Ewig Böse
erwischt«, sagte ich. »Holen Sie die Karaokeanlage raus, und ich sing Ihnen was vor.«
»Später vielleicht«, meinte er, als würde er das ernsthaft erwägen.
Sorg dafür, dass er weiterredet . »Was ist mit Aaron passiert?«
Ricks Schnurrbart glättete sich und begann dann einen langsamen, gesträubten Tanz, wie ein Seeigel, der sich über den Meeresboden bewegt. Er starrte mich an, wartete darauf, dass ich mir die Frage selbst beantwortete.
»Sie glauben, Ghost wäre schuld an … was immer geschehen ist«, fuhr ich fort.
»Was ich glaube, spielt keine Rolle. Sie können nicht leugnen, dass Sie die Leute beeinflussen. Sie destabilisieren. Sie haben die Beweise gesehen. Jedenfalls die, die es bis in die Nachrichten geschafft haben.«
Mit ›Nachrichten‹ meinte er das Album in Aarons Zimmer. »Das ist doch lächerlich. Sie können einen Entertainer nicht dafür verantwortlich machen …«
»Aarons Geschichte gehört zu denen, die keine Schlagzeilen gemacht haben«, unterbrach er mich. »Dafür habe ich gesorgt. Zu Annettes Schutz. Zu unserem Schutz. Und damit Sie nicht merken, was auf Sie zukommt.«
Wir starrten uns eine geschlagene Minute lang wortlos an. Ich verstand nicht. Ich sah nur, dass Rick immer gereizter wurde und kurz vor der Explosion stand.
»Er war ein guter Junge. Und Sie haben ihn infiziert.«
»Nein«, sagte ich. »Rick, nein. Ich bin nicht Ghost. Sie können doch nicht … So geht das nicht.«
»Was sonst sollte einen zehn Jahre alten Jungen dazu bringen, mitten in der Nacht ins Schlafzimmer seines Vaters zu schleichen und ihn in den Kopf zu schießen? Und dann die Waffe gegen sich selbst zu richten? Welcher Junge wäre dazu fähig?«
Ich versuchte, mir eine Antwort einfallen zu lassen, die ihn nicht noch mehr gegen mich aufbrachte. Es gelang mir nicht.
Ohne richtig zu singen, begann Rick ein Gedicht zu rezitieren, mit der Stimme eines Kindes in einem Fernsehspot für Frühstücksflocken.
In meinem Vater wohnt ein Monster
Das mich weinen macht
Im Schrank wartet eine Waffe
Wie für mich gemacht
Daddy, warum trittst du sie mit Stiefeln?
Warum tust du das?
In mir wohnt ein Etwas, und es sieht aus
Wie du
Daddy, warum lässt du uns allein, so dass
Ich weinen muss
Daddy, warum bist du zurückgekommen
Heut Nacht
Ich hab gefunden, was du vergessen hast
Magische Silberkugeln
Daddy, warum tust du das?
In mir wohnt ein Werwolf, und er sieht aus
Wie du
Gib mir einen Gutenachtkuss, Daddy, einmal noch
Bevor du stirbst
Bevor du stirbst
Ich drück den Abzug, siehst du, hab Silberkugeln, jetzt
Sag Lebwohl
Sag Lebwohl
Der Song hieß ›Silver Bullet‹. Eine fiktive Geschichte, in der Ghost seinen Vater erschoss, nachdem er Zeuge davon geworden war, wie dieser unter dem Weihnachtsbaum seine Mutter verprügelte. Ein geniales Kleinod über häusliche Gewalt, das die Nummer eins der Charts wurde und achtzehn Wochen lang unter den Top 20 rangierte.
»Ihre Worte«, sagte Rick.
»Nein«, sagte ich. »Das ist nicht wahr.«
»In Form eines Wiegenlieds. Damit die Kinder es verstehen. Damit sie Ihnen nachlaufen wie dem Rattenfänger von Hameln.«
»Ich habe das nicht geschrieben. Ich habe überhaupt nichts von seiner Musik geschrieben. Wenn Sie mir mal eine Sekunde zuhör…«
»Wo ist sie?«, schrie er mit verzerrten, schwabbelnden Gesichtszügen und ballte die Fäuste in einer Art, die komisch gewesen wäre, hätte er es nicht todernst gemeint. »Was haben Sie mit ihr gemacht?«
»Nichts. Ich sage Ihnen doch, ich weiß nicht, wo …«
»Sie ist nicht Ihre Frau! Sie ist nicht Arthurs Frau! Sie haben sie wie Dreck behandelt …«
Irgendetwas in mir zerriss. Ich setzte mich auf und brüllte ihn an: »Es ist nur ein Song, Sie blödes Stück! Herrgott noch mal, wenn Sie Ghost so dringend haben wollen, kann ich ihn für Sie ausfindig machen! Ich gebe Ihnen seine Adresse, die Telefonnummer seines Agenten, von mir aus arrangieren wir ein Treffen. Ein einziges Telefonat würde Ihnen beweisen, dass ich recht habe. Denken Sie doch mal nach! Benutzen Sie Ihr Hirn! Sie haben den Falschen! «
Rick schloss die Augen, als wollte er meditieren. Er wippte mit dem Oberkörper, bis sein Atem sich wieder beruhigt hatte. Ich schluckte einen sauren Klumpen von etwas Medizinischem hinunter, das mir in der Kehle feststeckte.
»Na gut«, sagte Rick. »Na gut. Da Sie es ablehnen, die Verantwortung zu übernehmen, werden wir sehen. Wir werden sehen.«
Er stand auf und ging zum kleinsten seiner
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