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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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anrufen konnte, als das Telefon doch noch klingelte.
    Ich zuckte zusammen und griff zögernd danach. Wieder sah ich auf die Rufnummernanzeige. Wieder meine eigene Nummer. Ich nahm ab und drückte die Verbindungstaste. Ich hielt den Hörer ans Ohr. Ich sagte nichts.
    Die Verbindung kam zustande. Ich hörte niemanden.
    Nach einer halben Minute bekam ich endlich die Lippen auseinander. »Hallo?«
    Niemand antwortete.
    »Hallo?«
    Du hast dir das nur eingebildet. Du bist immer noch besoffen.
    »Wer ist da?«, fragte ich. »Zeichnen Sie das auf? Hören Sie mal …«
    Eine Frau seufzte schwer und lange. » AAAA aaaaaaahhhhhhh …«
    Es war kein Seufzen der Freude oder des Kummers. Sie klang so, als würde man sie zwingen, einen undeutlichen Vokal von sich zu geben, als ob ein Arzt ihr einen Holzspatel auf die Zunge drückte und ihre Mandeln ausleuchtete – und die Härchen an meinen Armen stellten sich auf.
    Die Verbindung wurde unterbrochen, und unmittelbar nach dem kaum wahrnehmbaren Klicken hörte ich über mir ein dumpfes Poltern. Irgendetwas war oben gerade zu Boden gefallen. Oder fallen gelassen worden. Ein Telefon, zum Beispiel, mein Telefon, das ich nicht mehr benutzte und das seit fast einem halben Jahr in der Dunkelheit des Hauptschlafzimmers am Ladegerät hing.
    Es war jemand im Haus.
    Ich ging vier Schritte mit dem Telefon in der Hand, dann wurde mir klar, dass ich zu feige war, um die Treppe hinaufzugehen und mich einem Eindringling zu stellen. Ich besaß keine Waffe, keinen Baseballschläger. Die Polizei. Ruf die Polizei, dachte ich. Ruf Lucy Arnold an, damit sie ihre Waffenbrüder zusammentrommelt, die Lage ist ernst.
    Ich hielt das Telefon ans Ohr. Kein Freizeichen. Ich drückte zweimal die Verbindungstaste, wartete und versuche es abermals. Stumm, tot. Erst hatte ich Angst, dann kam auch Zorn dazu. Zorn darüber, dass ich so ein Feigling war. Ghost würde nicht hier herumstehen wie ein Schlappschwanz. Ghost würde mit einem Schlachtermesser da rauf stürmen und jeden in Stücke hacken, der es gewagt hatte, ungefragt in sein Heiligtum einzudringen.
    Ich ging in die Küche und riss die Besteckschublade auf. Meine Wahl fiel auf eine lange Fleischgabel mit dickem schwarzem Griff. Ich schob das Telefon in die Gesäßtasche und ging zur Treppe. Mit gleichmäßigen Schritten ging ich hinauf, entschlossen, nicht nachzugeben oder in Panik zu geraten. Ich schaffte es bis zum oberen Treppenabsatz und knipste das Licht in der Diele an. Ich lauschte, ob sich etwas bewegte, und hörte nichts. Dann packte ich die Fleischgabel fester und begann meinen Rundgang durch die Korridore, die ein Rechteck um den ›Ballsaal‹ herum bildeten – er war nichts Großartiges, nur eine ehemalige Bibliothek oder eine Art großes Arbeitszimmer vielleicht, aber Stacey hatte ihn zum Ballsaal erklärt –, der genau in der Mitte des Hauses lag.
    Der erste längere Abschnitt dieses Rechtecks, gleich nach der Treppe, wurde von einem Wäscheschrank flankiert, dann kam ein Badezimmer, gefolgt von einem weiteren Schrank und schließlich dem Hauptschlafzimmer. Ich durchsuchte das Bad und die Schränke, öffnete und schloss die Türen mit sanfter Präzision. Nirgendwo hielt sich jemand versteckt. Ich ging weiter zum Hauptschlafzimmer und stellte fest, dass die Tür geschlossen war. Hatte ich sie zugemacht? Ich wusste es nicht mehr, und außerdem konnte es auch Olivia gewesen sein, die Frau, die alle zwei Wochen zum Saubermachen kam. Tatsache war, dass ich keine Ahnung hatte. Das Hauptschlafzimmer lag vom Wohnzimmer gesehen fast auf der anderen Seite des Hauses. Das Geräusch, das ich gehört hatte, hätte zwar das herunterfallende Schlafzimmertelefon sein können, aber eigentlich hatte es näher geklungen.
    Ich beschloss, erst die anderen Zimmer zu durchsuchen und die Inspektionstour mit dem Hauptschlafzimmer abzuschließen. Ich ging an den Türen zum Ballsaal vorbei und betrat den zweiten langen Korridor. Dort lagen drei kleinere Schlafzimmer, das Gästebad und ein großer Schrank, wo wir den Weihnachtsschmuck und anderen Krempel aufbewahrten, den wir selten brauchten.
    Alle Zimmer waren leer. Ich kehrte um, passierte wieder die Türen zum Ballsaal und hatte es plötzlich eilig, ins Hauptschlafzimmer zu kommen und diesem Irrsinn ein Ende zu bereiten. Ich drehte den Türknauf, schlüpfte mit stoßbereiter Fleischgabel hinein und knipste das Licht an.
    Das Bett war gemacht. Alles sah gepflegt und ordentlich aus. Olivia hielt den Raum

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