Ewig sollst du schlafen
ein Grinsen auf seine Züge. Es gab noch viel zu erledigen, diejenigen, die bezahlen mussten, waren zahlreich. Doch zunächst wollte er sich um die Botschaften kümmern, er musste sie sorgfältig formulieren, musste die Polizei auf eine verkehrte Spur lenken, um dann plötzlich scharf vom bisherigen Kurs abzuweichen. Lächelnd holte er ein Album hervor und betrachtete die Bilder der nächsten Opfer. Ihr Grauen sollte unvorstellbar sein. Und sie würden in diesem Augenblick wissen, dass sie sich ihm gegenüber falsch verhalten hatten. Sie würden begreifen, warum sie in ihre ganz eigene Hölle gestoßen wurden. Dafür würde er sorgen.
8. Kapitel
K annst du mir einen guten Anwalt empfehlen?« Mit diesen Worten betrat Morrisette am nächsten Morgen Reeds Büro.
»Hast du vor, jemanden zu verklagen?«
»Bart. Mir reicht’s, und dieser dämliche Rechtsverdreher, der mich bisher vertreten hat, rührt keinen Finger. Wenn Bart vor Gericht gehen will, bitte schön, das kann er haben, aber dann wird mit harten Bandagen gekämpft, das schwör ich dir.« Sie warf sich in einen Besucherstuhl, schlug die Beine übereinander und machte ein finsteres Gesicht. Ein gestiefelter Fuß wippte nervös. »Er ist der Vater der Kinder, verdammt noch mal! Und er glaubt allen Ernstes, dass er ungeschoren davonkommt und mir keinen Unterhalt zahlen muss.«
Bevor Reed antworten konnte, fuhr sie fort: »Und dann erdreistet
er
sich auch noch,
mich
vor Gericht zu zerren? Was zum Teufel habe ich bloß verbrochen, dass ich mit so einem Typen gestraft bin? Ein asozialer nichtsnutziger Mistkerl, was anderes ist er nicht. Wie viele Männer gibt es auf der Welt? Na, drei, vielleicht vier Milliarden, und von all diesen potenziellen Partnern habe ich mir ausgerechnet diesen Kerl ausgesucht und auch noch Kinder mit ihm gekriegt. Ich muss krank im Kopf gewesen sein.« Sie fuhr mit einer Hand durch ihr borstiges Haar und stieß langsam den Atem aus, als wollte sie auf diese Art ihre Wut ablassen. Im nächsten Moment fügte sie schon bedeutend ruhiger hinzu: »Okay, so viel zu meinem so genannten Privatleben. Was gibt es Neues, abgesehen davon, dass du vom Grabräuber-Fall suspendiert bist?«
»Grabräuber? Du hast wohl den
Sentinel
gelesen.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Die ganze Stadt, wenn nicht sogar das ganze Land, hatte an diesem Morgen wahrscheinlich den Artikel auf der ersten Seite gelesen. Reed zog seine Schreibtischschublade auf, griff nach seinen Magentabletten und schluckte ein paar. »Nikki Gillette in Höchstform.« Morrisette furchte die Stirn. »Gott, wie ich diese Pressefuzzis hasse.« Reed äußerte sich nicht dazu. Seine Einstellung zum vierten Stand war allgemein bekannt. Nikki Gillette war natürlich ein Fall für sich. Wäre sie nicht Reporterin, hätte er sie womöglich attraktiv gefunden. Körperbau einer Athletin, mit festem Hintern, kleinen Brüsten und schlanken Beinen. Und sie war eigensinnig und zielstrebig. Ganz nebenbei war ihm außerdem aufgefallen, dass sie blass-grüne Augen hatte und Augenbrauen, die sie blitzschnell zynisch hochziehen konnte.
»Woher kriegt sie bloß ihre Informationen?«
»Dein Name wird erwähnt.«
Er schnaubte. »Irgendwo in der Behörde ist eine durchlässige Stelle.«
»Soll das ein Witz sein? Dieses Büro ist geradezu ein Sieb! Wo steckt eigentlich McFee?«
»Weiß nicht. Ich arbeite nicht mehr an diesem Fall.« Morrisette lächelte zum ersten Mal an diesem Morgen. »Willst du mich verarschen?
Offiziell
bist du raus aus dem Fall, aber das wird dich doch nicht aufhalten.«
»Doch, doch«, gab er mit stoischer Miene zurück. »Ich halte mich strikt an die Regeln.«
»Verschone mich.« Sie drehte sich in ihrem Stuhl um und versetzte der offenen Tür einen Fußtritt. Nachdem sie ins Schloss gefallen war, blickte Morrisette Reed ernst an. »Barbara Marx war also schwanger. War das Kind von dir?« Sein Herz zog sich zusammen. Er wandte den Blick ab. »Weiß nicht.«
»Könnte aber sein.«
»Ja.« Ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Heiliger Strohsack, Reed, was hast du dir dabei gedacht? In der heutigen Zeit! Hast du kein Kondom benutzt?« Er antwortete nicht, schaute nur aus dem Fenster, durch dessen schmutzige Scheiben das Morgenlicht drang. Tauben gurrten auf dem Fensterbrett.
»Männer!« Sie seufzte vernehmbar und zupfte mit den Fingern ihr Haar zurecht. »Verdammt, ich brauche eine Zigarette.«
Ich auch.
»Okay, okay, auf eine Gardinenpredigt kannst du wohl
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