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Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
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ihn aus der Kühlung und den Flur hinunter zum
Autopsieraum, vorbei an mehreren anderen Leichen, die auf Bahren den Flur hinunter
standen. Manche waren mit Laken abgedeckt, andere waren nackt. Jede Größe und
Farbe des menschlichen Spektrums war vorhanden: Junge und Alte, Männer und
Frauen, schwarz, weiß und braun, aufgeblasen und ausgezehrt, mit Tattoos und makellos,
haarig und kahl, weniger gut und besser bestückt, lagen sie dort alle steif in
der fahlen Blässe des Todes. Der Körper eines Kindes wirkte winzig auf der
großen Bahre.
    Die Behörde des leitenden Rechtsmediziners war zuständig für die
Untersuchung jedes verdächtigen Todesfalles in D.C. Mit über 4000
Untersuchungen jedes Jahr und nicht genügend Pathologen, um sie durchzuführen,
war die Behörde mit Dutzenden von alten Fällen, für die noch ein Totenschein
oder ein Autopsiebericht fehlten, im Rückstand. Doch über Laprea Johnsons Fall
war einiges in den Zeitungen geschrieben worden, weshalb er sofort Dr. Laroche,
ihrer besten Pathologin, zugeteilt worden war. Dr. Laroche war eine schöne
schwarze Frau, die Grübchen in ihren Wangen hatte, wenn sie lächelte. Bei den
Geschworenen war sie sehr beliebt.
    Die Ärztin schob den Rollwagen in die Autopsie, ein weitläufiger
Raum, der von Neonlampen hell ausgeleuchtet wurde. Die Wände waren mit
Stahlbecken gesäumt und Tresen, die mit Glasgefäßen und Bechern vollstanden.
Der weiße geflieste Boden, der jeden Tag mit einer starken desinfizierenden
Lösung geschrubbt wurde, glänzte trotz der schmutzigen Arbeit, die hier täglich
verrichtet wurde. In der Mitte des Raums gab es ein Dutzend Autopsieplätze.
Pathologen und Ärztepersonal beschäftigten sich schon mit elf Leichen in
verschiedenen Stadien der Untersuchung. Über jedem Platz hingen die notwendigen
Werkzeuge und Schläuche an Schnüren von der Decke.
    In einer Ecke des Raums befand sich eine Bodenwaage, die nur
unwesentlich größer war als der Rollwagen. Dr. Laroche schob den Rollwagen auf
die Waage, die automatisch das Gewicht des Wagens abzog. Die Ärztin stellte das
Gewicht der Leiche fest und machte sich eine Sprachnotiz auf einem kleinen
Diktiergerät in ihrer Hand. »Siebenundvierzig Kilo.« Ihre Stimme hatte einen
leichten karibischen Akzent, der auf ihre Kindheit in Jamaika zurückging. Am
Ende würde sie ihre Tonbandaufnahmen für ihren Autopsiebericht benutzen.
    Die Pathologin schob den Wagen nun an den noch verbliebenen
Autopsieplatz, um ihre Untersuchung fortzusetzen. Sie sprach ihre Ergebnisse
wieder auf das Tonbandgerät.
    Â»Es handelt sich bei der Leiche um den Körper einer schlanken
afroamerikanischen Frau, einundzwanzig Jahre alt, eins fünfundfünfzig groß.
Kleine runde Blutergüsse, ungefähr fünf Zentimeter im Durchmesser, die von Fingern
stammen könnten, bedecken ihre Oberarme, die linke Schulter und den Oberkörper.
In den Augenhöhlen befinden sich auf beiden Seiten Subduralhämatome«, sagte
sie, als sie Lapreas zugeschwollene Augen untersuchte. »Diese Verletzungen
waren, obwohl sie recht auffällig sind, nicht tödlich.«
    Auf einem Vordruck, der einen Frauenkörper zeigte, zeichnete sie die
Stellen der Verletzungen ein. Die Ärztin schaute sich genau die große
Vertiefung auf der linken Seite von Lapreas Schädel an. Keine Schusswunden,
keine Messerverletzungen. Die Einwirkung stumpfer Gewalt. Bevor sie auch nur
einen einzigen Schnitt setzte, wusste die Ärztin, dass dies die Todesursache
war. Trotzdem musste alles untersucht und dokumentiert werden.
    Die Pathologin nahm ihr Skalpell und fing mit einem langen Schnitt
hinter Lapreas rechtem Ohr an, zog ihn über ihren Kopf und beendete ihn hinter
dem linken Ohr. Am Ende der Untersuchung würde die Ärztin den Schnitt wieder
vernähen, sodass er bei einer Aufbahrung nicht sichtbar wäre. Dr. Laroche zog
die Haut zu beiden Seiten des Schnitts zurück und legte den Schädel frei. Einem
Laien mochte es so vorkommen, als ob ein rotes Tuch den unteren Teil von
Lapreas Gesicht bedeckte, aber es war ihr Gesicht –
von innen nach außen gekehrt. Dr. Laroche konnte nun an dem Schädel einen
tiefen Bruch auf der linken Seite feststellen, eine breite Spalte, die von der
Schläfe bis zur Schädelbasis verlief.
    Dr. Laroche setzte sich eine durchsichtige Plastikmaske auf und zog
die

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