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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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ist nicht ihre Schuld. Das Leben heutzutage ist kein Zuckerschlecken. Wir nehmen Antidepressiva, Angsthemmer und andere Pillen, um unsere menschlichen Gefühle zu unterdrücken, wie früher Vitamine und Zigaretten und trockene Martinis. Wir schlucken eine Pille zum Aufwachen und eine andere zum Einschlafen. Aus einer simplen Tasse Kaffee und einem Spaziergang nach dem Essen ist Red Bull mit Wodka geworden. Wir nehmen Pillen zur Entspannung, damit es uns leichter fällt, die nächsten fünfhundert Punkte auf unserer Aufgabenliste abzuhaken, die sowieso zum größten Teil sinnlos sind. Wir schlucken Fickpillen, aber brauchen wir wirklich Erektionen, die stundenlang anhalten? Wenn wir nicht gerade versuchen, immer mehr zu fühlen, setzen wir alles daran, gar nichts zu spüren. Einfach nur glücklich oder gottverdammt traurig sind nicht mehr erlaubt. Auf der Suche nach einem schmerzfreien Gefühlsleben schleifen wir die Ecken und Kanten der menschlichen Erfahrung immer weiter ab, bis wir eines Tages aufwachen und feststellen, dass das Leben zu einem einzigen langen Bad in einem kindersicheren Pool voller antimikrobiellem Handreiniger geworden ist.
    Deine Sucht ist deine Ausrede, Baby. Lach mal wieder.
    Ja, trink noch ein Bier, James. Schlaf im Motel, und hol dir zu einem Internetporno einen runter, damit du dich nicht mit diesem komplizierten menschlichen Lebewesen herumschlagen musst, du abgestumpftes, scheinheiliges Arschloch.
    Annette. Sie könnte selbstmordgefährdet sein. Schon mal daran gedacht? Was, wenn du abhaust, dich einfach verdrückst und zu deinem glücklichen Leben in West Adams zurückkehrst, so tust, als wärst du ihr nie begegnet, und wenn dann nächste Woche Detective Bergen an deine Tür klopft? Morgen, James, diese Freundin von Ihnen, die verrückte Nachbarin? Tja, hat sich umgebracht. Hat die Lucy gegeben. Gut gemacht, Hastings. Sie verstehen wirklich was davon, Frauen in Not zu helfen. Wissen Sie, was Sie sind? Ein Wichser. Einer von Millionen in einer Stadt von Wichsern.
    Darauf lief es hinaus. So durcheinander diese Frau auch sein mochte, sie hatte sich an mich um Hilfe gewandt. Sie hatte ihren Mann verloren. Unsere Schicksalsfäden waren miteinander verwoben. Sie hatte hilfesuchend an meine Tür geklopft, und ich hatte sie eingelassen. Was für eine Art von Mensch wäre ich, wenn ich ihr jetzt einfach alles Gute wünschte und sie sitzen ließ?
    »Annette? Kannst du mich hören?«
    Sie antwortete nicht.
    Ich schloss die Augen und sammelte mich. In der Stille und drückenden Hitze des Obergeschosses, wo meine Gedanken trüb waren und Annettes Zustand mich narrte, schien das Unmögliche möglich zu sein. Ich beugte mich näher zu ihr und sagte sehr leise:
    »Stacey?«
    Nichts regte sich in ihrem Gesicht. Sie schwitzte einfach weiter.
    »Bist du das? Kannst du mich hören, Stacey? Versuchst du, mir etwas mitzuteilen?«
    Die Muskeln in ihrer linken Wange zuckten. Nur ein kurzes, schnelles Flattern, als zupfte jemand an einem unsichtbaren Faden unter ihrem linken Auge. Dann hörte es auf, und sie lag ganz still da. Ihr Atem ging langsam. Es war verrückt, aber ich musste es versuchen. Ich musste es wissen. Ich beugte mich vor, bis meine Nasenspitze nur noch zehn Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt war.
    »Stacey«, flüsterte ich. »Ich bin hier, Liebes. Mach die Augen auf. Ich bin bei dir.«
    Annettes Atem war kaum wahrnehmbar. Nichts veränderte sich.
    Eine üble Ausdünstung hing im Raum. Es war ein neuer Geruch, leicht beißend und alkalisch. Er wirkte so vertraut und gleichzeitig fehl am Platz, dass ich eine ganze Weile brauchte, um ihn einzuordnen – wobei meine Gedanken zu Henry als Welpen und Flecken auf den Teppichen zurückglitten. Es war Urin. Ich sprang auf und rieb mir den Mund.
    Oh, ich verstehe. Das ist echt. Sie ist sehr krank.
    Ich streckte die Hand aus und zog ihr die Zudecke bis zu den Knien herunter, und dann musste ich mir in die Hand beißen, um nicht laut aufzuschreien.

25
    Dass ich mir auf die Knöchel biss, bis die Augen tränten, lag nicht an dem großen nassen Fleck, der sich um ihren Unterleib ausgebreitet hatte. Es war ihre Haut. Annette trug nur ein geripptes Tanktop und einen blauen Baumwollslip. Sonst war sie nackt und bleich. Nein, bleich traf es nicht richtig. Die Haut an Beinen, Armen, Hals und überall sonst, wo man sie sehen konnte, war weiß wie Alabaster .
    Wie viele Rothaarige hatte Annette Hunderte von Sommersprossen. Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass

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