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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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so absurd vor, dass ich tatsächlich ein wenig lachen musste. »Nein, lieber nicht.«
    »Ich brauche es. Schlag mich. Komm schon. Schlag mich ins Gesicht.«
    Wem gehört die Stimme, die in den dunkelsten Augenblicken zu einem spricht? Die einen verführt, Schlimmes zu tun? Verführt – und dann zu betteln beginnt? Wen bittet man um Hilfe, wenn das eigene Gewissen gerade Mittagspause macht und man anfängt zu glauben, dass sie es wirklich so haben will?
    Klatsch der Schlampe eine, sagte Ghost. Er gackerte, besoffen vom Hennessy. Sie ist ein Freak, gib ihr, was sie haben will, du Schwuli. Wenn du’s nicht tust, tu ich’s.
    »Nein«, sagte ich. »Hör auf.«
    »Biiiitte, o Gott, tu es.«
    »Was ist denn los mit dir?«
    Sie keuchte weiter, selbst als ich mich überhaupt nicht mehr bewegte. »Kann nicht«, stöhnte sie. »Kann nichts fühlen. Ich bin innerlich tot, James. Ich bin da drinnen ganz kalt und hungrig.«
    Ich rollte mich angewidert von ihr herunter. »Verdammt noch mal, hör auf, so zu reden, sonst verschwinde ich.«
    Sie kam angeschossen und klammerte sich an mich. Ich hatte ihr den Rücken zugekehrt, und sie weinte an meiner Schulter. Nach einer Weile wälzte ich mich zu ihr herum. Sie war ein Cocktail aus mindestens sieben Emotionen, und ihre Augen schimmerten, während sie sich an mir rieb.
    »Ich werde dich verlassen«, sagte ich. »Das geht so nicht weiter.«
    Das.
    Was ist das?
    »Nein, du gehst nicht. Du musst bleiben«, sagte sie und krallte sich an mir fest. »Sag so was nie wieder. Ich lasse dich nicht gehen. Du darfst mich nie wieder verlassen.«
    Da schmolz etwas in mir dahin. Ich wollte sagen: ›Ich habe dich nie verlassen‹, konnte aber die Worte nicht formen. Der Gedanke, alles könnte ein Spiel gewesen sein, erschien mir nun gefährlich naiv. Ich fragte mich, mit wem ich eigentlich sprach. Ich schloss die Augen und ließ es geschehen.
    Statik.
    Weißes Rauschen auf einem schwarzen Bildschirm.
    Ich ließ sie tun, was sie wollte, was immer sie wollte. Sie war unersättlich. Ich konnte nicht mithalten. Ich versuchte es, aber sie war mir immer einen Schritt voraus.
    Gegen Ende der Woche fing sie an, früher als ich aufzustehen. Sie trank ihren Kaffee auf der Veranda, und manchmal hörte ich sie telefonieren, geschäftliche Angelegenheiten, Geld, ihr Haus. Es muss eine Möglichkeit geben, Dan. Finde eine. Ist mir egal. Ich suche mir einen Job, wenn es nicht anders geht. Ich döste noch ein paar Stunden weiter, und wenn ich dann aus dem Schlafzimmer schlurfte, fand ich sie mit einem gelben Schreibblock auf dem Schoß und einem Stift zwischen den Zähnen vor. Dann legte sie ihre Berechnungen und Pläne beiseite. Manchmal hatte sie Frühstück vorbereitet, oder wir gingen schnell zu Roscoe’s Chicken and Waffles . Sie ließ mich ihr Cabrio fahren, und es dauerte eine Weile, bis ich mich an die Handschaltung gewöhnt hatte, aber es war eine nette Abwechslung. Es machte Spaß, den Kopf so in den Wind zu stecken.
    »Wie läuft es mit deinem Haus?«, fragte ich eines Morgens, während ich einen gebratenen Hühnerflügel in einer Pfütze Ahornsirup herumschob.
    »Es besteht Hoffnung.«
    Sie wurde langsam zappelig, war aber nicht bereit, mich in Details einzuweihen. Ich bohrte nicht nach, doch ich begann zu befürchten, dass sie das Haus behalten würde. Vielleicht kam bald der magische Anruf von ihrem Anwalt, oder sie trieb genügend Geld auf, um die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Vielleicht verschwand sie dann. Aus Mr Ennis’ Haus, aus West Adams, aus was immer wir da laufen hatten, aus dieser Sache, die mit jedem Tag intensiver und seltsamer wurde. Ich beschloss, dass es Zeit war, zu gehen. Ich konnte in ihrer Nähe nicht klar denken. Ich würde mich nach Hause stehlen und ihr ein oder zwei Tage Freiraum lassen.
    Ich glaube, das war im Juni. Man rechnet im Juni nicht mit Katastrophen, aber das ist ein Fehler.
    Sonntagmorgen war es ungewöhnlich kühl und bedeckt. Das Haus hatte zwei Öfen, aber ich benutzte sie nie. Ich wachte fröstelnd auf meiner erkalteten Ledercouch auf. Während ich eine Tasse Kaffee vom Vortag in die Mikrowelle schob und mich fragte, ob ich mir eine Kuhgrippe oder Gänsegrippe eingefangen hatte oder was immer gerade im Umlauf war, fiel mir ein, dass ich meine Mailbox seit meiner Rückkehr nicht mehr abgehört hatte.
    Es gab elf Anrufe. Die ersten fünf hatten aufgelegt. Merkwürdig, dachte ich. Der sechste stammte von Trigger. Meine Kehle verengte sich. Ich wusste , es

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