Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
Vom Netzwerk:
Gedächtnis – plötzlich klar, es sog sie auf, verschlang alles, was wir vor unserem Todestag vergessen hatten.
    Ihre kleine Nase, die tiefliegenden Wangenknochen und weit auseinanderstehenden blauen Augen. Die Art, wie ihre Zähne eine glatte und gerade Perlenkette bildeten. Ihre vollen Lippen, pinkfarben über einer klaren Kinnlinie. Die Form ihrer Ohren, so klein, die Läppchen angewachsen. Die hoffnungsvolle Spannung in ihren schmalen Schultern, die Fülle ihrer Hüften. Ihre Brüste, über denen der Stoff sich in genau den richtigen Proportionen spannte. Der Farbton ihrer Haare, feucht, frisch gewaschen und nach hinten gekämmt, die leuchtende Haut. Die Hände in die Hüften gestemmt und die Augen feucht von Tränen, all die Einzelheiten, die sich zu einem Ganzen zusammensetzen und die Leere in mir füllen, als ob meine Fingerspitzen – die Fingerspitzen in seinem Kopf – ihre DNA in Blindenschrift auslesen würden.
    Unsere Stacey.
    »Ich musste es tun«, sagt sie und ignoriert die Leiche, die zwischen uns liegt. »Er wollte dich töten.«
    Ich wollte lächeln, konnte aber den Kopf nicht heben oder meine Gesichtsmuskeln in die richtige Form zwingen.
    »Ich konnte dich nicht finden«, sagt sie. »Er hat dich vor mir versteckt, und ich kannte mich nicht mehr aus. Es tut mir so leid, mein Liebling. Ich bin deinetwegen zurückgekommen. Ich werde dich nie mehr verlassen.«
    Sie kam näher und kniete neben mir nieder. Die Liebe zu ihr brannte in mir, verzehrend wie ein Waldbrand.
    Sie küsste mich auf den Hals und flüsterte mir ins Ohr. »Komm mit mir, Jameson. Lass uns nach Hause gehen.«
    Aber aus der Nähe konnte ich die Narben erkennen. Dünne Linien unter dem Kinn, wo auf ihr Verlangen ein Skalpell seine Arbeit getan hatte. Weitere, kaum sichtbare Narben hinter Unterkiefer und Ohren. Eine immer noch leicht bläuliche Schwellung von der Nasenoperation, und die violette Verfärbung um die Augen, die Haut maskenhaft straff in alle Richtungen gespannt. Die transparenten Ränder von blauen Kontaktlinsen.
    Nicht unsere Stacey. Das Monster heilte.
    Damit hatte sie also die Zeit verbracht, in der ich sein Gefangener war. Was hatte sie dem Arzt erzählt? Hatte sie ihm ein Foto von Stacey gezeigt und gesagt: So soll es werden? Lassen Sie mich aussehen wie sie?
    »Ich musste es tun«, sagte sie, als sie merkte, wie ich mit mir kämpfte. »Ich konnte es nicht ertragen, wie du immer nach ihr gesucht hast, während du mich ansiehst. Ich wusste, es würde für dich nur echt sein, wenn ich mich auch äußerlich verändere. Ich habe mein Bestes getan. Ich bin es, James. Ich bin hier drin. Du weißt es.«
    Ich befeuchtete meine Lippen. »Warum?«
    »Warum?«, erwiderte sie mit feuchten Augen. »Du hast mich gebraucht. Du hättest dir das Leben genommen. Ich habe alles versucht, um dich zu erreichen. Ich bin Lucy für dich losgeworden. Sieh mich an. Sobald ich Annette hatte, habe ich Lucy jede Nacht angerufen. Ich ging in ihr Schlafzimmer, habe ihr den Mund zugeklebt und ihr alles Mögliche erzählt. Ich habe sie gewarnt, was passieren würde, wenn sie nicht tut, was ich sage – aber es war zu deinem Besten. Ich habe sie deinetwegen verjagt. Ich bin sie alle losgeworden, nur, damit wir zusammen sein können.« Sie betrachtete den toten Mann, der neben uns am Boden lag. Den toten Rick Butterfield. Ihren eigenen Bruder. »Ich habe dich befreit. Glaubst du, Annette hätte ihren eigenen Bruder für dich töten können? Ich bin es, du weißt es. Erkennst du es immer noch nicht? Erkennst du mich nicht?«
    Lange Zeit schwieg ich. Ihre Augen, die Anima hinter ihren Augen, war sehr überzeugend.
    »James ist gestorben«, sagte ich. »Ich habe das Video gesehen.«
    »Nein …«
    »Du hast ihn nie gewollt. Du wolltest Ghost.«
    »Nein.« Sie nahm mein Gesicht in beide Hände, schüttelte mich, hielt mich wach. »Du bist nicht tot. Es war ein Unfall. Sie wusste nicht, dass du es bist. Sie hat dich für Ghost gehalten. Sie wollte dir nie etwas antun. Ich habe versucht, sie aufzuhalten. Du bist nicht tot. Ich kann dich wieder in Ordnung bringen. Ich werde alles wiedergutmachen.«
    Ich hob die Waffe und stieß sie ihr zwischen die Brüste, fest gegen den Knochen.
    »Nein …« Sie ließ sich auf die Fersen zurücksinken, »Bitte … bitte.«
    Ich erhöhte den Druck auf den Abzug. Sie senkte den Blick auf die Waffe, dann sah sie mich an.
    »Das ist unnatürlich«, sagte ich.
    Drückte fester …
    Aber was, wenn sie es wirklich

Weitere Kostenlose Bücher