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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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eigenen Wagemut, dann zurück in die getrennten Zimmer. Keiner von ihnen konnte schlafen, schweißgebadet und moskitogeplagt, und in diesem Augenblick konnten sie beinahe die Gedanken des anderen lesen, wussten, dass sie sich beide nach dem neuen Tag sehnten, damit sie wieder von vorne anfangen konnten.
    Tulsa war so heiß im Sommer, Colorado dagegen das Paradies, und sie versprachen sich immer, eines Tages zurückzukommen. Es war eine jährliche Tradition.
    »Wenn wir erwachsen und verheiratet sind, meinst du, wir können dann hier wohnen und Babys haben?«, fragte Stacey ihn in der letzten Nacht. Sie waren wieder beim Schwimmen, das Wasser glänzte schwarz auf ihrer Gänsehaut. »Hier möchte ich leben, wenn wir reich genug sind, uns ein Haus am See zu kaufen.«
    Und James sagte: »Das wäre cool.«
    Stacey lachte.
    Hier verliebten sie sich ineinander, es war der Ort ihrer ersten Liebe. Er verknüpfte eine ganz durchschnittliche Kindheit mit einer unwahrscheinlichen Zukunft, und daher behielt er immer eine seltsame Macht über sie. Ihre Eltern schöpften nie Verdacht. Sie waren sehr geschickt in ihrer Heimlichtuerei, und obwohl es nur ein schnell vergangener Monat war, währte er für immer.

27
    Zuerst wusste ich nicht, wo ich war. Ich hob den Kopf vom Kissen und sah zum Fußende des Betts, über dem ein schmaler Lichtstreifen lag, und dachte, ich wäre zu Hause, in meinem Schlafzimmer in West Adams. Das knirschende Geräusch kam von der anderen Seite des Hauses. Doch die Umgebung schien irgendwie aus dem Lot geraten zu sein, und in dem Moment fielen mir die Ereignisse wie eine Reihe umfallender Dominosteine wieder ein. Ich erinnerte mich, dass ich mich in einem fremden Haus befand, dem leeren Haus in Sheltering Palms. Ich hatte ein Fenster eingeschlagen …
    Das Knirschen ging noch ein paar Sekunden lang weiter, dann wurde es still. Ich dachte an Annette, an die alabasterne Skulptur, in die sie sich verwandelt hatte. Es war unwahrscheinlich – ich weigerte mich einfach, daran zu glauben –, dass sie mir gefolgt war. Dafür handelte sie nicht logisch genug. Aber sonst wusste ja keiner, dass wir in Sheltering Palms waren. Das hieß, dass die Geräusche auf den Glasscherben entweder von einem neugierigen Nachbarn stammten, der Licht gesehen hatte, oder dem Besitzer, der nach Hause gekommen war. Im günstigsten Fall war es gar kein Mensch, sondern ein Tier. Ein Reh oder ein Kojote vielleicht. Aber Tiere suchen nach Futter. Und im Haus gab es nichts zu essen. Was außer Futtergerüchen würde ein Tier über einen Fenstersims und durch eine schmale Öffnung locken? Nichts.
    Mir blieben nur zwei Möglichkeiten. Ich konnte aufstehen, hinuntergehen und mich dem Problem stellen. Die Situation aufklären, mich entschuldigen, das Beste hoffen. Oder ich konnte versuchen, durch eines der drei Fenster neben dem Bett zu entkommen. Ich hatte sie nicht groß beachtet, als ich mich hinlegte. Sie waren einfach drei hohe schwarze Rechtecke hinter zwei Lagen von Gardinen, erst ein schwerer, hellgrüner oder blauer Stoff, dahinter ein hauchdünner Store. Ich konnte keine Griffe oder Riegel sehen, aber sie mussten ja irgendwie aufgehen. Falls jemand kam, konnte ich einen Flügel aufreißen und in die Nacht hinausspringen.
    Ich wälzte mich herum und legte mich wieder aufs Kissen. Ich würde warten. Seit mindestens zwei Minuten hatte ich keinen Laut mehr gehört, und möglicherweise war der Eindringling ja ein anderer nächtlicher Wanderer wie ich. Vielleicht schnüffelte er ein bisschen herum, stellte fest, dass nichts von Wert vorhanden war, und wandte sich dem nächsten leerstehenden Haus zu. Ich legte mich so hin, dass ich die offen stehende Tür im Auge behielt. Der Flur war dunkel und der Winkel ungünstig. Ich konnte nur ein, zwei Meter weit sehen, und auch nur die linke Wand. Wenn ich Pech hatte, stand der Eindringling plötzlich in der Tür, ohne dass ich ihn vorher bemerkte. Mein einziger anderer Fluchtweg war gar kein Fluchtweg, sondern nur ein Versteck. Aber ich bezweifelte, dass die Tür des begehbaren Wandschranks sich von innen verriegeln ließ.
    Die nächsten paar Minuten dehnten sich endlos. Vielleicht waren es nur fünf, es kann aber auch eine halbe Stunde gewesen sein. Ich bildete mir ein, Schritte auf der Treppe und über mir zu hören, aber je konzentrierter ich lauschte, desto undefinierbarer wurden die Geräusche. Die Stille vertiefte sich, und meine Ohren fingen an zu klingeln. Ich bewegte den Unterkiefer,

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