Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
Vom Netzwerk:
den Sargdeckel schloss und aus der Grube stieg, schwitzte er trotz der Kälte. Er fing an, das Loch mit Erde zu füllen; Lehm und Steine fielen auf den Sargdeckel. Schaufel für Schaufel. Nach seiner Berechnung hätte er sie inzwischen hören müssen. Er hatte vermutet, dass sie jetzt anfangen würde zu schreien, doch während er das Grab zuschaufelte, vernahm er keinen Laut. Kein Geräusch drang durch die immer dicker werdende Erdschicht, das Mikrofon im Sarg gab nichts an den Stöpsel in seinem Ohr weiter. »Mach schon, wach auf, du alte Hexe«, knurrte er und arbeitete zügig weiter, füllte die verdammte Grube so schnell und so lautlos wie möglich. Der Friedhof war menschenleer, nachts wurde er immer abgeschlossen, doch trotzdem bestand immer die Gefahr, dass jemand vorbeikam, ein Wärter oder Jugendliche, die es aufregend fanden, nachts auf einen Friedhof einzubrechen.
    Noch immer drang kein Ton aus dem verdammten Sarg. Das war nicht nach Plan. Sie musste unbedingt zu sich kommen. Um zu begreifen, was mit ihr passierte. Um zu begreifen, dass sie nun bezahlen musste. Nachdem er die Grube schließlich aufgefüllt hatte, war er schweißnass am ganzen Körper. Er überlegte, ob er Laub und Reisig über die frische Erde streuen sollte, zur Tarnung sozusagen, aber dazu bestand eigentlich gar kein Grund. Reed würde morgen so oder so hier aufkreuzen. Hastig, noch immer die Schaufel und den inzwischen leeren Sack in der Hand, sprang er über den Zaun und in das Gebüsch nahe einer Zufahrt am Ende des Friedhofs. Sein Wagen stand da, wo er ihn abgestellt hatte, tief im Schatten eines immergrünen Baumes. So weit, so gut, dachte er, zurrte die Plane auf und warf die Schaufel auf die Ladefläche des Pick-ups.
    Hinter ihm blitzten Scheinwerfer auf, zwei Lichtsäulen durchschnitten die Dunkelheit. Näherten sich ihm. Seinem Pick-up.
    »Scheiße.«
    Er stieg in den Wagen, ließ den Motor an und legte den Gang ein. Er wendete rasch und raste an dem entgegenkommenden Fahrzeug, einem zerbeulten alten Kombi, vorbei. Mit abgewandtem Gesicht trat er das Gaspedal durch und schoss an den Störenfrieden vorüber. Wer zum Teufel benutzte so spät in der Nacht diese Straße? Teenager, die heimlich trinken, Gras rauchen oder vögeln wollten, wahrscheinlich.
Verdammter Mist!
Aber es war wenigstens kein Polizeiauto. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, schaute in den Rück- und Seitenspiegel und stellte zufrieden fest, dass der Kombi nicht gewendet hatte und ihn verfolgte. Er bog von der Zufahrtsstraße ab und bemühte sich, Ruhe zu bewahren. Schweiß strömte ihm übers Gesicht, er war am ganzen Körper triefend nass. Er durfte diese Sache nicht vermasseln. Es war für ihn, den Überlebenden, die einzige Chance zur Vergeltung … Abermals blickte er in den Rückspiegel, und als er sah, wie ein Streifenwagen hinter ihm in die Straße einscherte, krampfte sich sein Magen zusammen. Vielleicht hatten die Insassen des zerbeulten alten Kombis die Polizei gerufen. Aber warum?
    Womöglich hatte sich jemand auf dem Friedhof aufgehalten und ihn beobachtet. Oder … Auf dem Streifenwagen begann das Blaulicht zu blinken.
    Verdammte Scheiße!
    Er hörte ein leises, tiefes Stöhnen, dann einen erbärmlichen Ruf. »Hilfe … O Gott, wo bin ich?« Und dann zerriss ihm ein Entsetzensschrei fast das Trommelfell. Die alte Dame war endlich aufgewacht. Sie schluchzte, krallte die Finger offenbar in die Sargauskleidung, schrie, und er konnte es nicht genießen. Nicht jetzt. Die Bullen holten auf.
    Einem Streifenwagen konnte er nicht entwischen. Doch wenn er anhielt und der Bulle sein Werkzeug hinten auf der Ladefläche fand, dann hatte er ihn. Bevor er seine Mission erfüllt hatte. Ausgeschlossen. Er war zu nahe am Ziel, und er hatte zu lange darauf gewartet.
    Die Sirene des Streifenwagens schrillte durch die Nacht. Das Licht blendete ihn im Rückspiegel.
    Sein Atem ging flach, sein Puls raste, sein Mund war staubtrocken.
    »Hilfe! O Gott!« Er riss sich den Stöpsel aus dem Ohr. Stopfte ihn in die Tasche. Der Streifenwagen hatte ihn fast eingeholt. Er durfte das Risiko nicht eingehen, dass der Polizist, falls er ihn heranwinkte, die Schreie aus dem Ohrstöpsel vernahm. Der Überlebende umklammerte fest das Steuer. Nun drängte ihn der Polizeiwagen an den Straßenrand. Er besaß eine Waffe, falls der Bulle ihn kontrollierte, konnte er das Schwein also einfach wegpusten. Kein Problem. Und dann den Pick-up in den Graben setzen. Er war nicht auf seinen

Weitere Kostenlose Bücher