Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
Vom Netzwerk:
nur ein. Trotzdem schaute sie sich hastig um, blickte über die Reporter hinweg, die ihre Sachen einpackten, beäugte die Kameraleute mit den geschulterten Geräten, die sensationsgierigen Schaulustigen in dunklen Mänteln und Mützen, die in der Entfernung verschwammen. Warum hatte sie das Gefühl, ins Visier genommen zu werden? Sie allein? Sie dachte an den Mann, den sie neulich morgens in der Nähe des Restaurants im Gestrüpp gesehen hatte, und ihr stockte der Atem. Mehrere hoch gewachsene Männer schienen im Hintergrund unterzutauchen, bewegten sich fort von der Masse und den Straßenlaternen, die gerade zu leuchten begannen. Ob einer von denen sie bewachte? Du entwickelst dich wirklich zum Angsthasen, Nikki, ermahnte sie sich und schaltete ihren Rekorder aus. »Hast du gekriegt, was du wolltest?«, flüsterte eine Männerstimme an ihrem Ohr, und sie erschrak sichtlich. Als sie sich umdrehte, krampfte sich ihr Herz angstvoll zusammen. Neben ihr stand Norm Metzger.
    »Ich glaube schon.«
Bleib ruhig. Er ist ein Ekel, ein neidischer Kollege, aber ansonsten harmlos.
    »Du auch?«
    »Was sollte diese Frage, ob der Mörder Kontakt mit den Bullen aufgenommen hat?«
    »Das ist nicht ungewöhnlich. Das weißt du ja selbst. Oder solltest es wissen. Schließlich bist du doch zuständig für die Berichterstattung über Verbrechen.«
    »Aber Marlowe ist auf deine Frage hin fast die Treppe runtergefallen. Hat dein Informant dir erzählt, dass der Mörder die Polizei angerufen oder ihr geschrieben hat?«
    »Ich habe eine ganz gewöhnliche Frage gestellt, mehr nicht.« Sie stopfte den Rekorder, Stift und Block in ihre Tasche. »Ich muss jetzt los.«
    Unter seiner tief in die Stirn gezogenen Wollmütze wurden seine Augen schmal. »Du weißt etwas.«
    »Gott, Metzger, mag sein, dass es dich schockiert, aber ich weiß eine ganze Menge. Gut, dass du es endlich bemerkst.« Damit drehte sie sich um und ging zu ihrem Wagen. Sie rechnete halb damit, dass Metzger ihr nachlief, hörte jedoch keine Schritte in ihrem Rücken, und als sie ins Auto stieg, sah sie Norm und Jim Levitt auf Norms Impala zusteuern. Es gefiel ihr gar nicht, dass ihre Frage sein Misstrauen geweckt hatte. Glücklicherweise startete der Motor ausnahmsweise einmal schon beim ersten Drehen des Zündschlüssels, und sie fuhr eilig davon.
    Zurück im Büro stellte sie ihre Story fertig, reichte sie ein und erkannte mit einem Blick auf die Uhr, dass sie spät dran war. Als sie zur Hintertür hinausschlüpfte, saß Metzger noch an seinem Schreibtisch.
    Im Auto behielt sie den Rückspiegel im Auge, um sich zu vergewissern, dass Metzger oder sonst jemand ihr nicht folgte. Ihr Interview mit Pierce Reed war eine vertrauliche Angelegenheit. Streng vertraulich.
    Reed schaute auf seine Uhr. Jetzt hatte sie bereits fünf Minuten Verspätung. Eine Viertelstunde lang würde er noch warten, und wenn sie dann nicht erschien, wäre Nikki Gillette für ihn gestorben. Bildlich gesprochen. Er saß hinter dem Steuer seines Eldorado auf dem dunklen Parkplatz und überdachte sein Vorgehen. Was er plante, konnte ihn seine Dienstmarke kosten. Aber er musste etwas unternehmen. Musste alles tun, um herauszufinden, wer Bobbi in diesen Sarg gesteckt hatte.
    Allmählich beschlugen die Scheiben, trotzdem behielt er Johnny B’s Low Country Grill im Auge – ein Restaurant, das laut der flackernden Neonreklame
Weltberühmte Südstaaten-Grillspezialitäten
anbot. Die Behauptung erschien ihm ein bisschen vollmundig, doch immerhin war der Parkplatz voll von Pick-ups, zerbeulten Bullis und Kombis. Sein Wagen passte gut dazu. Reed sah die Gäste kommen und gehen, sich Schulter voran durch die Doppeltür des niedrigen Gebäudes drängen, das mit seinen großen Fenstern, den schmuddeligen ehemals weißen Mauern und dem flachen Giebeldach ganz im Fünfzigerjahre-Stil gehalten war. Er war bereits im Restaurant gewesen. In zwei braunen Papiertüten lag sein und Nikkis Abendessen neben ihm auf dem Sitz. Trotz der Dunkelheit erkannte er, dass sich Fettflecken auf dem Papier gebildet hatten.
    »Komm schon, komm schon«, knurrte er, erstaunt darüber, wie wichtig es ihm plötzlich war, mit Nikki Gillette zu sprechen. Jahrelang hatte er einen weiten Bogen um jeden gemacht, der mit der Presse zu tun hatte. Und Nikki hatte er gemieden wie die Pest. Scheinwerfer blitzten auf, und ein Auto fuhr auf den von Schlaglöchern übersäten Parkplatz. Mit kreischenden Reifen hielt ein kleiner silberner Wagen an. Nikki

Weitere Kostenlose Bücher