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Ewig Dein

Ewig Dein

Titel: Ewig Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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begann, fuhren sie (in ihrem weißen Citroën) gemeinsam zu Mama. »Ich spring nur rasch zu ihr hinauf, du kannst ruhig im Auto bleiben«, sagte sie. Er ging mit. In der Rechten hielt er einen großen violetten Regenschirm, in der Linken einen Strauß Pfingstrosen, den er ihrer Mutter an der Wohnungstür mit einer bühnenreifen Verbeugung überreichte. Sie mochte ihn sofort, er trug ja ungefähr die Mode ihrer Jugend. Sie umarmte ihre Tochter stürmischer als sonst. Es war da auch der Glückwunsch dabei, endlich einen Mann gefunden zu haben, der zu ihr passte – zu ihr, der Mama.
    »Und was machen Sie beruflich?«, fragte Mama während der Fahrt. Hannes: »Ich bin Architekt, gnädige Frau.« Mama: »Ah, Architekt!« Hannes: »Mein kleines Büro spezialisiert sich auf den Um- und Neubau von Apotheken.« Mama: »Ah, Apotheken, großartig!« – »Vielleicht baut er dir eine eigene, Mama«, ätzte Judith.
    Nach zweieinhalb Stunden hatten sie das notdürftig hergerichtete alte Gutshaus in der Einschicht des oberösterreichischen Mühlviertels erreicht. Hedi betrieb dort eine kleine Biolandwirtschaft. Ali arbeitete als Landschaftsfotograf, aber eher selten, da musste die Landschaft schon gehörig darum betteln. Materielles war ihnen nicht so wichtig, auch auf Haarbürsten und Bartschneider konnten sie verzichten.
    »Ich bin der Hannes«, sagte er in seiner chronischen Begrüßungs-Euphorie und streckte Ali viel zu stürmisch die Hand entgegen. Der Bruder wich reflexartig zurück. »Hannes ist mein Freund«, rechtfertigte Judith sich, ihn und die Situation. Ali starrte ihn wie ein Weltwunder an. »Er ist Architekt«, fügte Mama hinzu. Dabei wanderten ihre Augen, über denen sich die Brauen gehoben hatten, zwischen Ali und Hedi hin und her. Hannes überreichte den beiden einen Dreierkarton südburgenländischen Bioweins. »Meiner Meinung nach der beste aus der Gegend«, sagte er. Ali verabscheute Wein. Judith wäre am liebsten gleich wieder gegangen. Es wäre vermutlich gar nicht aufgefallen.
    Der Abend verging rund um den Bauerntisch unter einem verstaubten pseudorustikalen Lampenschirm – im Schleichtempo. Judith beschäftigte sich hauptsächlich mit dem sich verflüssigenden und dann wieder verfestigenden Wachs der Kerzen auf dem silbernen Ständer vor ihr. Sie formte schöne Kugeln, drückte sie mit dem Daumen auf die Tischplatte, löste die Plättchen mit dem Messer und formte daraus wieder Kugeln.
    Hannes hielt beinahe ohne Unterbrechung eine Hand auf ihrem Knie, welches immer heißer wurde. Die andere setzte er für unterstützende Gesten ein, während er der Familie abwechselnd die Architektur, die Liebe (zu Judith) und die Welt erklärte. Er war mit Abstand die gesprächigste und agilste Person in dieser Runde.
    Streit gab es nur vereinzelt. Hedi strebte eine Heimgeburt mit einer tschechischen Hebamme an, Mama plädierte energisch für das Allgemeine Krankenhaus in Wien, die waren auf so etwas besser eingerichtet, vor allem hygienisch, meinte sie und funkelte Hedi dabei an. Hannes beendete die Diskussion, indem er, abseits der obligaten familiären Geldspenden, ein eigenes Geburtstagsgeschenk für die Hochschwangere auspackte, das er offenbar am Vormittag besorgt hatte: zwei Baby-Strampelhosen, eines in rosa, eines in hellblauer Farbe. »Weil wir ja nicht wussten, ob Mädchen oder Bub«, erklärte er und zwinkerte Judith zu. Mama lachte. Ali schwieg. »Es wird ein Mädchen«, sagte Hedi zu Hannes. Und: »Die blaue Hose heben wir für euch auf.« Mama ließ ihr Lachen in die Verklärtheit gleiten. Ali schwieg. Hannes strahlte. Judith nahm sachte seine Hand vom Knie. Sie musste dringend auf die Toilette.
     
6.
    Am späten Abend kamen die Winningers dazu. Mit Lukas, dem besten Freund ihres Bruders, war Judith einmal liiert gewesen – ein angenehmer, sensibler, kluger Mann. Er hatte als Buchhandelsvertreter in Deutschland gearbeitet – und war für sie somit das Gegenteil von Hannes: nie da gewesen. Erst für Antonia, eine Linzer Anglistikstudentin, die aussah, als wäre sie seine Zwillingsschwester, hatte er den Job aufgegeben und eine Stelle in der Stadtbibliothek angenommen. Viktor war mittlerweile schon acht, Sibylle sechs Jahre alt.
    Ali ging mit den Kindern in den Garten Bogenschießen, trotz Regen. Vielleicht wollte er auch einfach nur Haare waschen. Lukas lenkte Judith von den Wachskugeln ab und redete mit ihr vertraulich über alte und neuere, über möglicherweise zu früh abgebrochene und zu spät

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