Ewig Böse
auch?
»Annette, hm?«, fuhr Trigger fort. »Ich weiß nicht, James, diese Frau. Ich weiß wirklich nicht. Wo hast du sie eigentlich aufgegabelt?«
»Hm? Ach so, sie ist meine Nachbarin, ob du es glaubst oder nicht.«
»Mhm.«
»Sie hat es bedauert. Dass sie nicht so recht mit Blaine konnte«, fügte ich hinzu und wünschte, das Gespräch wäre zu Ende.
»Aha. Ja, es war schon verdammt merkwürdig, James«, sagte er. Es klang nicht so, als sähe er dieselben Verknüpfungen wie ich, aber er war irritiert. »Ich muss dir etwas sagen, glaube ich. Zu deinem eigenen Besten. Es war mehr als merkwürdig. Es war richtiggehend unheimlich, Mann. Gruselig und irgendwie krank, James.«
Er hat seine eigenen Sorgen. Lass es. Mit Annette ist alles in Ordnung. Das war Zufall. Blaine ist krank geworden. Sie war schockiert wegen Annette. Aber da besteht kein Zusammenhang. Trigger ist nur neidisch. Neidisch, dass mein Leben weitergeht und ich glücklich bin, während er in der Falle sitzt. Mit einer Frau am Hals, die nie wieder normal sein wird.
»Krank?« Ich fühlte mich elend. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht, was ich sagen soll …«
»Doch, das weißt du«, sagte er. »Das weißt du genau. Herrgott, Mann, du hast dir da ein echtes Remake zugelegt, was?«
»Hä? Nein, das stimmt nicht«, gab ich zurück. »Das Haar vielleicht, aber …«
»Die Haare, das Kleid, das Make-up. Um Himmels willen, sie hat sogar gekuschelt und geredet wie Stacey. Was soll das? Was für einen Scheiß bringst du ihr da bei? Es ist ja fast so, als wäre sie noch da.«
»Stacey ist tot!«, herrschte ich ihn an. »Meine Frau ist seit über einem Jahr tot. Ich denke, ich habe ein Recht darauf, wieder jemanden kennenzulernen. Du weißt gar nichts von ihr, also bitte, lass sie da raus.«
Die Verbindung zwischen uns war stumm, totenstill.
Am Ende sagte er: »Ich weiß, dass Stacey tot ist, James. Ich war bei ihrer Einäscherung. Die Frage ist, weißt du es auch?«
»Scheiß auf dich, Travis.« Ich knallte den Hörer auf.
Nachdem ich in der Küche zwei schnelle Bier geschluckt hatte, ging ich zurück, um die anderen Nachrichten abzuhören.
Sie waren schlimmer.
17
Ich hatte bisher nur einen einzigen Manager gehabt und geglaubt, dass ich auch nie einen anderen brauchen würde. Trigger war der Mann mit den Visionen, der Mann mit dem Glauben daran, dass wir aus dieser Spielerei etwas machen konnten. Er hatte mir den Arsch gerettet, als er Ghosts Leute dazu brachte, mich mit allen Privilegien auf die Lohnliste zu setzen, damals, als ich nur 50 bis 100 Tage im Jahr Arbeit hatte, allzeit bereit und zur ständigen Verfügung. Man sollte meinen, dass man als Double nicht viel Geld verdienen kann, und normalerweise ist das auch so. Aber als Ghosts Popularität – und mit ihr seine Paranoia – auf dem Höhepunkt war, hetzte ich auf so vielen Alibimissionen kreuz und quer durchs Land, dass ich mich nicht mehr an jede einzelne erinnern kann. Mein Jahresgehalt – ohne Special Events, Boni, Spesen, Auslagen und die zahllosen anderen Vergünstigungen – lag bei einhundertsiebzigtausend.
Das soll jetzt nicht heißen, dass Geld glücklich macht. Nicht, wenn man ein Drittel seines Lebens auf Tour verbringt, in Motels übernachtet, die nach ranziger Butter und Einbalsamierungsflüssigkeit stinken, und ziellos in der Öffentlichkeit herumspaziert, wo niemand einen Scheiß drauf gibt, ob man Ghost ist oder Jesus Christus. Und sollte einem zufällig ein Schwarm von Fans über den Weg laufen, ist man erleichtert und denkt, das wurde aber auch Zeit, endlich mal eine Abwechslung in der Monotonie … bis sie merken, dass man nicht Ghost ist, nur so ein bescheuertes Fan-Angestellten-Ableger-Arschloch, das sich für ihn ausgibt. Und dann versuch mal zu erklären, dass du für ihn arbeitest, cool, Mann, du, das ist wie Party mit ihm machen. Erstens glaubt dir keiner, und zweitens wirst du gefeuert, wenn jemand dahinterkommt, dass du das Arrangement ausplauderst oder davon zu profitieren versuchst. Wenn du Glück hast. Wenn du Pech hast, wirst du von einer Bande von Rechtsanwälten verklagt, die Platin-Schallplatten zum Frühstück futtern und zum Broterwerb Downloads scheißen.
Immerhin verschaffte der Job Stacey und mir in diesen Jahren finanzielle Sicherheit. Auch bei Ghost kam es zu einem Gewöhnungseffekt. Ich wurde zu seiner Gewohnheit. Logisch, dass er auch etwas für sein Geld haben wollte. Was wie eine sechsmonatige Eskapade anfing, verwandelte sich in
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