Ewig sollst du schlafen
Du schreibst es, weil du auf Biegen und Brechen deine Story willst.« Ein Muskel zuckte in seiner Wange. Die Kellnerin huschte auf dem Weg zur Küche an ihrem Tisch vorbei. Als Cliff weitersprach, war seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Du benutzt mich, Nikki.«
»Wir benutzen uns gegenseitig.« Sie rührte Milch in ihren Kaffee.
Er zog eine Braue hoch. »Nicht auf die Art, die mir gefallen würde.«
Sie hielt einen Augenblick lang inne und legte den Löffel auf den Tisch. »Ich weiß. Aber das Thema haben wir doch längst durch. Es wäre chaotisch. Ein einziges emotionales Durcheinander.«
Er presste die Lippen aufeinander. »Das ist es längst.«
»Nur weil du es zulässt.« Er nahm einen tiefen Zug aus seinem Glas und betrachtete Nikki über den Rand hinweg. Hinter den grauen Brillengläsern wirkten seine Augen kälter als je zuvor. »Was habe ich von der Sache?«
Jetzt geht das wieder los.
»Du kannst dein Gewissen erleichtern.«
»Mein Gewissen ist rein.«
»Dann kannst du eben, wie du selbst sagtest, Dampf ablassen.«
»Vielleicht reicht das aber nicht.«
»Also, was willst du?«
Er kniff kurz die Augen zusammen, dann sammelte er sich, doch das, was ihm offenbar auf der Zunge lag, kam nicht über seine Lippen. Manchmal war er wirklich undurchschaubar, er hatte die Gabe, urplötzlich eine Mauer zwischen ihnen zu errichten. Aus der Küche ertönte das Klappern von Geschirr. Nikki trank einen Schluck Kaffee. »Wie ist denn der Stand der Dinge?«
Er zögerte, aber nur eine Sekunde lang. »Reed ist von dem Fall suspendiert.«
»Was?« Er musste sich verhört haben. »Aber ich habe ihn heute Morgen noch auf dem Friedhof gesehen.« Cliff zuckte mit einer Schulter. »Okano hat ihn rausgeschmissen. Er kannte eins der Opfer.«
»Himmel! Wen?«
»Bobbi Jean Marx.«
Sie rief sich das Bild der Frau ins Gedächtnis. »Wie gut hat er sie gekannt?«
»Reim es dir selbst zusammen«, sagte er und leerte sein Glas. Reed und Bobbi Jean? Ein Liebespaar? Und Bobbi Jean war schwanger gewesen … Es hielt Nikki kaum noch auf ihrem platz. Das waren Neuigkeiten! Kein Wunder, dass Reed auf ihre Anrufe nicht reagierte und am Morgen auf dem Friedhof so geistesabwesend, ja, gequält ausgesehen hatte. Die Kellnerin, deren Namensschildchen sie als Toni auswies, servierte Cliffs Essen. Die Pommes frites glänzten fettig, das Hühnerbrustfilet erstickte in Sahnesoße, die über das Gemüse floss. Die Erbsen und Möhren sahen verdächtig nach Konservengemüse aus. »Darf es sonst noch etwas sein?«, erkundigte sich Toni.
»Nein, vielen Dank.« Über den Teller hinweg schaute Cliff Nikki an. »Und du möchtest wirklich nichts?«
»Nein, danke. Ich habe alles, was ich brauche«, sagte Nikki gelassen, obwohl in ihrem Inneren Aufruhr herrschte. Bobbi Jean und Reed! Was für eine Story! Genau der besondere Pfiff, nach dem sie gesucht hatte. Doch bei dem Gedanken, dass sie Reeds Privatleben an die Öffentlichkeit zerren würde, bekam sie Gewissensbisse. Und etwas in ihr wehrte sich gegen die Vorstellung, dass Reed ein Verhältnis mit dem Opfer, dass er überhaupt eine Affäre mit einer Frau gehabt hatte … Noch dazu mit einer verheirateten Frau. Das war ihrer Meinung nach nicht sein Stil. Oder wünschte vielmehr ihre romantische Seite, die sie stets vergeblich zu unterdrücken suchte, dass es nicht sein Stil sei? Als die Kellnerin fort war, beugte sich Nikki über den Tisch. Sie sprach mit leiser, ruhiger Stimme, trotz des Adrenalins, das durch ihre Adern schoss. »Du meinst, Reed hatte eine Liebesbeziehung mit Bobbi Jean?« Sie malte sich aus, wie sich Barbara Jean Marx und Pierce in inniger Umarmung im Bett wälzten – und verspürte deutlich Eifersucht. Das war wirklich lächerlich. Obwohl sie aus beruflichen Gründen schon seit Jahren versuchte, an den unzugänglichen Polizisten heranzukommen, kannte sie Reed ja kaum. »Gib’s zu, das macht dir in diesem Fall Sorgen, nicht wahr?« Cliff goss Ketchup über seine Pommes frites. »In diesem Fall gibt es eine ganze Menge, was uns Sorgen macht.« Nikki beugte sich noch weiter vor und flüsterte: »War sie schwanger?« Sein Kopf ruckte hoch, die Augen hinter den Brillengläsern verengten sich zu Schlitzen. »Du weißt davon?«
»Ich habe mit einer Freundin von ihr gesprochen, die es nicht ausschließen wollte.«
Cliff antwortete nicht. Es schien, als meldete sich plötzlich sein Gewissen mit aller Macht. »Das Kind könnte von Reed sein.«
»Es könnte von Gott
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