Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig sollst du bueßen

Ewig sollst du bueßen

Titel: Ewig sollst du bueßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Leotta
Vom Netzwerk:
Gottesdienstes war von Trauer
geprägt, doch bei der Zusammenkunft ging es nicht um das Trauern. Die
Gottesdienstteilnehmer waren hier, um das Leben der Frau zu preisen, die sie
liebten, und Trost in dem Glauben zu finden, dass sie zu Gott, ihrem Erlöser
und Schöpfer, heimgegangen war.
    Anna musste an die Beerdigung ihrer eigenen Mutter denken, die vom
Ton her so ganz anders gewesen war. Sie schloss die Augen. Die harte Holzbank
an ihrer Schulter hatte sich allerdings in der Kirche von Michigan genauso
angefühlt. Sie war auf der Uni gewesen, als sie den schrecklichen Anruf von
Jody bekommen hatte. Ihre Mutter war bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Ein Betrunkener hatte eine rote Ampel überfahren und sie dabei erwischt. Die
Tragödie hatte Anna den Boden unter den Füßen weggezogen, aber selbst als sie
in der Ecke ihres Studentenzimmers saß und dann in der Kirche ihrer Mutter,
wusste Anna, dass sie doch in gewisser Weise mehr bekommen hatte, als sie hätte
erwarten dürfen. Diese letzten zwölf Jahre mit ihrer Mutter, fern vom Vater und
seiner wütenden Gewalttätigkeit. Zwölf gute Jahre, ohne Angst und Schmerz.
    Aber was Anna getan hatte, um diese Jahre zu bekommen, war
unvorstellbar. Unverzeihlich.
    Sie öffnete die Augen, als eine Frau vor ihr spontan aufstand, ihre
Arme erhob und rief: »Amen, Bruder!«
    Anna mochte diesen Gottesdienst. Obwohl der Tod ihrer Mutter durch
einen Unfall und nicht durch menschliche Niedertracht gekommen war, so war der
Gottesdienst in ihrer lutherischen Kirche doch viel düsterer gewesen als dieser
hier. Anna konnte sich noch an die angespannten Gesichter der Menschen
erinnern, die gekommen waren, um ihr Beileid auszusprechen, die vorgegebenen
Sprechgesänge, die sie pflichtschuldig mit anstimmten. Hier fühlte sie sich
wohler. Es war eine positive und persönliche Bekräftigung ihrer Überzeugung,
dass diese geliebte Person nun an einem besseren Ort war.
    Sie fragte sich, was Nick wohl denken würde – und ihr wurde bewusst,
dass sie nicht mit ihm darüber würde reden können, nicht später am Abend,
höchstwahrscheinlich nie mehr. Ähnliche Schrecksekunden hatte sie in den
letzten Tagen öfter gehabt. Anna lehnte sich zurück und atmete tief durch.
Obwohl sie Nick vermisste, fühlte sie zum ersten Mal seit Lapreas Tod ein klein
wenig Frieden. Und das hatte sie der Vergebung von Rose zu verdanken. Wenn man
doch nur D’marco schnappen könnte, dachte sie bei sich.
    Er war näher, als sie vermutet hätte. Auf der Straße vor der Kirche
saß D’marco in einem elf Jahre alten Toyota Corolla, den er wegen seiner dunkel
getönten Scheiben gestohlen hatte. In der Zündung steckte immer noch ein
Schraubenzieher. Er lehnte sich im Fahrersitz zurück und beobachtete die
Kirche, wie er es schon den ganzen Morgen getan hatte, beobachtete, wer
hineinging und wer herauskam. Eine kleine Flasche Wild Turkey hatte er neben
sich, doch sie war fast voll. Noch war er nicht so weit, Dummheiten zu machen.
Noch hatte er sich unter Kontrolle. Er saß einfach ruhig und geduldig da,
wartete den richtigen Augenblick ab.
    D’marco hatte den Corolla mit den dunkel getönten Scheiben
auch drei Tage später noch. Er war nüchtern, als er den Wagen auf den Weg
hinter Roses Haus lenkte. Mit einiger Mühe hatte er diesen Nachmittag auf das
Trinken verzichtet. Er musste einen klaren Kopf haben bei dem, was er vorhatte.
    Er fuhr den Weg hinunter, eine schmale betonierte Zufahrt auf der
Rückseite der Reihenhäuser mit ihren eingezäunten Gärten. Es war ein ruhiger,
diesiger Sommernachmittag und es war niemand unterwegs. In der Ferne bellte ein
Hund, aber niemand schien Notiz von D’marco zu nehmen, als er den gestohlenen
Wagen ein paar Häuser von Roses Garten entfernt abstellte. Er zog den langen
schwarzen Schraubenzieher aus der Zündung und steckte ihn in die Tasche seiner
Jeans. Ihm schlug eine Wand feuchter Hitze entgegen, als er aus dem Wagen
stieg. Insekten summten laut.
    D’marco schloss leise die Tür und ging zu Roses Maschendrahtzaun. Er
konnte Dameka und D’montrae auf der hinteren Veranda spielen sehen. Rose würde
im Haus sein, das Essen vorbereiten oder telefonieren. D’marco atmete tief
durch. Er musste es tun.
    Er kletterte über den Zaun, landete weich im Gras und kroch
verstohlen zu der von Insektengitter umgebenen Veranda. Die Zwillinge

Weitere Kostenlose Bücher