Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
Vom Netzwerk:
zehn Gallonen drin waren, und das bezweifelte ich, kamen wir noch maximal 160 Meilen weit. Aber es ging bergauf, und das würde auch die ganze Nacht so bleiben, während wir in die Rockys hineinfuhren. Sechzehn Meilen pro Gallone, wenn wir Glück hatten, vielleicht sogar nur zwölf, wenn es wirklich steil wurde. Wenn man dazu noch bedachte, dass sie mit Bleifuß fuhr …
    »Uns wird das Benzin ausgehen«, sagte ich schließlich. »Hast du einen Plan, oder …?«
    Zwei Minuten lang antwortete sie nicht. Zweieinhalb Meilen. »Es ist Sommer. Wir müssen zum Haus am See.« Ihre Stimme klang rau und müde.
    »Welches Haus am See?« Woher wusste sie davon?
    Annette lachte leise. »Ach, James. Was muss denn noch alles passieren, um dich zu überzeugen?«
    Darauf hatte ich keine Antwort.
    Zehn oder zwanzig Meilen weiter sagte sie. »Keine Sorge. Am Rastplatz finden wir einen neuen Wagen.«
    Irgendwann spuckten die Canyons uns wieder in sanfteres Hügelland aus. Sie machte ein Fenster auf, und der kühle Wind blies mit dem Geruch der Kindheit herein.
    Sie will ein anderes Auto stehlen. Das schafft sie nie. Sie kann mich nicht ewig mit sich herumschleppen. Ich werde schreien. Jemand wird eingreifen. Bald ist es zu Ende .
    Die Nacht schloss sich um uns. Gegen meine Absicht und trotz aller Anstrengungen döste ich ein.
    Als ich aufwachte, lief der Motor nicht mehr, wir parkten. Hohe Straßenlaternen tauchten den Wagen in ein dumpfes, blauweißes Licht, das sich anfühlte wie auf einer Krankenstation. Es war spätnachts oder früher Morgen. Ich fror.
    »Wo sind wir?«, fragte ich und blinzelte die Dachbespannung an.
    Annette gab keine Antwort.
    Ich wand mich, testete den Schmerz. Er war nicht unerträglich. Ich packte die Oberkante des Rücksitzes und zog mich langsam hoch. Sie saß nicht im Wagen, und die Fahrertür stand weit offen. Zwei Sattelschlepper, die im schrägen Winkel weiter vorne parkten, sahen körnig aus, irgendwie unecht. Wo war sie?
    Die Nadel der Tankanzeige stand unterhalb von Reserve.
    Zentimeterweise schob ich mich zur Seite und drückte die Tür mit dem Fuß auf. Der Rastplatz bestand aus dem üblichen Standardgebäude aus grauen Schlackesteinen mit braunem Wellblechdach, einer großen Grasfläche mit ein paar Picknicktischen und etwa zwanzig Parkplätzen. Außer den beiden Sattelschleppern am anderen Ende gab es nur ein weiteres Auto. Ein kleiner, verrosteter, silberner Fließheck-Honda, leer, vermutlich verlassen.
    Wahrscheinlich musste sie auf die Toilette. Sie hat die Waffe dabei. Lauf zu den Lastern. Schleich dich hin, dann schrei um Hilfe.
    Das ist unsere Chance.
    Ich zog mich aus dem Wagen. Dann beugte ich mich zur Fahrertür hinein und drehte den Schlüssel im Zündschloss. Klick, klick, klick. Die Batterie war tot, wahrscheinlich, weil sie die Tür offen stehen und vielleicht auch die Scheinwerfer brennen lassen hatte.
    Ich schleppte mich ein paar Schritte von dem ehemaligen Streifenwagen weg. Beim Toilettenhäuschen konnte ich keine Bewegung entdecken. Ich richtete den Blick auf die Lastwagen. Ein großer Kerl mit einem Bauch wie ein Müllsack voller Wasser rauchte vor seinem Truck eine Zigarette und wiegte sich in den Cowboystiefeln vor und zurück. Er warf den Stummel auf den Boden und ging zur Fahrerseite, wo ich ihn einen Moment lang aus den Augen verlor. Die Tür schwang auf, das Innenlicht ging an, und er schob sich hinters Lenkrad.
    Ich blickte noch einmal wachsam zu den Toiletten und begann dann, auf den Trucker zuzuhinken. Mit jedem Schritt tat es mehr weh, aber wenn er ohne mich losfuhr, wusste ich nicht, was mich hier noch alles erwartete. Ich trottete über den Parkplatz und winkte. Der Lastwagen war mindestens noch dreißig Meter weit entfernt. Ich konnte nicht erkennen, ob der Fahrer in meine Richtung sah. Ich machte den Mund auf, um ihm etwas zuzurufen, bis mir einfiel, dass sie mich dann auch hören konnte …
    Erst mal näher heran.
    Ein mahlendes Geräusch drang durch die Nacht, dann sprang der Motor an und die senkrechten, mit Lochblechen verkleideten Auspuffrohre spuckten eine schwarze Rauchwolke aus. Der Diesel klang wie der größte Zahnarztbohrer der Welt. Ich war völlig verklebt von angetrocknetem Blut, und als ich schneller humpelte, lösten sich meine Kleider von der Haut ab, und die warme Nässe begann wieder zu fließen. Gottverdammte Wüstennacht.
    Der Fahrer bückte sich, und ich verlor ihn einen Moment lang aus den Augen. Mein Atem ging stoßweise, während ich

Weitere Kostenlose Bücher