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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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Pawel klemmte sich hinters Steuer. Schweratmend setzte sich der Pole zum röchelnden Superior und hielt seinen Kopf aufrecht. Kaum war der Österreicher auf den Beifahrersitz gesprungen, hatte der Tscheche auch schon den Motor gestartet und die Kupplung greifen lassen.
    »Gott steh uns bei«, seufzte der Pole von hinten.
    »Fürs Erste soll der liebe Skoda hier mit uns sein«, brummte Pawel und trat das Gaspedal durch. Der schwere Motor heulte auf und die Limousine schoss pfeilschnell nach vorne. Von dumpfem Poltern und heftigem Rucken begleitet durchbrach der Wagen einen Polizeikordon, Uniformierte wurden wie Stofffetzen an den Seitenfenstern vorbeigewirbelt. Mit heftigem Krach landete einer der Polizisten auf der Windschutzscheibe, die von dem Aufprall einen gewaltigen Sprung erhielt, dann wurde er auch schon weggeschleudert.
    »Na, immerhin gehalten hat sie«, knurrte Pawel und gab erneut Gas.
    »Das war er also«, seufzte der Österreicher, »unser letzter gemeinsamer Einsatz.«
    »So Gott will«, meinte der Pole.
    Der Superior öffnete die Augen, sah den Polen mit starren Augen an und hauchte schließlich mit versagender Stimme: »Gepriesen sei der, der da lebt und herrscht in Ewigke …« Noch bevor er seinen Satz vollenden konnte, starb er. Der Pole bekreuzigte sich stumm.
    »Amen!«, sagte der Mann auf dem Beifahrersitz. Die beiden anderen schwiegen. Pawel trat das Gaspedal durch und mit heulendem Motor driftete der schwarze Skoda um eine enge Kurve und verschwand in der Dunkelheit der St. Petersburger Nacht.
    Zar Nikolaus II. saß an seinem Schreibtisch und war guter Dinge. Die Strahlen der Morgensonne hatten seine gute Laune geweckt, was in Zeiten wie diesen selten geworden war. Plötzlich klopfte es und sein Sekretär betrat das Arbeitszimmer.
    »Majestät, ein Mann von der Ochrannoje Otdelenie bittet um eine dringliche Audienz«, rief er und blickte erwartungsvoll auf seinen Zaren.
    »Von der Sicherheitsabteilung? Soll reinkommen!«, antwortete der Monarch und fühlte seine gute Laune schwinden.
    »Was will die Ochranka so früh am Morgen von mir?«, rief er dem Eintretenden entgegen, ohne auf die Höflichkeiten seiner Begrüßung zu warten. Er ahnte Schlimmes.
    »Majestät, Rasputin ist tot. Unsere Leute haben seinen Leichnam heute aus der Newa geborgen«, stieß der Mann hervor und verbeugte sich rasch danach.
    »Wie?«, entfuhr es dem Zaren erschrocken. Mit großem Unbehagen erinnerte er sich an den »Abschiedsbrief«, den er vor Kurzem erst von Rasputin erhalten hatte und der düstere Prophezeiungen über die Zukunft seiner Familie und für ganz Russland enthalten hatte.
    »Ermordet, mein Zar«, murmelte der Geheimpolizist.
    »Von wem?«, hakte Nikolaus nach und dachte dabei: Bitte, Gott, lass es für mich und meine Kinder einfache Attentäter gewesen sein.
    »Das wissen wir nicht. Aber die Täter haben das hier im Mund des Opfers zurückgelassen«, stammelte der Gefragte zögerlich und streckte dem Zaren die geöffnete Hand entgegen.
    »Ein roter Stern? Bolschewiki?«, wunderte sich Nikolaus.
    »Wohl kaum, Majestät. Denn der Stern hat sechs und nicht fünf Zacken«, erklärte der Beamte.
    »Finden Sie die Mörder!«, befahl der Zar streng. »Was gibt es sonst noch?«
    »Nun, weil Sie diese Leute erwähnt haben, Majestät. Der Dissident Lenin ist mit einem versiegelten Zug der deutschen obersten Heeresleitung in Petersburg eingetroffen und beginnt Anhänger um sich zu scharen«, berichtete der Spitzel wahrheitsgetreu. Der Zar schaute unbeweglich aus dem Fenster seines Arbeitszimmers.
    »Danke. Sie können gehen«, befahl er dann. In düsteren Gedanken gefangen verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und fragte sich: »Vielleicht ist es mit diesem Krieg wirklich gekommen, das Ende der Zaren, Kaiser und Imperien?«
Innere Stadt, Wien/Österreich
    D ie Männer hatten sich umgezogen. Drei von ihnen trugen jetzt die roten Jacken der Rettungsärzte und Ambulanz-Fahrer und sie waren in Eile. Die typischen Erste-Hilfe-Koffer aus Metall in der Hand, stürmten sie die Treppen des Allgemeinen Krankenhauses in Wien hinauf, gefolgt von einem einzelnen Mann in einem grauen Anzug. Das größte Spital der Stadt kam nie zur Ruhe, ständig brachten Rettungsfahrzeuge aus ganz Wien Kranke und Verletzte in die Stationen der beiden Bettentürme, die weithin sichtbar das Stadtbild beherrschten.
    Die Männer, die nun zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppen hinaufeilten, fielen niemandem auf, sie fügten sich nahtlos

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