Ewig sollst du bueßen
geben.«
Seine Stimme war fast ein Flüstern: »Warum tust du das, Anna?«
»Nein, warum tust du das?«, schrie sie und
schob ihn weg. »Du hast ihn freibekommen â du hast gegen mich gekämpft, um ihn freizubekommen â und nun hat er sie getötet! Und du wirst wieder versuchen, ihn freizubekommen!«
»Das ist mein Job!«, schrie Nick zurück.
»Sollte es aber nicht sein! Nicht, wenn du ein Herz hast! Hier geht
es nicht um irgendwelches Konkurrenzgehabe auf der Uni â es geht um wirkliche
Menschen. Laprea ist tot und es ist unsere Schuld! Ihre Kinder haben die Mutter verloren!
Fühlst du dich dafür denn nicht verantwortlich?«
»Ich fühle mich schrecklich! Aber ich kann jetzt nichts dagegen
unternehmen! Ich kann es nicht ungeschehen machen. Aber ich bin ein Verteidiger.
In Amerika verdient es jeder, die beste Verteidigung zu haben. Das ist mein
Job. Ich verteidige Menschen gegen den Staat.«
»Deine Arbeit setzt Kriminelle auf freien FuÃ!«
»Er ist unschuldig, solange seine Schuld nicht bewiesen ist! Du
meinst, er sollte nicht verteidigt werden. Es wäre auch viel einfacher, wenn du
ihn einfach so für schuldig befinden könntest, nicht wahr? Aber weiÃt du was?
Er bekommt eine Verhandlung mit einer Jury und einem Anwalt.«
»Belehre mich verdammt noch mal nicht über rechtliche
Vorgehensweisen! Hier geht es nicht um die Frage, ober er einen Anwalt bekommt
oder nicht, hier geht es um dich ! Und um mich und
Laprea und Dâmarco. Ich habe sie nicht beschützt â ich habe versagt. Du hast
ihn rausgehauen â du hattest Erfolg. Ich weià nicht, wer von uns beiden
schlimmer ist. Ich weià nur, dass ich dieses Mal nicht verlieren werde.«
»Anna, das ist lächerlich«, erwiderte er und seine Augen wurden
schmal. »Mach mich nicht dafür verantwortlich, dass du es nicht geschafft hast,
Dâmarco Davis zu verurteilen.«
Anna atmete scharf ein. Sie fühlte sich, als ob man ihr gerade in
den Bauch getreten hätte. Das war das Schlimmste, was jemals jemand zu ihr
gesagt hatte.
»Du Arschloch«, flüsterte sie.
»Du bist jetzt einfach durcheinander«, sagte Nick und legte seine
Hand auf ihren Arm. »Das ist nur zu verständlich. Aber versuche, dich zu
beruhigen. Du brauchst den Fall nur einfach wegen Befangenheit abzulehnen.«
» Ich soll wegen Befangenheit ablehnen?«
Ihre Stimme hatte jetzt eine völlig schrille Tonlage, die sie noch nie zuvor
gehört hatte. Sie zog ihren Arm weg. »Ich kann nicht mehr mit dir zusammen
sein, Nick. Ich werde deinen Mandanten wegen Mordes anklagen. Und da geht es
nicht einfach nur um einen Interessenkonflikt. Ich kann nicht mit jemandem
zusammen sein, der einen Mann wie Dâmarco Davis verteidigt. Ich weià nicht, wie
du das erträgst â ich kann es jedenfalls nicht.« Sie ging zur Tür und öffnete
sie. »Jetzt mach, dass du verdammt noch mal aus meiner Wohnung kommst!«
Er starrte sie an und war so wütend, dass er nicht einmal antworten
konnte.
So hätte es eigentlich nicht ablaufen sollen. Wenn sie sich schon
trennten, so hatte sie gehofft, dass sie es als zwei gutwillige Menschen tun
würden, die durch äuÃere Umstände dazu gezwungen worden waren, und zwar vernünftig,
folgerichtig und traurig, aber mit GröÃe. Vor ihrem inneren Auge hatte sie sich
in einem langen Reifrock an der Reling eines Ozeanriesen stehen sehen, der auf
die offene See hinausfuhr, und mit einem Spitzentaschentuch Nick zuwinkend, der
am Kai zurückblieb. Ein zivilisiertes, romantisches Abschiednehmen. Nicht
dieser schrille Schlagabtausch in ihrem Kellerapartment. In einer entfernten
Ecke ihres Geistes war sie sich vage bewusst, dass sie es eines Tages bereuen
würde, ihn so weggeschickt zu haben. Doch jetzt kochte sie und war nicht in der
Lage, irgendetwas zurückzunehmen. Sie stand an ihrer Tür und starrte ihn an.
Nick stolzierte wortlos hinaus. Anna schloss die Tür und beobachtete
durch das Fenster, wie er verärgert davonging. Als er verschwunden war,
stolperte sie in ihr Schlafzimmer, warf sich aufs Bett und weinte sich in den
Schlaf.
KAPITEL 14
Der erste Hinweis, dass etwas nicht in Ordnung war, ergab
sich bei der Autopsie.
Dr. Danielle Laroche überprüfte den Namen auf dem Bändchen am
Handgelenk: Laprea Johnson. Der Körper lag nackt auf einem stählernen
Rollwagen. Dr. Laroche schob
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