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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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den Essbereich zur Küche. Meine Finger entdeckten einen Vierfachschalter, und ich drückte einen davon. Eine gedämpfte, indirekte Beleuchtung ging an und erhellte einen Thekenbereich unterhalb einer Telefonsteckdose, aber es war kein Telefon zu sehen. Ich befand mich in einem kleinen Vorraum der Küche, und es drang kaum Licht nach draußen. Ich glaubte nicht, dass es jemandem auffallen würde, und bezweifelte, ob es hier überhaupt Nachbarn gab. Mit der Helligkeit kehrte mein Selbstvertrauen zurück.
    Der Kühlschrank war leer, und die gelb-schwarze Energy-Star-Plakette baumelte noch an der Tür. Der Eisbereiter im Tiefkühlfach hatte noch keinen einzigen Würfel produziert. Das Gerät war nicht einmal eingesteckt.
    Im ersten Stock fand ich eine Schlafsuite. Ich erreichte sie über einen langen, mit Teppichboden ausgelegten Flur, der an einem Haushaltsraum und einem Badezimmer zur Rechten und einem kleinen Arbeitszimmer zur Linken vorbeiführte, alles unmöbliert. Als ich das Licht im Schlafzimmer einschaltete, stand ich plötzlich vor einem überdimensionalen Bett. Meine Augen registrierten noch Laken und Kissen und eine gemusterte Decke, als meine Haut zu kribbeln begann und ich zurückschreckte. Ich war darauf gefasst, dass sich jeden Moment jemand aufsetzte und zu schreien anfing. Doch das Bett war leer, die Kissen und Laken säuberlich ausgerichtet, unbenutzt.
    Unnötigerweise senkte ich die Stimme und sagte: »Hallo?«
    Nein, wenn jemand zu Hause gewesen wäre, hätte er dir inzwischen mit dem Baseballschläger eins übergezogen. Ein Makler wollte das Haus als Musterhaus präsentieren, das ist alles. Sie sind bloß nicht mehr dazu gekommen, den Rest auszustaffieren.
    Ich ging ins angrenzende Badezimmer und schaltete eine weitere Lampe ein. Eine große ovale Badewanne, in der sich Staub und tote Motten sammelten, grenzte an eine sechseckige Duschkabine, deren Glastüren streifig waren von Gipsstaub. Der niedrige, mandelfarbene Waschtisch verfügte über Becken für sie und ihn. Ich vergewisserte mich, dass das Wasser nicht braun war, und spritzte mir eine Handvoll ins Gesicht. Mit dem Hemdzipfel tupfte ich mich trocken. Ich machte das Licht wieder aus, aber die Dunkelheit war zu erdrückend. Schließlich tastete ich mich zur Toilettennische vor und schaltete dort die Beleuchtung ein. Es fiel gerade genug Licht ins Schlafzimmer, dass ich mich beruhigt fühlte.
    Der begehbare Wandschrank war groß und leer.
    Ich starrte das Bett an. Nach einer Weile fühlten sich meine Beine an wie Gummi, und ich setzte mich auf die Kante der Matratze, die so hart war, als hätte sie jemand als Abschreckung gegen das Schlafen entwickelt. Doch allemal weicher als ein Bürgersteig und sauberer als ein Rasen. Hier gab es keine Erinnerungen. Niemand hatte dieses Haus je bewohnt. Niemandem lag etwas daran. Eine Nacht lang würde es mir Sicherheit gewähren, nur für ein paar Stunden, bis die Sonne aufging. Ich schlug die Decke zurück und streifte die Schuhe ab. Dann ließ ich mich hineinsinken, bis mein Kopf den kühlen Kopfkissenüberzug berührte. Ich zog die Decke bis zu den Schultern hoch und lauschte ins Haus hinein. Kein Knarren oder Knacken. Nur Stille und Einsamkeit. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass ich aus vollem Hals hätte schreien können, ohne dass mich jemand hörte. Der Gedanke war so befreiend, dass ich es fast getan hätte. Morgen würde ich Annettes Auto stehlen und heimfahren. Morgen …
    Ich fiel in einen angenehmen, traumlosen Schlaf.
    Stunden später, aber immer noch lange vor Sonnenaufgang, erwachte ich von dem entfernten, aber unverkennbaren Knirschen vorsichtiger Schritte auf zerbrochenem Glas.

SIE
    Seinen glücklichsten Sommer verbrachte James in dem Haus am Gaynor Lake. Der kleine, kaum anderthalb Kilometer große See in Privatbesitz lag an der Front Range in Colorado. Weniger als fünfzig Häuser säumten das Ufer, und nur zwei davon standen auf der Westseite, wo die Familien Hastings und Tanner Urlaub machten. Dort lernten James und Stacey Wasserski fahren, hinter einem flachen, rot und silbern glänzenden Boot mit Corvette-Motor. Sie schwammen den halben Tag lang, warfen sich auf dem Steg den Football zu und tauchten, um sich gegenseitig in den goldenen Streifen von Sonnenlicht über der dunklen Ebene des Seegrunds zu bewundern. Die Sonne brannte sie braun, und sein Haar färbte sich beinahe so hell wie ihres. Der August schien seine Schultern zu verbreitern, erzeugte Schwielen auf seinen

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