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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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Meistens gehe ich nicht ran, aber diesmal rappelte ich mich in der Hoffnung hoch, es wäre Lucy Arnold, die über unsere neu angekommene Nachbarin schwatzen wollte. Ich rechnete damit, ihr ein wenig Tratsch über den Ennis-Sohn aus Barstow entlocken zu können, warum er das Haus so schnell ausgeräumt hatte und wer die neue Bewohnerin war. Ich latschte zum Sofatisch und starrte die Basisstation des schnurlosen Telefons an. Es war ein Uhr achtundzwanzig nachts, und auf dem kleinen grauen Display stand RUFNUMMER UNTERDRÜCKT . Beim fünften Klingeln nahm ich ab.
    »Hallo.«
    Es kam eine Verbindung zustande, aber niemand sprach. Ich fragte mich, ob es vielleicht einer dieser automatischen Wählcomputer war, der eine Datenbank von Kunden durchklingelte und erst dann zu einem Sachbearbeiter durchstellte, wenn er eine Stimme erkannte. Riefen diese Maschinen jetzt schon mitten in der Nacht an?
    »Hallo?«, wiederholte ich.
    Normalerweise hätte ich nach drei oder vier Sekunden aufgelegt, aber irgendetwas riet mir zu warten. Ich spürte am anderen Ende eine Person, lauschend, in einem abgedunkelten Raum zusammengekauert.
    »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Ich will sie zurück«, sagte ein Mann. Ich hatte noch nie eine so dünne und leblose Stimme gehört, die Stimme eines ausgebrannten Violinlehrers nach drei Gläsern Chardonnay.
    »Wer spricht da?«
    »Ich will sie zurück.«
    »Wer?«, fragte ich. »Wer sind Sie?«
    »Ich will sie zurü- üüück .« Die Stimme brach, am Rande der Tränen. »Bitte bring sie mir zurück, bitte. Ich tue alles, was du willst.«
    Einer von Lucys abgelegten Verehrern? Der zurückgewiesene Aufreißer oder irgendein durchgeknallter Stalker? Hatte ein psychopathischer Liebhaber uns zusammen gesehen und beschlossen, seine Aggressionen an mir auszulassen? Beobachtete er uns in diesem Moment, mich, das Haus?
    »Oh, Stacey«, heulte der Mann. »Es tut mir so leid, dass ich nicht da war, bitte komm zurück …«
    Ich knallte den Hörer auf und hämmerte mit dem Daumen auf den Ausschaltknopf, bis der Apparat aus der Ladestation rutschte und auf den Hartholzboden des Wohnzimmers bumste. Ich zitterte am ganzen Leib, und fast wäre mir der Rest meines Abendessens aus mexikanischem Bier wieder hochgekommen. Ich kannte die Stimme am anderen Ende der Leitung.
    Sie gehörte James Hastings.
    Ich starrte das Gerät an, das soeben meine Stimme reproduziert hatte wie ein winziges, zur Erde geschicktes Raumschiff mit einer außerirdischen Seuche, die nur darauf wartete, sich in meinem Wohnzimmer auszubreiten. Schwarzes, tiefgezogenes Plastik, ein paar Mikrochips und Drähte, ein gepolsterter Ohrhörer und ein Mikrophon. Lediglich eine Ansammlung toter Substanzen, Chemikalien und Verbindungen, aus dem Boden geschürfte und in einem Labor zusammengekochte Materie. Das wusste ich, und dennoch hätte es ebenso gut eine gigantische schwarze Spinne mit glühenden roten Augen sein können. Ich fühlte mich … vergewaltigt .
    Ich starrte auf das Display mit der Nummer des Anrufers. Jetzt war es natürlich leer, weil niemand in der Leitung war. Aber neben dem grauen Bildschirm wiesen zwei kleine Plastikpfeile nach oben und unten. Ich drückte den Pfeil nach unten und starrte die Nummer an. 310-822- …
    »Bocksmist«, hörte ich mich selbst sagen. Das war unsere eigene Nummer, meine Nummer.
    Die Uhrzeit lautete 1:28 Uhr, vor präzise einer Minute.
    Wie ruft man sich selbst an? Ich erinnerte mich, dass ich dieses Spielchen als Teenager gespielt hatte. Man drückte zweimal schnell hintereinander auf die Gabel des Telefons, wartete auf das Freizeichen, wählte dann die eigene Nummer und legte auf. Nein, Quatsch. Man musste nicht einmal die eigene Nummer wählen. Damals tippte man lediglich zweimal kurz auf die Gabel und hielt sie dann gedrückt, und nach etwa drei Sekunden klingelte das eigene Telefon. Funktionierte das heute immer noch so?
    Ich hob den Hörer vom Boden auf, steckte ihn in die Basisstation und wartete zehn Sekunden lang. Dann nahm ich ihn wieder heraus, drückte zweimal die Verbindungstaste, hörte die Pause und den zweiten Wählton und legte auf. Dreißig Sekunden vergingen, eine ganze Minute, zwei. Das Telefon klingelte nicht. Ich versuchte es noch einmal. Nichts geschah. Vielleicht ging es mit schnurlosen Telefonen nicht, oder die Telefongesellschaft hatte dieser Möglichkeit wegen zu vieler dummer Scherze einen Riegel vorgeschoben. Ich war schon drauf und dran, dort nachzufragen, wie man sich selbst

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