Ewig Böse
Liebes.« James machte einen Schritt auf Gerald zu. Seine Enkeltochter klammerte sich an sein Bein und lutschte Daumen, während sie sich auf ihren Stiefelabsätzen hin und her drehte. »Ich will Sie nicht von der Arbeit abhalten, aber gibt es die Stadt noch? Dahinten?« James deutete in die Ferne. »Hinter der Scheune?«
»James«, mahnte Stacey.
»So haben wir es als Kinder genannt«, fügte James hinzu. »Das war der größte Hasenstall, den ich je gesehen habe. Rampen und kleine Treppen mit Teppichboden. Laufräder und Brücken. Erinnerst du dich, Stacey? Ein richtiges Disneyland für Häschen.«
»Ah, haha, jo.« Gerald nickte. »Gutes Gedächtnis. Wusste gar nicht, dass ich sie jemandem gezeigt hatte. Ich hab das Ding vor langer Zeit für die Kinder gebaut. Verdammt, damals hatte ich keine Ahnung, wie man Hasen hält. Das waren bloß Haustiere.«
»Ooooooopaaa«, jammerte das kleine Mädchen und zupfte an Geralds Hosenbein.
»Pscht, Deanie-Beanie«, sagte Gerald sanft und kraulte ihr den Kopf durch seinen roten Lappen. »Geh mit deinem Bruder nach drinnen, und nehmt euch ein Eis.«
»Ich mag aber kein Eis«, protestierte Deanie-Beanie.
»Das ist ja ganz was Neues«, meinte Gerald.
Stacey sagte zu James: »Du siehst doch, er hat zu tun. Lass uns gehen.«
»Ach, das macht doch nichts«, sagte Gerald. »Die Kleine regt sich immer drüber auf, aber sie versteht das eben noch nicht.« Er wandte sich mit einem verschlagenen Lächeln zu James. »Ich zeig euch die neue Anlage. Nicht direkt Disneyland. Vielleicht eher eine Hasen-Vorstadt – ha!«
Er ging mit James voraus, und Stacey folgte ihnen widerwillig.
»Ooopaaa!«, heulte Deanie-Beanie. »Neiiiiiiiiin!«
Gerald schüttelte sie mit zorniger Miene ab. »Jetzt reicht’s , junge Dame. Ich hab dir gesagt, gewöhn dich nicht an sie! Und jetzt mach, dass du reinkommst – bevor ich dir den Hintern versohle!«
Deanie-Beanie brach in Tränen aus und rannte ins Haus.
Stacey sah ihr nach. Sie wirkte, als wäre sie am liebsten mitgegangen, vielleicht auf einen Becher Eiskrem, aber wahrscheinlich eher zum Mitheulen.
»Beachtet sie gar nicht«, sagte Gerald.
»Komm schon, Stacey«, sagte James. »Das wird dir gefallen.«
Geralds Enkel rannte voraus und drehte sich dann um, lief rückwärts weiter. »Darf ich Bronco rausnehmen?«
»Solang du ihn nicht fallen lässt«, rief Gerald ihm nach. Der Junge rannte davon und verschwand in der Scheune. Gerald blickte über die Schulter. »Habt ihr je einen flämischen Riesen gesehen? Die Biester werden groß wie Waschbären, wenn man sie richtig füttert. Ohren so lang wie Kniestrümpfe. Bronco hat auf der Kleintiermesse letztes Jahr den ersten Preis gemacht. Kyle ist alt genug, um es zu verstehen, aber die Kleine glaubt immer noch, das wären alles Schmusetiere direkt aus dem Märchenbuch.«
»Was genau machen Sie mit ihnen?«, fragte Stacey. Sie hatten die Scheune betreten. Es war dunkel, Licht kam nur von einer einzigen Propangaslampe neben einem Toyota ein Stück hinter dem Tor. Die Motorhaube war geöffnet, der Luftfilterdeckel fehlte. Ein Reifen war abmontiert, und der Pick-up ruhte auf dem Wagenheber. Neben dem Kotflügel auf der Beifahrerseite stand ein Rollwagen mit Werkzeugen. Die Scheune sah aufgeräumt aus und war weitgehend leer, bis auf sechs oder acht Paletten mit Futterpellets am hinteren Ende. Auf jeder lagerten etwa fünfzig, sechzig Säcke.
»Tolle Sache«, sagte Gerald, während er vorausging. Er trug einen Gürtel, aber seine Hosen hingen hinten herunter, als hätte er vor ein oder zwei Stunden hineingeschissen. »Wenn mir vor zehn Jahren einer gesagt hätte, dass ich mal Hasen züchten würde, hätt’ ich ihn für plemplem gehalten. Das Schöne dran ist weniger, was man mit Hasen alles anstellen kann, sondern was man aus ihnen nicht machen kann.«
Stacey griff nach James’ Hand und drückte sie zweimal, dann hielt sie sie einfach fest, als sie die Rückwand der Scheune und die Tür zu dem angrenzenden Gebäude erreichten.
»Italienische Restaurants«, meinte James. »Hasen sind beliebt bei Gourmets, oder, Gerald?«
Gerald blieb an der Tür stehen. »Kann schon sein, aber mir stehen sie bis da. Mir ist ein saftiges Porterhouse-Steak lieber. Na, egal. Vor ein paar Jahren kommt jedenfalls so ein Typ vorbei und sagt: ›Ich höre, Sie halten Hasen.‹ Und ich sag: ›Klar hab ich welche.‹ Und er: ›Ich kauf’ alle, die Sie haben.‹ Himmelarsch, ich sag ihm, dass es bloß ein paar
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