immer die Zähne in den
Nacken geschlagen hatte.
Sie krachten auf den Boden, wobei der Fall durch die Schicht aus
vermodertem Laub kaum gedämpft wurde. Immerhin wurde Noth Solo
los, nachdem der ihm noch einmal in die Schulter gebissen hatte. Dann
erging Solo sich seinerseits in Drohgebärden. Er stieß ein
drohendes Knurren aus, richtete sich auf und schlug mit den kleinen
Fäusten auf den Kompost zu seinen Füßen. Laubreste
stoben auf und hüllten ihn in einer losen Wolke ein.
Es war ein Kampf zweier kleiner Kreaturen. Doch selbst viel
größere Tiere, die furchtsam zuschauten, schreckten vor
Solos Wildheit zurück.
Und es war ein ungleicher Kampf. Solo stapfte durch die sich
herabsenkenden Laubreste auf Noth zu. Noth warf sich nicht in
Positur, sondern sah Solo nur wie hypnotisiert an. Dann schaute er
entsetzt auf seine Schulter. Die Haut hing in Fetzen, und das Fell
war blutgetränkt.
Doch nun kam Solo ein massiger Leib entgegen geflogen. Es war der
Kaiser. Obwohl ihm noch das Blut aus dem zerfetzten Hodensack floss,
trat der große Notharctus Solo im Flug in den Rücken und
schleuderte ihn bäuchlings zu Boden.
Diesmal zögerte Noth nicht. Er stürzte sich auf Solo und
bearbeitete Rücken und Schultern mit Füßen,
Händen und Schnauze. Der Kaiser schloss sich ihm an, und es
kamen immer mehr Männchen herbei, bis Solo unter einer Schicht
schreiender und unerfahrener Angreifer begraben war. Jedem Einzelnen
von ihnen wäre Solo überlegen gewesen – nicht aber
allen zusammen. Unter dem
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