Ewig Böse
gesehen habe. »War nett, Sie kennenzulernen.« Sie feuerte einen Blick auf mich ab. »Tschüs, James.«
»Morgen«, versprach Trigger noch, während seine Frau ihn wegzog.
»Ruf mich an«, sagte ich. »Wir müssen Ghost endgültig begraben, Mann.«
»Genau!« Trigger winkte.
Ich war nicht ganz sicher, aber als sie etwa zehn Meter weg waren, glaubte ich Blaine sagen zu hören: »Soll das ein Witz sein …? Das ist krank!«
Als sie in der Menge verschwunden waren, setzte ich mich wieder. »Jesses, was für eine Geschichte. Der Ärmsten war es ja fürchterlich peinlich.«
»Er wirkt sehr nett«, sagte Annette. »Aber sie hat Probleme.«
»Wahrscheinlich hatten sie Streit. Sie ist nicht immer so zugeknöpft.«
Ich wandte mich zu Annette und betrachtete ihr zerzaustes blondes Haar, die große Brille auf ihrer kleinen Nase, das gelbe Sommerkleid. Es war perfekt, bis auf die Tränen, die unter der Sonnenbrille hervorquollen.
»Sie haben sich nicht gestritten.« Annettes Stimme klang so brüchig, dass sie fast ein Flüstern war.
»Zum Teufel mit ihnen«, sagte ich. »Sie erwarten immer noch, dass ich am Boden zerstört bin. Ich hab’s so satt, angestarrt zu werden wie ein Opfer.«
Aber noch während ich es sagte, fragte ich mich, wen ich hier eigentlich verteidigte. Ich fühlte mich exponiert, als würden die Augen der Shopper und Verkäufer in meine intimsten Angelegenheiten eindringen.
Annette schien genau zu wissen, was ich brauchte.
»Lass uns gehen«, sagte sie.
16
Es gibt Phasen, an die mir die Erinnerung einfach abhandengekommen ist, verschwunden hinter einer Wand aus weißem Rauschen. Egal, wie sehr ich mich bemühe, ich kann sie nicht zurückholen. Manchmal betrifft es nur zwei kurze Tage, es können aber auch zwei lange Wochen sein. Dazwischen liegt ein verschneiter Bildschirm, ein toter Fernsehkanal, der in den Augen schmerzt. Was machten wir in diesen Ausfallzeiten? Was tat sie mir an? Welche Abmachungen hatten wir getroffen? Was gab ich alles preis? Ich wage es nicht einmal zu vermuten.
In meiner nächsten Erinnerung befinden wir uns in ihrem Schlafzimmer. Es war spät. Wir waren gerade nach Hause gekommen. Meine Wangen fühlten sich kühl an, gerötet vom Wind, als wären wir durch die Gärten und Alleen von West Adams gerannt, als hätten wir wie übermütige Schulschwänzer Mülleimer umgekippt und gegen Briefkästen getreten. Wir waren nicht betrunken, hatten auch nicht zu viel gegessen und waren nicht müde. Ich war überdreht und hätte weitere fünfzehn Kilometer gehen oder eine körperliche Meisterleistung vollbringen können. Alles schien bestens zu laufen, unbekümmert glitten wir immer tiefer in die Melodie des Wir hinein. Auf ihrem Nachttisch stand das große Kugelaquarium, das mit Klein Ennis drin, der auf seinem kleinen Treibholzast ruhte. Sie hatte ihn beim Einzug entdeckt und beschlossen, ihn zu behalten, weil er so süß war.
»Gute Nacht, Klein Ennis«, sagte ich und sank in ihre kühlen Arme.
»Mit wem sprichst du?«
»Mit deiner Schildkröte.« Ich machte das Licht aus und versenkte uns in der Dunkelheit. »So heißt sie.«
»Ach, ihr zwei kennt euch?« Ihre Stimme klang bereits belegt vor Lust. Wenn sie scharf wurde, dann aber richtig.
»Nein, nur vom Sehen.« Wir stürzten uns in ein spielerisches Handgemenge, synchron, ein so vertrauter Tanz, dass ich über den nächsten Schritt nicht nachzudenken brauchte.
»Und was, wenn Klein Ennis möchte, dass du das Licht anlässt?«
»Hat er Angst vor der Dunkelheit?«
»Nein, er will zusehen, wie du mich fickst.«
Ich lachte. Sie nicht. Sie knipste das Licht an und stürzte sich wieder auf mich. Sie war wie im Fieber.
»Wirst du mich ficken, James? Fickst du mich, bis ich Stopp sage?«
Das war ein bisschen viel verlangt. »Ich denke schon.«
»Ich will nicht, dass du aufhörst«, sagte sie. »Selbst wenn ich sage, du sollst aufhören, fick mich weiter. Ich will, dass es weh tut. Ich will wund davon sein. Versprich mir das.«
Wollte sie bestraft werden? Fühlte sie sich immer noch schuldig? Ja, aber nicht wegen Arthur und seiner Untaten. Die Dunkelheit in ihr stammte von einem kälteren Ort.
»Ich kann es versuchen.«
Nachdem wir eine Weile zugange gewesen waren, sagte ich ihr, dass ich es nicht viel länger zurückhalten konnte.
»Schlag mich«, stieß sie zwischen keuchenden Atemzügen hervor.
»Was?« Ich lag auf ihr, mit geschlossenen Augen, und war ziemlich am Ende.
»Schlag mich ins Gesicht.«
Das kam mir
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