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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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Entsprechend sah sie auch aus. Lockiges rotblondes Haar, strahlende Augen, fester, kleiner Arsch. Aber sie machte einem nur Ärger. Und sie war nicht nur eine aggressive Journalistin, sondern obendrein die Tochter des ehrenwerten Richters Ronald Gillette.
    Behutsam ließ Reed den Strahl seiner kleinen Taschenlampe von der Zeitung zu einem Teller mit einem nahezu verbrannten, angebissenen Stück Toast wandern. Am Rand des Tellers war Gelee eingetrocknet, und eine Tasse Kaffee, halb leer getrunken, wies Lippenstiftspuren am Rand auf. Ein Frühstück. Von vor zwei Tagen.
    Er ging weiter ins Schlafzimmer. Das Bettzeug war zerwühlt, hing teilweise hinab, ein Kissen lag auf dem Boden, doch Reed wusste aus Erfahrung, dass es nicht als Hinweis auf einen Kampf zu werten war. Bobbi ließ ihr Bett immer so schlampig zurück. »So finde ich es irgendwie sexy, du nicht?«, hatte sie ihn einmal gefragt, sich auf die Zehenspitzen gestellt und seine Halsbeuge geküsst. »So sieht das Schlafzimmer immer aus, als hätte man gerade gevögelt und würde es gleich noch mal tun.«
    Sein militärisch ordentliches Bett und sein spartanisches Schlafzimmer mit einer einzigen Kommode, einem kleinen Fernseher, einem halbhohen Spiegel und einer Rudermaschine hatte sie nie zu Gesicht bekommen.
    Die Schranktür in Bobbis Schlafzimmer stand offen. Er ließ den Lichtstrahl in das Innere wandern. Aus einem Korb auf dem Boden quollen schmutzige Kleidungsstücke, darüber hingen Kleider sorgsam aufgereiht. Indem er einen Lappen zu Hilfe nahm, öffnete er die Schubladen der Kommode und fand Wäsche, Duftsäckchen, T-Shirts und Shorts. Nichts Auffälliges. Ihr Nachtschränkchen enthielt einen Vibrator, verschiedene Cremetöpfe, Kleenex, ein Bild von ihr im Brautkleid hinter gesprungenem Glas und eine abgegriffene Bibel. Nichts Besonderes. Nichts Verdächtiges. Das Bad war genauso wenig aufgeräumt und roch nach einem Parfüm, an das er sich sehr wohl erinnerte. Make-up-Tuben, Haarpflegeprodukte, Aspirin und mehrere Flaschen Körperlotion standen auf einem kleinen Tischchen. Eine Bürste, in der sich schwarze Haare verfangen hatten, lag vor einem beleuchtbaren Vergrößerungsspiegel. Im Erste-Hilfe-Kasten befanden sich die üblichen Tinkturen, Salben, Hygieneartikel, außerdem Nagellack und Tabletten: Vicodin, Percoset und eine Monatspackung der Pille. Die sie offenbar schon seit geraumer Zeit nicht mehr genommen hatte. Die Badewanne auf Löwenklauen mit der erst kürzlich installierten Duschvorrichtung hätte dringend mal gescheuert werden müssen. Aber nichts davon war auffällig.
    Im zweiten Schlafzimmer, das als Atelier und Abstellkammer diente, herrschte Chaos, was für Barbara Jean Marx jedoch nicht ungewöhnlich war. Dieses Häuschen war eine »vorübergehende Einrichtung«, wie sie Reed am letzten Morgen ihres Zusammenseins erklärt hatte. Sie hatten im Bett gelegen, in zerwühlten Laken, und der Duft nach Sex hatte noch in der Luft gehangen. »Nur ein Zwischenstopp auf dem Weg zu etwas Größerem, wenn die Scheidung endlich rechtskräftig ist.«
    »Ich dachte, das wäre sie längst«, sagte er. »Wir haben uns an einer … nennen wir es … technischen Frage festgebissen. Ich will mehr Geld. Er will es nicht rausrücken.«
    »Du hast gesagt, es wäre vorbei.«
    »Es ist ja auch vorbei.«
    »Ich meine offiziell.« Er war sauer. Richtig sauer, so sehr, dass er das Bettzeug von sich geworfen hatte. Während sie sich noch an Erklärungen versuchte, zog er sich an und ging. Er erinnerte sich, wie er mitten in einem für September typischen Wolkenbruch nach draußen trat. Der Regen fiel in schweren Tropfen, dampfend und warm. Jetzt durchschritt er die Zimmer noch ein letztes Mal und prägte sich die Szenerie ein. Natürlich würde er noch einmal hierher kommen, mit McFee und Morrisette – falls es ihm gestattet wurde. Doch er hatte einfach ungestört prüfen müssen, wie Bobbis letzter Tag verlaufen war. Als er in die Küche trat, entdeckte er den Anrufbeantworter. Die Leuchtanzeige blinkte. Es war ein Gerät mit einer Minikassette, und er wusste, wie es funktionierte. Ein einfaches Gerät mit der großartigen Funktion, die bereits abgehörten Nachrichten als ›neu‹ zu markieren. Also konnte er die Anrufe abhören, ohne dass jemand etwas merkte. Mit einem Lappen drückte er die entsprechende Taste. Während das Band zurückgespult wurde, zischte und quietschte das Gerät. Dann ging es los. Zweimal wurde einfach aufgelegt, dann tönte eine laute

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