Ewig sollst du schlafen
Heimweg«, erwiderte sie. »Meine Freundin ist verschwunden und –«
»Ich habe davon gehört.« Seine harten Züge wurden etwas weicher. »Es tut mir sehr Leid.«
»Hoffentlich finden Sie sie. Und zwar bald. Komm her, Mikado!«
Cliff nickte kurz. »Wir tun unser Bestes.«
»Danke«, sagte sie und hätte ihn um ein Haar mit dem Vornamen angesprochen und Reed damit verraten, dass sie mit Cliff Siebert befreundet war. Reed wusste nichts davon, hatte keine Ahnung, dass Siebert ihr Informant in der Behörde war, und so sollte es auch bleiben. Sie nahm das Hündchen auf den Arm.
»Ich fahre Sie nach Hause«, bot Reed an, und sie zwang sich zu einem Lächeln. Er deutete auf Mikado. »Der Hund kann Ihnen Gesellschaft leisten.«
Sie nickte. Als sie und Reed das Büro verließen, spürte sie Cliffs Blick im Rücken, war jedoch zu erschöpft, um sich zu fragen, was er wohl dachte. Doch was sie tat, ging ihn sowieso nichts an.
Draußen umfing sie die nächtliche Finsternis, und sie fühlte sich noch niedergeschlagener als zuvor. Die Feuchtigkeit drang in ihre Kleider, und sie fror erbärmlich. Kein Mensch war zu sehen, und die leeren Straßen wirkten bedrohlich. Das bläuliche Licht der Straßenlaternen spiegelte sich gespenstisch auf dem Pflaster.
Sie stieg in den Eldorado und lehnte sich, Mikado auf dem Schoß, schwer gegen die Beifahrertür. Wortlos setzte sich Reed hinters Steuer, lenkte den Wagen vom Parkplatz und schlug den Weg zu Nikkis Wohnung ein. Sie war unendlich müde, alle Muskeln schmerzten, doch ihre Gedanken rasten. Während sie den Hund streichelte, versuchte sie vergebens, sich gegen die Schuldgefühle zu wehren. Wo war Simone? Befand sie sich in der Gewalt dieses widerlichen Scheusals?
Bitte, mach, dass sie in Sicherheit ist. Dass sie lebt. Lass nicht zu, dass sie eines unvorstellbar grauenhaften Todes stirbt.
Die Stadt lag still da, aus den Häusern fielen nur vereinzelt Lichter in die Dunkelheit. Reed verharrte in seinem Schweigen, und alles, was Nikki hörte, waren das Dröhnen des Motors, das Sirren der Reifen und das Knistern des Polizeifunksenders mit seinen kurzen, abgehackten Meldungen. Simones Hündchen, die Vorderpfoten auf die Fensterkante gestemmt, die Nase an die beschlagene Scheibe gepresst, hatte das Winseln inzwischen eingestellt und gab keinen Mucks von sich. Nikki versuchte, nicht an Simone zu denken, bemühte sich erfolglos, die entsetzlichen Bilder zu verdrängen. Schließlich konnte Nikki die Stille nicht mehr ertragen. »Himmel, wenn ich nur wüsste, wo sie steckt.«
»Machen Sie sich nicht völlig fertig mit solchen Gedanken«, riet Reed, während er den Wagen durch Nebengassen und enge Straßen steuerte. Eine aufgeschreckte Katze sprang aus dem Dunkel und huschte durch einen schmiedeeisernen Zaun. »Es ist nicht Ihre Schuld.«
»Ich hätte mich mit ihr verabreden sollen.«
»Sie wussten doch nicht, was passieren würde.«
»Aber ich war unachtsam.«
»Das spielt keine Rolle.« Er nahm die letzte Kurve, dann rollte er auf den Parkplatz und stellte den Cadillac neben Nikkis Subaru ab. »Er hätte so oder so einen Weg gefunden, sie zu erwischen. Ihr Handy war Mittel zum Zweck, aber wenn er es nicht hätte benutzen können, wäre ihm eine andere Lösung eingefallen. Dieser Kerl hat einen Plan.« Reed drehte den Zündschlüssel um, der Motor erstarb und tickte leise, als er abkühlte. »Ich fühle mich trotzdem verantwortlich«, gestand sie und langte nach dem Türgriff. Die Scheiben waren beschlagen, bildeten eine schwache Barriere gegen die Welt da draußen. »Ich auch.«
»Sie sind nicht ihr bester Freund.« Sie streichelte Mikado, und er wedelte mit seinem Stummelschwanz.
»Nein, ihr Freund bin ich nicht. Ich kenne sie nicht einmal.
Ich bin nur Bulle. Versuche, den Typen zu stellen. Das ist mein Beruf. Aber bisher habe ich versagt.«
»Ein kluger Mann hat mir geraten: ›Machen Sie sich nicht völlig fertig mit solchen Gedanken.‹« Sie lächelte freudlos.
»Nicht unbedingt klug, glaube ich, aber ich will versuchen, mir seinen Rat zu Herzen zu nehmen.«
»Sie werden Chevalier schnappen.«
Er nickte, rieb sich den Nacken und blickte düster hinaus in die Schwärze jenseits der Windschutzscheibe. »Ja, er kommt nicht weit.« In seinem Tonfall schwang ein Hauch von Zweifel mit – das war neu, stellte Nikki fest. »Aber …«
»Aber was?«, fragte sie und bemerkte die Ratlosigkeit in seinem Gesicht, das Zögern in seinen Augen, als er in das Scheinwerferlicht
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